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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich demonstrativ hinter RKI-Chef Lothar Wieler gestellt.

© Imago/Chris Emil Janßen

„Würden die Welle deutlich verlängern“: Lauterbach spricht sich gegen schnelle Lockerungen aus

Die Corona-Situation sei nicht unter Kontrolle, sagt der Gesundheitsminister. Zugleich verteidigt er RKI-Chef Wieler und äußert Unverständnis für Söder.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht Deutschland in der Corona-Pandemie weiterhin in einer „relativ schwierigen Situation“. Es gebe weiterhin steigende Fallzahlen und eine Hospitalisierungsrate, „mit der wir nicht zufrieden sein können“, sagte Lauterbach auf der Pressekonferenz mit Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts (RKI). „Die Situation ist nicht unter Kontrolle.“ 

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Im Großen und Ganzen beschreibe das Prognosemodell, dass das RKI vor wenigen Wochen publiziert hatte, das, was jetzt passiere. Der Höhepunkt werde, wie von Lauterbach bereits angekündigt, wahrscheinlich Mitte Februar erreicht. „Das kann sich durch BA.2 nochmal ändern“, sagt der Gesundheitsminister allerdings auch mit Blick auf die Coronavirus-Variante.

Lauterbach wundert sich vor diesem Hintergrund über die Öffnungspläne, die derzeit diskutiert werden, allen voran von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Wir können breiten Lockerungen nicht vertreten. Wir sind noch vor dem Höhepunkt. Würden wir lockern, würde sich die Welle deutlich verlängern.“

Was mögliche Lockerungen angeht, die in der Bund-Länder-Runde am 16. Februar beschlossen werden könnten, wolle er sich nicht an der öffentlichen Debatte beteiligen. Die Gespräche hinter den Kulissen laufen nächste Woche an. Mögliche Lockerungen würden von den Zahlen aus den Krankenhäusern abhängen, sagt Lauterbach. Bis zur Bund-Länder-Runde solle es dazu genauere Daten geben.

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„Wir erleben gerade einen Rebound, die Zahlen in den Krankenhäusern gehen gerade wieder hoch“, sagte RKI-Chef Wieler. Das habe vor allem mit den stark steigenden Infektionszahlen zu tun.

Wieler machte deutlich, wie sehr die Omikron-Welle Deutschland zuletzt getroffen hat. „In den vergangenen sieben Tagen sind 1,2 Millionen Corona-Fälle ans Robert Koch-Institut übermittelt worden. Das sind zehn Prozent aller Fälle, die bislang in dieser Pandemie in Deutschland registriert wurden“, so Wieler.

Die Krankheitsschwere habe aber, trotz des neuerlichen Anstiegs der Hospitalisierungen, abgenommen. „Fünf von zehn Menschen über 80 Jahren wurden in der Delta-Welle hospitalisiert, mit Omikron sind es nur noch drei von zehn.“ Ungeimpfte hätten ein deutlich höheres Risiko als Geimpfte.

Anspruch auf PCR-Test nach positivem Schnelltest soll doch bleiben

Insgesamt blickt Wieler hoffnungsvoll in die nahende Zukunft: „In wenigen Wochen haben wir die Omikron-Welle überstanden. Bleiben wir ruhig und achtsam und aufmerksam. Dann können wir uns entspannt auf Ostern freuen.“

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Beim Brechen der Welle dürfte auch helfen, dass es entgegen bisheriger Planungen nun doch dabei bleiben soll, dass Bürger nach einem positiven Corona-Schnelltest auch einen Anspruch auf PCR-Nachtestung haben. Lauterbach von einer „Veränderung der Position“. Seinen Angaben zufolge würde die vorhandene Kapazität bei PCR-Tests auch ausreichen, wenn eine tägliche Zahl von bis zu 450.000 Corona-Neuinfektionen erreicht würde.

In einem Entwurf für eine Änderung der Corona-Testverordnung, der vor wenigen Tagen bekannt wurde, war noch geplant, den Anspruch auch Nachtestung nach positivem Selbst- oder Schnelltest an einer Teststation zunächst auszusetzen. Hintergrund für die Änderung waren Meldungen über knapper werdende PCR-Test-Kapazitäten.

Es bleibt aber nach Lauterbachs Angaben dabei, dass Labore künftig vorrangig Proben von Risikogruppen, Beschäftigten in Kliniken, Praxen, in der Pflege und in Einrichtungen und Diensten der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung untersuchen sollen. Andere Proben rücken damit nach hinten, so dass es mit den Ergebnissen möglicherweise länger dauern könnte. Die Änderung der Testverordnung ist dem Gesundheitsminister noch in dieser Woche geplant.

Thema war auch die Debatte um die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Dass die Union davon Abstand nehmen will, kritisiert Lauterbach. „Das halte ich für sehr problematisch“, sagte er. Die Impfpflicht sei keine Schikane der Pflegekräfte. „Es geht um den Schutz der vulnerablen Gruppen.“ Er sehe die Botschaft, die durch die Union gesendet wird, kritisch: „Dass hieße ja, dass Gesetze, die wir beschließen, von den Ministerpräsidenten nicht umgesetzt werden müssen.“

Unmut über bayerischen Impfpflicht-Vorstoß

Lauterbach zufolge gibt es kein Durchsetzungsinstrument, sollte sich ein Bundesland entscheiden, die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht umzusetzen. „Der Vollzug ist Länderaufgabe.“ Er habe bislang nichts Offizielles aus Bayern beispielsweise erhalten, so Lauterbach. Er stellte aber klar: Entweder es gebe die einrichtungsbezogene Impfpflicht auch in Bayern oder gar nicht. 

Den Gedanken, der dem bayrischen Vorstoß zugrunde liegt, versteht Lauterbach nicht: Und zwar die Hoffnung, dass das Problem nach der Omikron-Welle überwunden ist. „Das ist nicht so“, sagt Lauterbach. Er habe mit Söder noch nicht gesprochen, schließe das aber nicht aus. „Ich bin von der Botschaft überrascht worden.“

Und nicht nur für Söder äußerte Lauterbach Unverständnis: Auch für den Koalitionspartner FDP, der Wieler zuletzt stark unter Druck setzte. Der Gesundheitsminister stärkte dem RKI-Chef deshalb nun den Rücken. „Herr Wieler hat mein volles Vertrauen, er sitzt ja auch wieder hier“, sagte Lauterbach.

Die Angriffe der FDP lasse er unkommentiert. Wieler ging auf Nachfrage nicht konkret auf die Vorwürfe ein. Hintergrund ist die Kritik der FDP an der plötzlichen Verkürzung der Gültigkeit des Genesenenstatus durch das RKI. (mit dpa)

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