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Befiehlt er demnächst den Angriff auf Taiwan? Chinas Präsident Xi Jinping bei einer Fernsehansprache.

© imago images/Xinhua

Chinas Drohungen gegen Taiwan: Die Bundesregierung bereitet sich auf den nächsten Krieg vor

Seit dem Ukraine-Krieg steht fest: Die deutsche Abhängigkeit von Moskau ist fatal. Vor einem Angriff Chinas auf Taiwan will die Ampel diesen Fehler korrigieren.

Von Hans Monath

Steht der regelbasierten Weltordnung nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in den kommenden Jahren in Taiwan die nächste brutale Erschütterung bevor? Davon geht zumindest der US-Geheimdienst CIA aus. Die russischen Rückschläge im Krieg würden China nicht davon abhalten, gewaltsam gegen den Inselstaat vorzugehen, warnte CIA-Chef William Burns kürzlich.

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„Die chinesische Führung versucht, Lehren aus der russischen Invasion zu ziehen, und das hat aber aus unserer Sicht wahrscheinlich weniger Einfluss auf die Frage, ob China in ein paar Jahren Soldaten einsetzt, um Taiwan zu kontrollieren, sondern darauf, wie und wann“, sagte Burns.

Auch die Ampelkoalition bereitet sich schon auf dieses Szenario vor. „Meine Sorge ist groß“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Wochenende im Deutschlandfunk. Zugleich rief die Grünen-Politikerin dazu auf, Lehren aus der Politik der Beschwichtigung gegenüber Russland zu ziehen und sich nicht wieder in ähnliche Abhängigkeiten zu begeben. „Wir dürfen nicht nochmal den gleichen Fehler machen“, warnte sie.

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Die Außenministerin verwies auf die kürzlich in Madrid verabschiedete neue Nato-Strategie, die feststelle: „Die größte Bedrohung für unsere direkte Sicherheit heute ist Russland, aber China könnte zu unserer größten Bedrohung werden, weil sie eben nicht nur militärische Ambitionen haben, sondern wirtschaftlich eine ganz andere Rolle weltweit spielen.“

Ziel der nationalen deutschen Sicherheitsstrategie, die gerade erarbeitet wird, sei es, „unsere wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu reduzieren“, wenn in einer globalisierten Welt auch „nicht komplett zu beenden“. Als Beispiel nannte sie die Produktion von Medikamenten in Deutschland, die „zum Teil komplett“ auf Wirkstoffe aus China angewiesen sei.

Ihren chinesischen Amtskollegen Wang Yi traf Außenministerin Annalena Baerbock kürzlich beim Treffen der G20-Außenminister in Nusa Dua auf Bali in Indonesien.
Ihren chinesischen Amtskollegen Wang Yi traf Außenministerin Annalena Baerbock kürzlich beim Treffen der G20-Außenminister in Nusa Dua auf Bali in Indonesien.

© Thomas Imo/IMAGO/photothek

Wie aber würden Deutschland und seine Verbündeten reagieren auf einen Überfall auf Taiwan? Ließe die im Vergleich zu Russland weit engere wirtschaftliche Verflechtung Deutschlands mit dem Riesenreich zu, dass etwa Wirtschafssanktionen verhängt werden? „Es ist völlig klar, dass ein militärischer Vorstoß der Volksrepublik China gegen Taiwan nicht unbeantwortet bliebe“, sagt der außenpolitische Sprecher der SPD-´Bundestagsfraktion, Nils Schmid.

Peking schaue auch deshalb so genau auf die Reaktion des Westens auf den russischen Angriffskrieg: „Standfestigkeit ist daher in doppelter Hinsicht wichtig: Zum einen zum Schutz der Unabhängigkeit der Ukraine und zum anderen als Abschreckung gegenüber anderen autoritären Regimen auf dieser Welt.“

Nach Ansicht von FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai muss der Westen im Falle eines Angriffes auf Taiwan „schnell und geschlossen reagieren und China hart sanktionieren“. Die zu verhängenden Sanktionen müssten dann „sowohl personenbezogen als auch wirtschaftlich ausgestaltet sein“, sagt der Liberale.

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„Enorm“ sei die wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von China, meint Djir-Sarai: „Daher würden etwaige Sanktionen nicht nur China sondern auch Europa und die gesamte Weltwirtschaft treffen.“ Damit die Auswirkungen im Konfliktfall zu stemmen seien, müssten „Deutschland und Europa so rasch wie möglich wirtschaftlich unabhängiger von China werden“.

Der FDP-Generalsekretär verweist in diesem Zusammenhang auf die kritische Infrastruktur. China dürfe beim Mobilfunkstandard 5G keinen Zugang zum Markt durch staatliche Unternehmen bekommen. „Europa würde sich damit zusätzlich erpressbar machen“, warnt der erfahrene Außenpolitiker.

Den Krieg seines Verbündeten Russland gegen die Ukraine verfolgt China sehr genau - hier die beiden Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping.Russian President Vladimir Putin attends a meeting with Chinese President Xi Jinping in Beijing, China February 4, 2022. Sputnik/Aleksey Druzhinin/Kremlin via REUTERS ATTENTION EDITORS - THIS IMAGE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY.
Den Krieg seines Verbündeten Russland gegen die Ukraine verfolgt China sehr genau - hier die beiden Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping.Russian President Vladimir Putin attends a meeting with Chinese President Xi Jinping in Beijing, China February 4, 2022. Sputnik/Aleksey Druzhinin/Kremlin via REUTERS ATTENTION EDITORS - THIS IMAGE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY.

© Sputnik/Aleksey Druzhinin/Kremlin via REUTERS

Schlechte Karten hat die Bundesregierung in einer möglichen Auseinandersetzung nach Meinung von Nils Schmid nicht. Deutschland arbeite daran, sich wirtschaftlich „breiter aufzustellen“. Und die enge wirtschaftliche Verflechtung gelte „natürlich auch umgekehrt für China, das im Vergleich zu Russland sehr viel stärker vom Weltmarkt abhängig ist“, gibt Schmid zu bedenken: Ein internationales Sanktionsregime werde Chinas Wirtschaft daher „ziemlich empfindlich treffen und damit die ehrgeizigen Pläne konterkarieren, China zu einer führenden Wirtschafts- und Technologiemacht zu machen.“

Eine zu große wirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von China kritisiert seit Jahren Thorsten Benner, Gründungsdirektor des Thinktanks Global Public Policy Institutes (GPPI). Nun lobt er den Realismus der Außenministerin: „Wir müssen davon ausgehen, dass Xi irgendwann seinen Traum, Taiwan zu beherrschen, mit Gewalt zu verwirklichen sucht.“ Gleichzeitig sei zu erwarten, dass die USA in diesem Falle gegen China Krieg führen würden.

Taiwan-Krieg mit größeren Konsequenzen als Ukraine-Krieg?

„Ein solcher Krieg hätte weit gravierendere Konsequenzen auch für Europa als Russlands Invasion der Ukraine“, warnt Benner. Deutschland solle im Gleichschritt mit Europa, den USA und Verbündeten im Indo-Pazifik „alles daran setzen, Peking erfolgreich abzuschrecken und so den Frieden in der Taiwan-Straße zu wahren“.

Deutschlands Beitrag dazu müsse primär wirtschaftlich und technologisch sein, indem es härteste Wirtschafts- und Technologiesanktionen unterstütze für diesen Fall, die China etwa von Halbleitertechnologie abschneidet. „Die Drohung mit härtesten Sanktionen, nicht Illusionen über eine Mediatorenrolle Deutschlands sind das friedenspolitische Gebot mit Blick auf China und Taiwan“, urteilt der Thinktanker.

Diese Sanktionen könnten nur dann glaubwürdig werden, wenn Europa die Abhängigkeiten von China stark reduziere. „Da muss Deutschland die Schlagzahl drastisch erhöhen“, mahnt Benner. So sei es „komplett unverständlich“ dass immer noch Komponenten des chinesischen Herstellers Huawei in der 5G kritischen Infrastruktur verbaut würden. Seine Forderung: „Ein formeller Ausschluss Huaweis und auch die Verpflichtung zum Ersetzen bestehender Huawei-Komponenten sind überfällig.“

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