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Manche Fähigkeiten oder Geräte der Franzosen könnten der Bundeswehr nun fehlen, etwa Kampfhubschrauber.

© Michael Kappeler/dpa

Wie weiter mit der Bundeswehr in Mali?: „Europa bildet nicht Soldaten zum Putschen aus“

Frankreich beendet seine Anti-Terror-Missionen in Mali. Was bedeutet das für die Bundeswehr-Einsätze dort? Die Ampelparteien debattieren schon - mit unterschiedlichen Akzenten. 

Von Hans Monath

Nach der Ankündigung Frankreichs und anderer Länder, ihre Truppen aus dem westafrikanischen Mali abzuziehen, debattiert die Ampelkoalition nun die Zukunft der beiden Bundeswehreinsätze in dem Land. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte massive Zweifel an einer Verlängerung der Einsätze geäußert.

In den Fraktionen von SPD, Grünen und FDP scheint die Stimmung weniger pessimistisch. Dabei zeichnet sich ab, dass die UN-Stabilisierungsmission Minusma fortgesetzt werden soll. Gravierende Veränderungen soll es offenbar bei der europäischen Ausbildungsmission EUTM geben. Darauf dringen die Grünen. Beide Mandate laufen Ende Mai aus.

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Die beiden Auslandseinsätze in Mali gelten als die derzeit gefährlichsten der Bundeswehr. Seit dem Desaster beim Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan muss die Bundesregierung immer dringender die Frage beantworten, warum der Einsatz mehr Erfolg haben sollte als der am Hindukusch.

Nach zwei Mililtärputschen ist zudem die legitime Regierung in der Hauptstadt Bamako abgelöst worden. Die westafrikanische Wirtschaftsunion (Ecowas) und die Afrikanische Union (AU) haben Sanktionen verhängt und drängen auf freie Wahlen, welche die neuen Machthaber aber erst in fünf Jahren abhalten wollen. Zudem arbeiten sie mit der russischen Söldnertruppe Wagner zusammen und übertragen ihr regionale Sicherheitsaufgaben.

SPD und Liberale reagieren betont gelassen

Sowohl der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid wie auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff demonstrierten Gelassenheit angesichts der neuen Entwicklung. „Die Beendigung der Anti-Terror-Operation Barkhane und der Task Force Takuba kommt nicht überraschend“, sagte Schmid dem Tagesspiegel. Deutschland sei nie Teil dieser beiden Missionen gewesen. Lambsdorff mahnte, der erwartbare militärische Rückzug von Frankreich dürfe nicht „zu einem politischen Rückzug Europas aus der Region führen“.

Die Franzosen hatten in Mali gezielt Jagd auf Terroristen gemacht - zum Ärger der neuen Militärregierung.
Die Franzosen hatten in Mali gezielt Jagd auf Terroristen gemacht - zum Ärger der neuen Militärregierung.

© Philippe DESMAZES/AFP

Anders beschrieb Jürgen Trittin, außenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, die Lage: „Die Bedingungen für die internationale Missionen, auch ganz konkret für das deutsche Engagement, haben sich in Mali dramatisch verändert“, sagte er. Mit einem zweifachen Putsch und der Absage an demokratische Wahlen ist die Unterstützung der Militärregierung durch UN und EU infrage gestellt.

Mali habe nicht nur den französischen Botschafter des Landes verwiesen, mit den Putschen in Mali und Burkina Faso sei auch Frankreichs Koalition der G5-Sahel-Staaten obsolet. Es sei konsequent, wenn Paris jetzt seine Anti-Terroreinsätze Barkhane und Takuba beende.

Die Grünen waren in der Opposition gegen die EU-Ausbildungsmission

Trittin, dessen Partei die Außenministerin stellt, ging auf Distanz zur neuen Regierung in Bamako: Durch den Putsch und die Zusammenarbeit mit Russlands Söldnertruppe Wagner sei die EUTM-Mission massiv bedroht., warnte er. Die Grünen hatten EUTM im Bundestag in der Opposition anders als die UN-Mission stets abgelehnt.

Mit dem Ende von Takuba und Barkhane werde die UN-Stabilisierungsmission nicht einfacher, sagte der Grünen-Politiker. Diese sei wichtig zur Sicherung des Friedensabkommens und für den Schutz der Zivilbevölkerung. Vor der Verlängerung des Mandats müsse in den Vereinten Nationen intensiv geredet werden, wie die Region stabilisiert werden könne.

Auch SPD-Mann Schmid warb dafür, das Engagement der Bundeswehr im Rahmen der UN-Mission Minusma fortzuführen. Es gehe dabei vorrangig um die Aufrechterhaltung der malischen Gesamtstaatlichkeit, die Sicherung des Zugangs für humanitäre Hilfe, den Schutz der Zivilbevölkerung und die Umsetzung des Friedensabkommens von Algier. Dagegen müsse die Ausbildungsmission EUTM Mali, bei der Deutschland seit 2013 beteiligt ist, auf den „Prüfstand gestellt“ werden müssen.

Will sie nur Druck auf die malische Regierung ausüben oder sieht sie die deutschen Einsätze in dem Land wirklich am Ende? Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).
Will sie nur Druck auf die malische Regierung ausüben oder sieht sie die deutschen Einsätze in dem Land wirklich am Ende? Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).

© Johanna Geron/REUTERS

Es stelle sich die Frage, warum die EU Soldaten für eine Putsch-Regierung ausbildet, die sich nicht an den zugesagten Fahrplan zur Rückkehr zur Demokratie halte. Eine Fortsetzung der Ausbildungsteils unter dem Dach von EUTM in Niger sei „aber durchaus vorstellbar“. Unter dem Grenzübergreifenden Mandat sind in Niger 200, in Mali 100 Bundeswehr-Soldaten eingesetzt.

FDP-Fraktionsvize Lambsdorff forderte eine enge Abstimmung der internationale Gemeinschaft und eine gemeinsame Strategie für die Region. Deutschland müsse beide Mandate „so weiterentwickeln, dass sie auch weiterhin ihren Aufgaben gerecht werden können. Denn Sicherheit und Stabilität im Sahel bedeutet auch mehr Sicherheit für Europa".

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Die Union warnte vor einem Ende des deutschen und internationalen Engagements in Mali. Minusma bleibe "notwendiger denn je", erklärte Fraktionsvize Johann Wadephul (CDU). Und auch die Trainingsmission EUTM bleibe wichtig, um die Streitkräfte Nigers und eben auch Malis für ihren Kampf gegen den Terror auszubilden. "Das darf man nicht leichtfertig zur Disposition stellen", warnte der CDU-Politiker.

Wer Mali fallen lasse, müsse wissen, dass dies nur zwei Folgen haben kann: "Entweder überrennen die dschihadistischen Terrorgruppen das Land und von dort aus die ganze Region. Oder aber Russland und seine regulären und irregulären Truppen machen sich dort breit. Beides widerspricht den Sicherheitsinteressen Europas und Deutschlands und wäre brandgefährlich."

Allen vier Außenpolitikern dürfte bewusst sein, dass die Fortsetzung der Mandate erst geregelt werden kann, wenn im Rahmen der Europäischen Union eine neue Linie für Mali verabschiedet worden ist. Die Zeit drängt.

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