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Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler und Leiter Verwaltungsrat Nord Stream 2

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Schröder betont guten Draht zu Putin: „Ich mache jetzt nicht einen auf mea culpa“

Der Altkanzler will im Ukraine-Krieg vermitteln. Seinen Freund im Kreml nimmt der umstrittene SPD-Politiker in einem Interview allerdings in Schutz.

Altkanzler Gerhard Schröder hat sich erneut zur Vermittlung im Ukraine-Krieg bereiterklärt. „Ich habe immer deutsche Interessen vertreten. Ich tue, was ich kann. Wenigstens eine Seite vertraut mir“, sagte der frühere SPD-Chef und heutige Lobbyist für russische Energie-Unternehmen der „New York Times“. Man müsse nun so schnell wie möglich zu einer Friedenslösung kommen.

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Schröder distanzierte sich von dem Krieg, aber nicht von Putin. „Ich denke, dass dieser Krieg ein Fehler war, und das habe ich auch immer gesagt“, sagte der 78-Jährige. „Was wir jetzt tun müssen, ist, so schnell wie möglich Frieden zu schaffen.“

Ein Schuldbewusstsein wegen seiner engen Bindungen zu Russland hat er jedenfalls nicht. „Ich mache jetzt nicht einen auf mea culpa (meine Schuld)“, sagte er. „Das ist nicht mein Ding.“

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Die „New York Times“ sprach nach eigenen Angaben zwei Mal mit dem früheren Bundeskanzler in seiner Heimatstadt Hannover. Es ist das erste Mal seit Beginn des Ukraine-Kriegs, dass der seit vielen Jahren mit Putin befreundete Altkanzler sich in einem Interview äußert.

Altkanzler glaubt nicht an Butscha-Befehl durch Putin

Mit Blick auf die Gräueltaten in Butscha sagte Schröder: „Das muss untersucht werden.“ Er fügte aber hinzu, dass er nicht glaube, dass diese Befehle von Putin gekommen seien, sondern von einer niedrigeren Instanz.

Er verspottete zudem seine Kritiker trank – so berichtet es die „New York Times“ – dazu reichlich Weißwein. „In den letzten 30 Jahren haben sie alle mitgemacht“, sagte er. „Aber plötzlich wissen es alle besser.“

Schröder war im März nach Moskau gereist, um mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sprechen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war über die Reise nach eigenen Angaben nicht informiert. Schröder hatte Putin dem Bericht zufolge im Kreml getroffen und mit ihm - wie wenige Wochen zuvor Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron - an einem inzwischen berühmt gewordenen sechs Meter langen Tisch gesessen. Außerdem habe er in Moskau mit Putins Berater Wladimir Medinski und dem Oligarchen Roman Abramowitsch gesprochen.

Zu den Details des Gesprächs mit Putin äußerte sich Schröder in dem Interview nicht und verriet nur so viel: „Was ich Ihnen sagen kann ist, dass Putin daran interessiert ist, den Krieg zu beenden. Aber das ist nicht so leicht. Da gibt es ein paar Punkte, die geklärt werden müssen.“

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Die Initiative für die Moskau-Reise ging Schröders Angaben zufolge von ukrainischer Seite aus, den Kontakt habe das Schweizer Medienunternehmen Ringier hergestellt. Der ukrainische Parlamentarier Rustem Umerow habe ihn vor der Reise nach Moskau bei einem Treffen in Istanbul über die ukrainischen Positionen informiert. Nach dem Gespräch mit Putin habe es ein weiteres Treffen mit Umerow in der türkischen Metropole gegeben. Danach sei der Kontakt abgebrochen. Er sei aber bereit, mit beiden Seiten wieder zu sprechen, sagte Schröder der „New York Times“.

Rücktritt nur bei Gas-Stopp

Schröder warb dafür, die Beziehungen zu Russland trotz des Angriffskriegs gegen die Ukraine aufrechtzuerhalten. „Sie können ein Land wie Russland langfristig nicht isolieren, weder politisch noch wirtschaftlich“, sagte er. „Die deutsche Industrie braucht Rohstoffe, die Russland hat. Es geht nicht nur um Öl und Gas, es geht auch um seltene Erden. Und das sind Rohstoffe, die nicht so einfach ersetzt werden können.“

Beim staatlichen russischen Energieriesen Rosneft fungiert Schröder als Aufsichtsratschef und war zuletzt auch für die Pipeline-Gesellschaften Nord Stream und Nord Stream 2 tätig. Er steht in Deutschland massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht von seinen Posten trennt. Vier SPD-Verbände haben deswegen ein Parteiausschlussverfahren gegen Schröder beantragt.

Im Juni könnte sich das Thema Schröder für die Sozialdemokraten noch einmal zuspitzen. Dann findet nämlich die Hauptversammlung des Energieriesen Gazprom statt, bei der Schröder in den Aufsichtsrat gewählt werden soll.

Einen Rücktritt von seinen Posten für russische Energiekonzerne kann sich Schröder offensichtlich nur für einen Fall vorstellen: Wenn der russische Präsident Putin Deutschland und der Europäischen Union das Gas abdreht. In dem Interview sagte er allerdings, dass er nicht mit einem solchen Szenario rechne. Sollte es aber doch dazu kommen, „dann würde ich zurücktreten“, fügt er hinzu - ohne explizit zu sagen, von welchen Posten. (Tsp/dpa)

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