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Thomas Weikert, Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF und Bewerber um das Amt des DOSB-Präsidenten.

© dpa

Political Animal: Sport braucht ein eigenes Ministerium

Wo die Krisen groß sind: Wer rettet den DOSB, auch vor sich selbst? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Für jede Krise ein eigenes Ministerium – wie wär’s? Klima, Corona, Digitalisierung, und dazu dann der Sport. Doch, der braucht eigentlich auch ein eigenes Ressort, nicht nur eine Heimat im Bundesinnenministerium.

Weil viele Millionen Sport treiben und der in seiner Gesamtheit direkt auf das Gemeinwesen einwirkt wie wenig sonst.

Gesellschaftspolitisch, jugend- und familienpolitisch, gesundheitspolitisch – wer wollte da nicht Minister:in sein? Und was könnte man daraus machen! Aber erst, wenn diese große Krise im Deutschen Olympischen Sportbund, kurz DOSB, beigelegt ist.

DOSB steckt in der größten Krise seit seiner Gründung

Also, der DOSB ist eine Dachorganisation, entstanden im Mai 2006 durch den Zusammenschluss des Deutschen Sportbundes und des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland. Er vertritt 28 Millionen Mitgliedschaften aus rund 88.000 Sportvereinen. Präsident ist Ex-Ski-Präsident Alfons Hörmann – noch. Und dieser DOSB steckt in der größten Krise seit seiner Gründung.

Es brauchte eine Findungskommission mit dem früheren Bundespräsidenten Christian Wulff als Moderator, um Kandidat:innen für das Präsidentenamt zu finden.

Übrig geblieben sind ganze zwei für eine Mammutaufgabe. Hier die Liste, nicht vollständig: Die Einheit der Sports wiederherstellen und den rapiden Ansehensverlust stoppen. Den Kinder-, Jugend- und Schulsport fördern. Wie auch die Talentsichtung in den Vereinen. Die Digitalisierung. Und den Schutz vor Gewalt im Sport. Dazu die Klimakrise bewältigen, was für manchen Sportverein eine Überlebensfrage ist. Dann Hilfe bei den Herausforderungen durch Ganztagsschulen, berufstätige Eltern in flexiblen und ständig verfügbaren Arbeitsprozessen, die sich auf den Sport in Familien auswirken.

Und die Millionen mitbedenken, die Sport treiben, die laufen, ins Fitnessstudio gehen, schwimmen, ohne im Verein zu sein. Von der starken Einbeziehung der Athleten und ihrer Erfahrung, die eigentlich bei allen Fragen selbstverständlich ist, nicht weiter zu reden.

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Der DOSB weiß selbst, dass er nicht angemessen auf die gesellschaftlichen Entwicklungen reagiert hat. Ein Neuanfang ist nötig. Drei Arbeitsgemeinschaften mühen sich ab, Lösungen für die Versäumnisse der Verbände aufzuzeigen.

Womit weniger die Landesverbände als die Spitzenverbände gemeint sind. Die Landesverbände sind schon länger unzufrieden; daher kommen auch die Empfehlungen, den DOSB auf Koordination zu beschränken.

Es droht Im- und Explosionsgefahr im deutschen Sport, warnt Jörg Ammon, Präsident des Bayerischen Sportverbandes und Sprecher der Landessportbünde. Dass in der Verbandszentrale im Haus des Sports in Frankfurt am Main eine „Kultur der Angst“ herrscht, hat die Ethikkommission des DOSB dann auch zur dringenden Forderung nach Neuwahlen gebracht, um die Gemeinsamkeit zu retten.

Am 4. Dezember nun ist Mitgliederversammlung in Weimar. Bisher gibt es nur diese beiden Kandidaten: Tischtennis-Funktionär Thomas Weikert und Fecht-Präsidentin Claudia Bokel. Weikert hat mehr Fürsprecher – bis vor Kurzem darunter auch Bokel. Beide sollen sagen, wo sie hinwollen und der Sport hinsoll. Wirklich wichtig, angesichts der Krise und der Tatsache, dass auch in der Politik alles neu wird, Minister:in und Sportausschuss im Bundestag. Da könnte am Ende aus alledem sogar noch eine Chance werden.

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