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Ukrainische Soldaten feuern aus einer von den USA gelieferten Haubitze M777.

© Efrem Lukatsky/AP/dpa

Tag 118 des russischen Angriffskrieges: Olaf Scholz hat ein gutes Argument mehr

Erste schwere Waffen aus Deutschland in der Ukraine, Peskow will dem Westen nicht mehr trauen, Hunger als Kriegsstrategie. Der Überblick am Abend.

Deutschland hat lange ein Geheimnis daraus gemacht, welche Waffen in die Ukraine gehen. Heute hat die Bundesregierung ihre Geheimhaltung aufgegeben und eine ausführliche Liste mit den erfolgten Lieferungen ins Internet gestellt (mehr dazu lesen Sie von meinem Kollegen Felix Hackenbruch hier). 

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Auf der Liste finden sich 38 Positionen. Vom Schlafsack bis zur Handgranate. Die Aufzählung enthält auch die für die Zukunft zugesagten Waffen, darunter schwere Geräte wie Haubitzen und Mehrfachraketenwerfer. Die Liste soll fortlaufend aktualisiert werden.

Anlass dafür hat es heute gleich gegeben. Wie der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow am Nachmittag bei Twitter bekannt gab, sind die ersten deutschen Panzerhaubitzen 2000 in der Ukraine angekommen. „Unsere Artillerieeinheiten werden damit Hitze aufs Schlachtfeld bringen“, schrieb er. Ukrainische Soldaten wurden dafür in den vergangenen Wochen in Deutschland ausgebildet. 

Resnikow dankte seiner deutschen Kollegin Christine Lambrecht in dem Tweet. Aber die Lieferung stärkt nicht nur ihre Position. Auch Bundeskanzler Scholz kann nun darauf verweisen, dass seine Worte der Unterstützung für die Ukraine mehr als nur Worte sind. Einige Kritik an seinem angeblich zu zögerlichen Ukrainekurs kann er nun glaubwürdiger kontern. 

Freilich: Insgesamt hat Deutschland der Ukraine nur sieben Haubitzen zugesagt, weil angeblich nicht mehr vorhanden sind. Aber dass mehr folgen werden müssen, ist klar, denn die Verluste an Material bei den Ukrainern sind hoch. Heute machte auf Twitter ein Drohnenvideo des russischen Verteidigungsministeriums die Runde: Es zeigt die Zerstörung von drei US-Haubitzen des Typs M777 an der Front.

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Der Kreml hat sich erstmals zur Gefangennahme von zwei US-Kämpfern in der Ukraine geäußert und ihre Bestrafung gefordert. Auf die Frage, ob ihnen die Todesstrafe drohe, antwortete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dem Fernsehsender NBC News: „Das kommt auf die Ermittlungen an.“ Mehr dazu hier.
  • Außerdem sagte Peskow in dem Gespräch, dass die Beziehungen zum Westen langfristig beschädigt seien. „Wir werden dem Westen nie wieder vertrauen“, fügte er hinzu. Mehr dazu lesen Sie hier. 
  • Die Chefredakteurin des russischen Propagandasenders RT, Margarita Simonyan, hat offen von einer kalkulierten Hungerkrise als strategisches Mittel ihres Landes gesprochen. Denn dadurch würden die westlichen Staaten bei ihrem Sanktionskurs einknicken, erklärte sie. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Litauen hat Beschwerden Moskaus über die Beschränkung des Bahntransits von und zu der zu Russland gehörenden Ostsee-Exklave Kaliningrad zurückgewiesen. „Es gibt keine Blockade von Kaliningrad“, sagte Regierungschefin Ingrida Simonyte. Mehr dazu in unserem Newsblog. 
  • Bei den Gefechten in der Ukraine ist ein Spanier getötet worden, der auf Seiten der ukrainischen Armee gekämpft hat. Laut spanischem Außenministerium wurde der Mann am Samstag getötet.
  • Die Ukraine und Moldau können beim EU-Gipfel auf Zustimmung für ihre Beitrittskandidaturen hoffen: Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte, „kein einziges Land“ habe Bedenken gegen den Vorschlag der EU-Kommission.
  • Der Chef der Verwaltung der Region Luhansk, Serhiy Haidai, meldet, dass sich in Swjewjerodonezk nur noch ukrainische Soldaten im Azot-Chemiewerk befinden und russische Truppen nun auch in dem Industriegebiet präsent sind. 

HINTERGRUND UND ANALYSE

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