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Bundeskanzlerin Angela Merkel

© Tobias Schwarz/REUTERS

Lockerungen für Geimpfte und Genesene geplant: Das sind die Hürden beim Impfgipfel von Bund und Ländern

Bund und Länder beraten über den weiteren Verlauf der Impfkampagne – und über Ausnahmen von den Beschränkungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für diesen Montag mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder zum Impfgipfel verabredet. In der Videoschalte soll es neben dem weiteren Verlauf der Impfkampagne auch um Lockerungen der Corona-Beschränkungen für diejenigen gehen, die bereits geimpft oder von Covid-19 genesen sind. Ein entsprechendes Papier hat das Bundesjustizministerium vor dem Treffen erarbeitet.

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Was hat die Bundesregierung für den Gipfel vorgelegt – und wie reagieren die Länder?

In dem Eckpunktepapier schlägt die Bundesregierung vor, Geimpften und Genesenen dieselben Ausnahmen von den Corona-Regelungen zu ermöglichen, die bei Vorlage eines negativen Coronatests gelten. Das bedeutet umgekehrt, dass diesen beiden Gruppen nach jetzigem Stand auch nicht mehr Rechte eingeräumt werden als der Gesamtbevölkerung, weil jeder, der einen Test macht, die gleichen Möglichkeiten hätte.

„Es handelt sich nicht um die Einräumung von Sonderrechten oder Privilegien, sondern um die Aufhebung nicht mehr gerechtfertigter Grundrechtseingriffe“, heißt es in dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt. Auch bei den Einreiseregelungen sollen Geimpfte und Genesene den Getesteten gleichgestellt werden.

Ein größerer Konflikt zwischen Bund und Ländern in dieser Frage ist eher nicht zu erwarten. Zum einen ist das Papier anders als bei früheren MPKs keine Beschlussvorlage, der die Länder zustimmen müssten. Das geänderte Infektionsschutzgesetz gibt der Bundesregierung die Möglichkeit, über eine Verordnung Ausnahmen für diejenigen zu regeln, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus auszugehen sei.

Diese Verordnung, die das Papier vorbereitet, müssten Bundestag und Bundesrat billigen. Zum anderen wird in den Ländern eine solche Regelung befürwortet. Eine rechtliche Gleichstellung der Geimpften und Genesenen mit den Getesteten sei dringend erforderlich, heißt es aus einer Landesregierung. Hier müsse die Bundesregierung zügig handeln.

Welche Folgen hätten die Vorschläge in der Praxis?

Vollständig geimpft sind in Deutschland bisher nur sieben Prozent der gesamten Bevölkerung. Während der Nachweis bei dieser Gruppe noch relativ einfach ist, wird es bei den Genesenen etwas komplizierter.

„Als Genesene gelten diejenigen Personen, die ein mindestens 28 Tage zurückliegendes positives PCR-Testergebnis nachweisen können. Dies gilt bis zu sechs Monate nach der Feststellung der Genesung, weil solange von einem ausreichenden Immunschutz ausgegangen werden kann“, heißt es in dem Papier.

Dagegen reiche der Nachweis von Antikörpern nicht aus, um eine sichere Aussage über die Immunität zu treffen. Liegt die Covid-19-Erkrankung länger als ein halbes Jahr zurück, können die Betroffenen sich impfen lassen, gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission reicht eine Dosis. Dann würden sie so behandelt wie die anderen Geimpften.

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In dem Eckpunktepapier wird nun vorgeschlagen, in einem ersten Schritt Geimpften und Getesteten dieselben Ausnahmen zu gewähren, die gemäß der so genannten Bundes-Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 für Getestete vorgesehen sind. Wer vollständig geimpft ist oder im letzten halben Jahr an Covid-19 erkrankt war, dürfte also mit Termin im Einzelhandel einkaufen, ohne sich vorher testen zu lassen. Das Gleiche gilt für Friseurbesuche.

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Dagegen wird auch Geimpften und Genesenen vorerst kein Besuch im Theater, Museum oder Kino möglich sein, weil diese Einrichtungen bei Inzidenzen über 100 geschlossen bleiben müssen. Sie müssten also mit einem Besuch im Zoo vorliebnehmen – denn der ist auch Getesteten erlaubt.

Die in dem Papier ins Gespräch gebrachte Regelung würde Geimpften und Genesenen also in erster Linie den Weg ins Testzentrum ersparen. Zusätzlich soll es für sie Ausnahmen von den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen geben.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Geimpften und Genesenen sollen dieselben Ausnahmen gewährt werden, die gemäß der Bundes-Notbremse ab einer Inzidenz von 100 für negativ Getestete gelten
  • Konkret heißt das: Sie können ohne zusätzlichen Test den Einzelhandel oder einen Friseur besuchen
  • Als Genesene gelten Personen, die ein mindestens 28 Tage zurückliegendes positives PCR-Testergebnis nachweisen können. Dies gilt bis zu sechs Monate nach der Feststellung der Genesung.
  • Besuche von Theatern, Museen und Kinos sind weiterhin nicht erlaubt

Werden alle Impfstoffe hinsichtlich der Ansteckungsgefahr gleich bewertet?

Während Studiendaten darauf hinweisen, dass der Impfstoff von Biontech die Übertragung des Virus wirksam verhindern kann, liegen solche Ergebnisse noch nicht für alle in der Europäischen Union eingesetzten Impfstoffe vor. Die Bundesregierung differenziert in ihren Überlegungen aber auch nicht nach einzelnen Impfstoffen.

Allerdings gibt es eine Einschränkung: Als geimpft gilt nur, wer einen „vollständigen Impfschutz mit von der Europäischen Union zugelassenen Impfstoffen“ hat. Diejenigen, die für ihre Immunisierung ins Ausland geflogen sind, um dort beispielsweise den russischen Impfstoff Sputnik V zu erhalten, fallen nicht in diese Kategorie.

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Wann fällt die Priorisierung beim Impfen?

Am Ende dieser Woche wird jeder Vierte in Deutschland mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft sein, im Mai bereits jeder Dritte. Das geht aus einem Bericht des Bundesgesundheitsministeriums hervor.

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In vielen Bundesländern sei bereits die Hälfte der Über-60-Jährigen geimpft. Im zweiten Quartal werden insgesamt 80 Millionen Impfdosen erwartet, darunter sind 50 Millionen Dosen von Biontech.

Weil die Liefermengen stiegen, können nach den Plänen der Bundesregierung spätestens im Juni auch die Betriebsärzte in die Impfkampagne einbezogen werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Freitag angekündigt, dass die Priorisierung in der Impfreihenfolge im Juni aufgehoben werden könne. Dieser Schritt soll die Impfkampagne noch einmal beschleunigen.

Doch aus Sicht von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist das nicht schnell genug. Er sprach sich dafür aus, bereits im Mai die Impfstoffe für alle freizugeben.

Der Ko-Parteichef der SPD, Norbert Walter-Borjans kritisierte Söders Vorstoß: „Es mag gut klingen, wenn der selbsterklärte Macher Söder jetzt alle Regeln für die Impfreihenfolge aufheben will“, sagte er dem Tagesspiegel.

„Dass es dann die Ärzte sind, die ihren Patienten erklären müssen, wenn der Impfstoff nicht ausreicht, muss er ja nicht vertreten.“ Er halte es aber für richtig, dass „keine Dosis wegen der Impfbürokratie liegenbleiben darf“, so der SPD-Chef.

Dem Zeitplan von Spahn stimmt Walter-Borjans zu. Er halte es „für einen ehrlichen und machbaren Plan, den Mai noch im Rahmen der geltenden Priorisierung zu nutzen und ab Juni unterschiedslos zu impfen. Das wäre mit der gegenwärtigen Mengenprognose vereinbar.“

So kämen auch jüngere Menschen schneller zu einer Impfung, „die sich nunmal am ehesten in Gruppen treffen“. Er zeigte Verständnis für die jungen Menschen: „Mir sind geimpfte Unvernünftige jedenfalls lieber als ungeimpfte Unvernünftige.“ Auch dass ab Juni die Betriebsärzte impfen dürfen, sei ein Grund, die Priorisierung von da an aufzugeben. Sie wäre dann „eine unnötige Hürde für schnellstmöglichen Impffortschritt", sagte Walter-Borjans.

Was bedeuten die Pläne der Bundesregierung für Kinder, die ja noch nicht geimpft werden können?

Bisher gibt es in der EU noch keinen Corona-Impfstoff, der auch für Kinder zugelassen ist. Die geplanten Ausnahmen für Geimpfte bedeuten allerdings nicht, dass künftig zwar die immunisierten Eltern in den Urlaub fliegen dürfen, ihre Kinder jedoch nicht mitreisen könnten.

Der Impfpass soll nach den jetzigen Überlegungen lediglich den Nachweis eines negativen Tests vor der Einreise nach Deutschland ersetzen. Geimpfte sollen zumindest in diesem ersten Schritt nicht mehr Rechte erhalten als Getestete.

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