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Der CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen löst wieder Empörung aus.

© Michael Reichel/dpa

Update

CDU-Politiker sieht „klaren Linksdrall“: Maaßen fordert Gesinnungstest für ARD-Journalisten

Ohne Belege zu nennen, erhebt Ex-Verfassungsschutz-Chef Maaßen schwere Vorwürfe gegen öffentlich-rechtliche Medien. Der CDU-Mann wird dafür scharf kritisiert.

Der CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen hat in einem Fernsehinterview die Medien in Deutschland scharf kritisiert. Dabei stellte er die öffentlich-rechtlichen Sender und insbesondere die ARD in den Fokus. Beim Sender TV Berlin“ forderte er einen Charaktertest für Journalisten der ARD-„Tagesschau“ – und löste damit scharfe Kritik aus.

„Der Norddeutsche Rundfunk ist für die ,Tageschau‘ zuständig“, sagte der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. „Wenn man sieht, dass es da auch Verbindungen gibt zwischen der ,Tagesschau‘ oder zwischen Personen, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die ,Tagesschau‘ arbeiten und der linken und linksextremen Szene, dann wäre das wirklich auch eine Untersuchung wert“, sagte Maaßen. Konkrete Beispiele oder Vorwürfe dafür nannte er nicht.

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Maaßen, der für die CDU im Wahlkreis 196 in Südthüringen kandidiert, ist wegen seiner Haltung unter anderem zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung umstritten. Politiker von SPD, Grünen und Linken warfen der CDU wiederholt vor, mit Maaßen am rechten Rand zu fischen.

Der CDU-Politiker forderte in dem Interview weiter, „dass auch die Biographie von einigen Redakteuren auf den Prüfstand gestellt wird, ob diese Leute die charakterlichen Eigenschaften haben, die ,Tagesschau‘ durch Redaktion zu begleiten“.

Maaßen warf dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen „klaren Linksdrall“ vor. Man könne nachlesen, dass mehr als 90 Prozent der ARD-Volontäre mit Links, Rot oder Grün oder Rot-Grün sympathisierten. Zudem hätten mehr als 70 Prozent der Journalisten eine Neigung zu Links und Grün. Unklar blieb hier, ob Maaßen sich hier nur auf die ARD oder alle Journalisten bezog.

ARD geht nicht direkt auf Maaßen ein

Die ARD wollte weder auf den Vorwurf Maaßens, Journalisten der „Tageschau“ hätten Verbindungen zur linken oder linksextremen Szene, noch zu dessen Forderung nach einer Überprüfung der Mitarbeiter von ARD aktuell direkt eingehen. Auf Anfrage des Tagesspiegel teilte Barbara Jung als Pressesprecherin des für ARD aktuell zuständigen Norddeutscher Rundfunk (NDR) nur mit: „Die Tagesschau hat einen hohen Anspruch an Objektivität und Sorgfalt in der Berichterstattung. Sie folgt bei der Nachrichtenauswahl ausschließlich journalistischen Kriterien. Die Tagesschau steht damit für ausgewogenen, nachvollziehbaren und durch Fakten belegten Journalismus“.

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Frank Überall, der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), bemängelte am Sonntag, dass „Herr Maaßen Belege für seine steile These schuldig bleibt, Tagesschau-Journalisten hätten Kontakte zum linken und linksextremen Spektrum“. Dass er zur Gesinnungsschnüffelei aufrufe, offenbare ein mindestens fragwürdiges Verhältnis zur Pressefreiheit. „Herr Maaßen sollte nicht erneut den Versuch unternehmen, sich auf Kosten der vierten Gewalt im Staat zu profilieren. Das ging schon einmal daneben und hat ihn den Job als Verfassungsschutzchef gekostet“, sagte er dieser Zeitung.

Maaßen: Manipulation der veröffentlichten Meinung

Es gebe in der politischen Berichterstattung eine „Manipulation der veröffentlichten Meinung“, sagte Maaßen weiter. Er sehe dort keine ausgewogene Berichterstattung mehr. Der Staatsvertrag schreibe dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwar ausgewogene Berichterstattung vor. Aber es fehle an Sanktionsmöglichkeiten wie Bußgeldern oder Strafverfahren.

Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk könne man sich „über alle Vorschriften hinwegsetzen, es hat gar keine Sanktionen zur Folge“. Und unter den Berufspolitikern wolle sich niemand mit den Sendern anlegen, aus Angst, in den Fokus zu geraten, sagte Maaßen.

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Maaßen führte aus, bei Gesprächen im Wahlkampf in Südthüringen werde ihm gesagt, die Bürger hätten „Angst, ihre Meinung frei und offen zu äußern“. Zudem hätten die Menschen den Eindruck, dass sie in den Medien nicht mehr das widerfänden, was sie erlebten und was ihren Alltag darstelle. Ein „Auseinanderklaffen der Medienöffentlichkeit und der Realität“ würde wahrgenommen.

Er glaube, in Südthüringen habe man „ein besonderes Sensorium (…) für politische Fehlentwicklungen, wenn man merkt, bestimmte Tatsachen werden in den Medien gar nicht mehr geschildert“. Das treibe die Leute um. „Dass zum Beispiel die Staatsangehörigkeit von Tätern gar nicht mehr in den Zeitungen zu finden ist oder oft weggelassen wird. Dass herumgelogen wird, auch bei migrantischen Straftaten (...)“, so Maaßen.

Maaßen spricht von dreisten Lügen und Tricks

Er nennt dann Beispiel aus Iserlohn, wo angeblich nicht berichtet worden sei, dass es sich bei einem festgenommenen mutmaßlichen Attentäter um einen Migranten aus einer dortigen Asylunterkunft handelte, sondern um einen „Iserlohner“. „Da muss ich sagen, das ist Meinungsmanipulation“, sagte Maaßen.

Maaßen spricht von Tricks der Medien, die es „vor zehn, 15 Jahren noch nicht gegeben hat“. Es gebe „dreiste Lügen, das Manipulieren von Tatsachen in den Medien“. Es würde versucht, bestimmte Informationen wegzulassen, bestimmte Nachrichten würden nach hinten gestellt, andere nach vorne oder es würde versucht, mit bestimmten Nachrichten andere zu überdecken, sodass gar nicht darüber diskutierte werde.

Maaßen kritisiert Aufsichtsbehörden

„Das sind die Techniken, die heute der öffentlich-rechtliche Rundfunk verwendet“, behauptet Maaßen. „Ich halte es für ausgesprochen verwerflich und ich halte es für eine Schande, dass die Aufsichtsbehörden diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht in der Hinsicht wirklich mal korrigieren und dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr stattfindet.“

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Maaßens Aussagen lösten umgehend scharfem Widerspruch aus. „Unser Grundgesetz schützt die Pressefreiheit“, twitterte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Maaßen attackiere sie unverhohlen. „Hier braucht es eine klare Abgrenzung der Union“, forderte der Politiker.

Grüne sehen Frontalangriff auf Pressefreiheit

Von einem „Frontalangriff auf die Pressefreiheit durch einen Kandidaten der CDU“ schrieb Grünen-Politiker Konstantin von Notz. CDU-Chef Armin Laschet und CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak könnten zwar nichts dafür, dass Maaßen in Thüringen aufgestellt wurde, „aber sie können was dafür, dass sie zu diesen Ungeheuerlichkeiten schweigen“.

Die Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, hielt Maaßen vor, in den Tenor der AfD mit einzustimmen. Dies sei „schäbig und gefährlich“. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil verlinkte auf Twitter zu einem kritischen Tweet mit dem tv.berlin-Video und schrieb mit Blick auf den CDU-Chef und Kanzlerkandidaten: „Und Armin Laschet schweigt.“ Der ehemalige Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger erklärte, Maaßen gehöre nicht in den Bundestag.

Michael Windisch, Leiter Politische Kommunikation, Digitalisierung und Grundsatzfragen der CDU im Thüringer Landtag, distanzierte sich von Maaßens Aussagen. „Herr @HGMaassen stellt seinen eigenen Standpunkt dar“, twitterte er. Dirk Toepffer, Fraktionschef der CDU im niedersächsischen Landtag, kritisierte die Äußerungen des ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten scharf und forderte Maaßen auf, die Partei zu verlassen.

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Maaßen war Ende April von mehreren südthüringischen Kreisverbänden zum Direktkandidaten gewählt worden. Seine Nominierung löste scharfe Kritik auch in der CDU aus.

„An die 37 Parteikollegen in Südthüringen: Ihr habt echt den Knall nicht gehört! Wie kann man so irre sein und die christdemokratischen Werte mal eben über Bord schmeißen?“, schrieb die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration und CDU-Politikerin Serap Güler. „Wer so große Angst vor der AfD hat, hat so vieles längst aufgegeben. Ein bitterer Tag.“ CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak forderte damals von Maaßen ein „klares Bekenntnis zu den Werten und der Politik der CDU sowie eine scharfe Abgrenzung zur AfD“.

Die Bundesbürger schätzen die Situation der Medien in Deutschland völlig anders ein als Maaßen. Dies zeigte Ende des vergangenen Jahres die Langzeitstudie „Medienvertrauen“ der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

Demnach gaben 56 Prozent der Befragten an, bei wichtigen Dingen wie etwa Umweltproblemen, Gesundheitsgefahren, politischen Skandalen und Krisen könne man den Medien vertrauen. 2015 lag dieser Wert noch bei 28 Prozent. Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk war dabei mit 70 Prozent am größten, auf Rang zwei folgten Regionalzeitungen, denen rund zwei Drittel der Deutschen vertrauen. (mit sag)

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