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Grünen-Chefin Ricarda Lang rechnet mit einer Nachfolge für das Bundesfamilienministerium vor Ostern.

© Carsten Koall/dpa

Update

Es soll wieder eine Frau werden: Grüne wollen sich vor Ostern auf Spiegel-Nachfolge festlegen

Die Parteispitze berät darüber, wer auf Anne Spiegel im Familienministerium folgt. Diese erhält nach ihrem Rücktritt angeblich ein Übergangsgeld von 75.600 Euro.

Die Grünen wollen die Nachfolge für die zurückgetretene Bundesfamilienministerin Anne Spiegel möglichst noch vor Ostern klären. Die Partei werde die Entscheidung "zeitnah bekanntgeben", sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang nach einer Klausurtagung des Bundesvorstands in Husum. Klar ist demnach bisher nur: "Es wird eine Frau werden."

"Die andere Voraussetzung wird Kompetenz sein", hob die Parteivorsitzende weiter hervor. Das Amt habe sehr große Bedeutung für die Modernisierung der Gesellschaft. Auch trage die Familienministerin derzeit besondere Verantwortung angesichts der vielen nach Deutschland kommenden Frauen und Kinder aus der Ukraine. Daher sei sehr wichtig, "dieses Amt mit dieser Voraussetzung gut zu besetzen".

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Die Partei sehe sich in der Pflicht, "zeitnah einen Vorschlag zu machen", sagte auch Ko-Parteichef Omid Nouripour. "Wir hoffen, dass wir bis Ostern damit durch sind", fügte er hinzu. Derzeit führe die Parteispitze dazu viele Gespräche. Auch Nouripour verwies auf die "großen Aufgaben", vor denen das Familienministerium stehe.

Auch Lang hatte am Morgen den Sendern RTL und ntv gesagt, sie denke nicht, "dass wir noch über Ostern hinweg uns mit dieser Frage beschäftigen werden". Angesprochen auf jüngere Kandidatinnen wie die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge entgegnete sie, die Grünen hätten viele Politikerinnen unterschiedlichsten Alters, die Erfahrung und Expertise mitbrächten. "Die werden wir uns jetzt anschauen. Und dann werden wir als Bundesvorstand einen gemeinsamen Vorschlag machen."

Zur Frage, ob Anton Hofreiter auf den Posten nachrücken könnte, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bettina Haßelmann: „Jede und jeder, der die Grünen kennt, weiß wie wichtig uns die Quotierung ist und wie wichtig, dass Frauen repräsentiert sind in Spitzenfunktionen. Auch das werden wir in der Frage der Entscheidung berücksichtigen.“ Der frühere Fraktionschef Hofreiter ist derzeit Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Bundestag.

Anne Spiegel am Sonntagabend nach ihrem Auftritt in Berlin.
Anne Spiegel am Sonntagabend nach ihrem Auftritt in Berlin.

© Annette Riedl/dpa

In Husum in Schleswig-Holstein setzt der Grünen-Bundesvorstand am Dienstag seine Klausur mit dem Fokus Energie fort. Dort dürfte auch die Personalfrage bei den Beratungen eine Rolle spielen.

Spiegel hatte am Montag ihren Rücktritt vom Amt der Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erklärt. „Ich habe mich heute aufgrund des politischen Drucks entschieden, das Amt der Bundesfamilienministerin zur Verfügung zu stellen. Ich tue dies, um Schaden vom Amt abzuwenden, das vor großen politischen Herausforderungen steht“, hatte die Grünen-Politikerin erklärt.

[Lesen Sie auch: Rücktritt von Anne Spiegel: Als Idealbesetzung gestartet – von der Vergangenheit eingeholt (T+)]

Am Wochenende war bekannt geworden, dass sie als damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin zehn Tage nach der Flut zu einem vierwöchigen Familienurlaub nach Frankreich aufgebrochen war und diesen nur einmal für einen Ortstermin im Ahrtal unterbrochen hatte. Bei der Flutkatastrophe Mitte Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mehr als 180 Menschen ums Leben gekommen, davon 134 im Ahrtal.

Spiegel sei nicht zum Rücktritt gedrängt worden

Bei einem emotionalen Auftritt hatte Spiegel den Urlaub am Sonntagabend als Fehler bezeichnet und sich dafür entschuldigt. Sie begründete ihre damalige Entscheidung unter anderem mit dem Gesundheitszustand ihres Mannes, der 2019 einen Schlaganfall erlitten habe. Auch die Belastung ihrer vier Kinder in der Corona-Pandemie führte Spiegel an. Ihre Familie habe den Urlaub gebraucht.

Lang widersprach bei RTL und ntv Darstellungen, Spiegel sei von der Parteispitze zum Rücktritt gedrängt worden. Die Parteiführung sei am Montag den ganzen Tag über mit ihr im Gespräch gewesen, "am Ende hat sie die Entscheidung getroffen, dass sie zurücktritt", um "dieses Amt zu schützen".

Lang sprach sich dafür aus, den Rücktritt der 41-Jährigen zum Anlass für eine Debatte über die bessere Vereinbarkeit von Familie und politischen Ämtern zu nehmen. "Das muss möglich sein in unserer Gesellschaft", betonte die Grünen-Vorsitzende.

CDU-Vize Karin Prien sieht nach dem Rücktritt Spiegels auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geschwächt. "Nach vier Monaten hat er mindestens eine Ministerin, die von sich aus geht. Er hat vielleicht noch ein, zwei weitere, wo man auch die Frage stellen muss, sind die da auf der richtigen Position. Ein richtiger Aufbruch ist das nicht", sagte Prien RTL.

Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß kritisierte in der "Welt", dass bei den Grünen "Ministerämter in erster Linie nach Kriterien wie Geschlecht, Herkunft oder Flügelzugehörigkeit statt nach Qualifikation und Eignung vergeben" würden

Familienministerium seit 1985 von Frau geführt

Zum Amtsantritt als Familienministerin hatte Anne Spiegel im vergangenen Dezember den Kampf gegen Kinderarmut und die Einführung der sogenannten Kindergrundsicherung als vorrangige politische Ziele genannt. Erst vor Kurzem war Spiegel mit ihrer Familie nach Berlin umgezogen. Ein Bundestagsmandat hat sie nicht.

Einem Bericht der „Bild“-Zeitung zufolge erhält Spiegel nach ihrem Rücktritt nun ein Übergangsgeld von 75.600 Euro. Das erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Michael Jäger. Die Höhe des Übergangsgeldes ergibt sich demnach aus Paragraf 14 des Bundesministergesetzes. Nach Angaben der „Bild“ erhält Spiegel 4,5 Monatsgehälter, nachdem sie seit Anfang der Legislaturperiode im Dezember das Bundesfamilienministerium führte.

In den vergangenen Jahrzehnten war das Familienministerium von Frauen geführt worden. Letzter Mann an der Spitze war Heiner Geißler (CDU) von 1982 bis 1985. Ihm folgten Rita Süssmuth, Ursula Lehr, Hannelore Rönsch, Claudia Nolte, Christine Bergmann, Renate Schmidt, Ursula von der Leyen, Kristina Schröder, Manuela Schwesig, Katarina Barley, Franziska Giffey, Christine Lambrecht und zuletzt Anne Spiegel.

Die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war von 1991 bis 1994 Frauen- und Jugendministerin, heute gehört dieser Teil zum Familienressort. (dpa, AFP, Tsp)

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