zum Hauptinhalt
Hubert Aiwanger ist stellvertretender Ministerpräsident in Bayern.

© imago images/Stefan Zeitz

Update

Streit zwischen Aiwanger und der CSU: „Überlegen, ob er stellvertretender Ministerpräsident bleiben kann“

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer stellt Hubert Aiwanger als bayerischen Vize-Ministerpräsidenten in Frage. Hintergrund ist eine Impf-Debatte.

Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) steht im Streit um seine impfkritischen Äußerungen weiter unter dem Druck seines Koalitionspartners CSU. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) nannte Aiwangers Äußerungen am Montag im ARD-„Morgenmagazin“ „fatal“.

CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer sagte dem „Münchner Merkur“ laut Vorabmeldung, Aiwanger betreibe „billiges Kalkül“ für den Wahlkampf. Aiwanger selbst fürchtet trotz des Streits nach eigenen Worten aber keinen Bruch der Koalition mit der CSU.

Holetschek verwies im „Morgenmagazin“ auf die herausgehobene Position Aiwangers durch sein politisches Amt und die dadurch starke öffentliche Wahrnehmung. „Da wünsche ich mir schon, dass man sich manchmal gut überlegt, was man sagt und was man nicht sagt“. Aiwanger, der auch bayerischer Wirtschaftsminister ist, konterkariere alle Bemühungen der Landesregierung in der Impfkampagne, sagte Holetschek.

Kreuzer ging noch einen Schritt weiter und sagte, Aiwanger müsse sich „überlegen, ob er stellvertretender Ministerpräsident bleiben kann“. Er konterkariere „gegen den Rat aller Experten unsere Impfkampagne, um im Bundestagswahlkampf Punkte bei Impfverweigerern zu machen“.

Er verstehe nicht, „was der stellvertretende Ministerpräsident hier macht“, sagte Kreuzer. „Wenn er sich selber nicht impfen lassen will, ist das seine Privatsache - politisch sollte allen in dieser Regierung aber unbedingt klar sein, dass wir aus der Pandemie nur mit einer guten Impfquote rauskommen.“

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Das von der Bevölkerungszahl zweitgrößte Bundesland Bayern liegt hier im Vergleich der Bundesländer zurück. So waren Stand Montag bei den Erstimpfungen in Bayern 59,5 Prozent der Bevölkerung geimpft, im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen aber 65,1 Prozent und im Bundesdurchschnitt 61,7 Prozent. Vollständig geimpft sind in Bayern 50,3 Prozent der Bevölkerung, in Nordrhein-Westfalen 53,9 Prozent und im Bundesschnitt 52,3 Prozent.

Der Vorsitzende der Freien Wähler weigert sich trotz öffentlichen Drucks der CSU, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Zuletzt begründete er dies mit Berichten über massive Nebenwirkungen auch in seinem Bekanntenkreis, ohne dies aber näher auszuführen.

Aiwanger befürchtet trotz Streit nicht, dass CSU Koalition beendet

Aiwanger hatte gesagt, er warte mit einer Impfung, bis er selbst überzeugt sei, dass eine Impfung für ihn ganz persönlich sinnvoller sei, als ungeimpft zu bleiben. Aus seinem privaten Umfeld habe er von Impfnebenwirkungen gehört, bei denen einem „die Spucke wegbleibe“.

Überdies warnte er jüngst im Deutschlandfunk vor einer „Jagd“ auf Ungeimpfte. Die Bürger müssten „ohne Druck“ und mit Fakten überzeugt werden. Bisher seien sie „teilweise nicht zu Unrecht verunsichert“, sagte er - und nannte in dem Zusammenhang den Impfstoff von Astrazeneca.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der „Passauer Neuen Presse“ und dem „Donaukurier“ vom Montag sagte Aiwanger, er befürchte trotz des Streits nicht, dass die CSU die Koalition beende. „Da würde sich die CSU bis ins Mark selbst beschädigen - die dürfen froh sein, dass sie mit den Freien Wählern einen so anständigen und ehrlichen Koalitionspartner haben.“

Der als Spitzenkandidat der Freien Wähler für die Bundestagswahl aufgestellte Aiwanger will nun aber auch mit einer Zweitstimmenkampagne gegen die CSU bei der Bundestagswahl punkten. „Eigentlich müsste die CSU eine Zweitstimmenkampagne für die Freien Wähler zur Bundestagswahl fahren, damit ihnen und dem Land auch in Berlin die Grünen in der Regierung erspart bleiben“, sagte er den beiden Zeitungen.

Streit zwischen Söder und Aiwanger nimmt an Schärfe zu

Aiwanger empfahl seinem bayerischen Koalitionspartner, im Bund darauf zu bauen, dass die CSU-Direktkandidaten ohnehin per Erststimme in den Bundestag bekommen, „also mit der Zweitstimme Freie Wähler - dann kommen auch die rein, und wir können in Berlin gemeinsam für Bayern und Deutschland arbeiten“.

[Mehr zum Thema: Heroisch, leichtsinnig oder einfach das Richtige? Deshalb impfen Ärzte schon jetzt Kinder unter zwölf Jahren gegen Corona (T+)]

Zuvor nahm der Streit zwischen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und seinem Vize Hubert Aiwanger über Corona-Impfungen an Schärfe zu. Söder erneuerte am Sonntag im ZDF-Sommerinterview seine Kritik an Aiwangers Impf-Argumentation - der daraufhin scharf konterte, dem CSU-Vorsitzenden eine bewusste Falschbehauptung vorwarf und von einer „Unverschämtheit“ sprach.

Söder sagte über Aiwangers demonstrative Zweifel an Corona-Impfungen: „Meine Sorge ist, dass er sich in eine Ecke manövriert, aus der er selber nicht mehr herauskommt.“ Er mache sich „a bissl“ Sorge um Aiwanger, der auch Wirtschaftsminister in Söders Kabinett ist.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Söder betonte, es gehe dabei nicht um die Frage, ob sich Aiwanger impfen lassen wolle oder nicht, dies stehe jedem frei. Aber der Sound und der Sprech dahinter seien problematisch: wenn Aiwanger etwa von Nebenwirkungen spreche, bei dem ihm „die Spucke wegbleibt“, oder wenn er beispielsweise sage, es sei nicht bewiesen, ob die Impfstoffe wirkten. „Da muss man aufpassen“, sagte Söder.

Dazu sagte Aiwanger der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist eine bewusste Falschbehauptung, ich hätte gesagt, dass nicht bewiesen sei, ob Impfstoffe wirken. Ich habe im Gegenteil gesagt, Impfen ist ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Corona, aber es muss freiwillig bleiben.“

Zudem sagte Söder, Aiwanger verwende die gleiche Wortwahl wie AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel. Er warnte Aiwanger, der auch Spitzenkandidat der Freien Wähler für die Bundestagswahl am 26. September ist, „an irgendeinem Rand“ nach Wählerstimmen zu fischen. „Das ist ein totaler Trugschluss. Die Leute wählen am Ende richtige „Querdenker“.“

Wenn Aiwanger sich aber in deren Nähe begebe, müsse er aufpassen, dann nicht auch als solcher identifiziert zu werden. „Und dann wird es in der Tat schwierig.“

Dazu sagte Aiwanger: „Es ist eine Unverschämtheit, mich als „Querdenker“ abstempeln zu wollen, weil ich gegen die Impfpflicht bin und mehr Sensibilität einfordere beim Thema Impfen von unter 12-Jährigen, was auch die Stiko bisher nicht empfiehlt.“

Söder verwies aber darauf, dass Aiwanger im bayerischen Kabinett bisher jeden Beschluss der Anti-Corona-Maßnahmen mitgetragen habe. Er sehe daher keinen Grund, Aiwanger aus dem Kabinett zu entlassen. Zudem habe er das Gefühl, dass auch die Freien Wähler selbst „sehr unglücklich sind über seine Äußerungen“. Er wolle der Partei nun Zeit geben, die Lage selbst ein Stück weit zu reflektieren. Bemerkenswert sei aber auch die Reaktion der Wirtschaft, die sich klar gegen Aiwanger gestellt habe. (AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false