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US-Präsident Joe Biden spricht in Warschau.

© REUTERS/Aleksandra Szmigiel

Update

Biden über Putin: „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“

Joe Biden hat zum Abschluss seiner Polen-Reise eine Rede gehalten. Das Weiße Haus stellte hinterher klar: Biden habe nicht zum Sturz Putins aufgerufen.

Der russische Staatschef Wladimir Putin sollte nach Ansicht von US-Präsident Joe Biden nicht länger an der Macht bleiben. „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben“, sagte Biden, ohne den russischen Präsidenten an dieser Stelle explizit namentlich zu erwähnen. Biden erwähnte Putin allerdings mehrfach namentlich, stellenweise bezeichnete er ihn auch schlicht als „Diktator“.

Biden sprach am Samstag zum Abschluss eines zweitägigen Besuchs in Polen im Warschauer Königsschloss, das als Symbol der im Zweiten Weltkrieg einst großteils zerstörten und später wiederaufgebauten polnischen Hauptstadt gilt.

Unmittelbar nach Bidens Rede bemühte sich ein ranghoher Vertreter des Weißen Hauses zu betonen, dass der Präsident mit seiner Äußerung nicht direkt zum Sturz Putins aufgerufen habe. „Die Botschaft des Präsidenten war es, dass es Putin nicht erlaubt sein darf, Macht über seine Nachbarn oder die Region zu haben. Er sprach nicht über Putins Macht in Russland oder einen Sturz der Regierung“, sagte er weiter.

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Mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine habe Putin einen strategischen Fehler gemacht, sagte Biden. „Ein Diktator, der ein Reich wieder aufbauen will, kann nie die Liebe der Menschen für die Freiheit auslöschen“, sagte Biden. In der Ukraine werde Putin „nie“ einen Sieg erzielen, betonte er.

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Die Darstellung von Kremlchef Wladimir Putin, wonach Russland in der Ukraine eine „Denazifizierung“ vornehme, verurteilte Biden. „Das ist eine Lüge, das ist einfach nur zynisch und außerdem obszön.“ Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei Jude, die Familie seines Vater sei Opfer des Holocausts geworden, so Biden weiter. „Und Putin, wie alle Autokraten, hat die Frechheit zu glauben, dass Macht Recht gibt.“

Biden sicherte den Menschen in der Ukraine die Unterstützung der Vereinigten Staaten zu. „Wir halten zu Euch.“ . Russland versuche, die Demokratie im eigenen Land zu zermalmen und gefährde auch die Nachbarländer. Es gebe für den brutalen russischen Angriffskrieg in der Ukraine keine Rechtfertigung, sagte Biden.

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Der US-Präsident stimmte die Welt in seiner Rede auf einen langen Konflikt um die künftige internationale Ordnung ein. Es gehe um eine „große Schlacht zwischen Demokratie und Autokratie, zwischen Freiheit und Unterdrückung, zwischen einer regelbasierten Ordnung und einer, die von brutaler Gewalt bestimmt wird“, sagte Biden. „Wir müssen dabei klar sehen: Diese Schlacht wird nicht in Tagen geschlagen werden oder in Monaten. Wir müssen uns für einen langen Kampf stählen.“

Biden warnte Putin in eindringlichen Worten vor einem Angriff auf das Nato-Bündnisgebiet. „Denken Sie nicht mal daran, gegen einen Zentimeter Nato-Gebiet vorzugehen.“ Die USA und ihre Nato-Partner hätten eine „heilige Verpflichtung“, das Bündnisgebiet mit der geballten Macht aller Mitglieder zu verteidigen, sagte Biden.

Putin habe sich mit dem Angriffskrieg in der Ukraine verkalkuliert, sagte Biden. Die Nato und der Westen seien inzwischen „geeinter“ als je zuvor. Russland wollte weniger Nato-Soldaten in Osteuropa, nun seien es mehr, sagte er. Allein die US-Streitkräfte hätten inzwischen mehr als 100.000 Soldaten in Europa.

Zuvor hatte Biden den Besuch in Polen zu einem klaren Bekenntnis zur Nato und zur Beistandspflicht genutzt. Den Bündnisfall-Artikel des Nato-Vertrages nannte Biden am Samstag eine "heilige Verpflichtung" seines Landes.

Der Ukraine stärkte er bei einem Treffen mit deren Außen- und Verteidigungsminister in Warschau den Rücken. An Moskaus Ankündigung eines Strategiewechsels, wonach die russische Armee sich künftig auf die "Befreiung" der Donbass-Region konzentriert, äußerte Biden Zweifel.

US-Präsident Joe Biden ist am Samstag zu Gast bei Polens Präsident Andrzej Duda.
US-Präsident Joe Biden ist am Samstag zu Gast bei Polens Präsident Andrzej Duda.

© Kacper Pempel/Reuters

Bei seinem Treffen mit Polens Staatschef Andrzej Duda verwies der US-Präsident auf Artikel 5 des Nato-Vertrages. Demnach wird ein Angriff auf ein Land des Verteidigungsbündnisses als ein Angriff auf alle Bündnisstaaten gewertet. "Sie können sich darauf verlassen", sagte Biden - "für unsere und eure Freiheit". Mit diesen Worten griff Biden eine Parole aus der Zeit des polnischen Kampfes gegen die russischen Besatzer im 19. Jahrhundert auf.

Der russische Staatschef Wladimir Putin setze vergeblich "auf eine gespaltene Nato", sagte Biden. Sein Vorgänger im Präsidentenamt, Donald Trump, hatte die Nato als "obsolet" bezeichnet und somit bei den europäischen Partnern erhebliche Zweifel an der Bündnistreue der USA aufkommen lassen.

Biden war am Freitag zu einem zweitägigen Besuch in dem Nato-Land eingetroffen. Am Samstag nutzte er seinen Aufenthalt für sein erstes persönliches Treffen mit hochrangigen Vertretern der Regierung in Kiew seit Beginn des Ukraine-Kriegs am 24. Februar.

Biden besuchte auch ukrainische Flüchtlinge

An dem Gespräch mit dem Außen- und dem Verteidigungsminister der Ukraine, Dmytro Kuleba und Oleksij Resnikow, im Warschauer Marriott-Hotel nahmen auch US-Außenminister Antony Blinken und Pentagonchef Lloyd teil. Die USA hätten dabei ihr "standhaftes Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine" abgelegt, sagte Außenamtssprecher Ned Price.

 Joe Biden besuchte am Samstag auch Flüchtlinge.
Joe Biden besuchte am Samstag auch Flüchtlinge.

© Brendan Smialowski / AFP

Später besuchte Biden ukrainische Flüchtlinge in Warschau. Mit Blick auf das Leiden der ukrainischen Zivilbevölkerung bezeichnete er Putin als "Schlächter". Zuvor hatte der US-Präsident den Kreml-Chef wiederholt einen "Kriegsverbrecher" genannt.

Der Kreml reagierte am Samstag auf die Aussage des US-Präsidenten. Dadurch würden die Aussichten auf bessere Beziehungen geschmälert, zitierte die Nachrichtenagentur Tass einen Kreml-Sprecher.

Zu einem möglichen Strategiewechsel Russlands in der Ukraine sagte Biden, er sei "nicht sicher", dass sie diesen vollzogen hätten. Der russische Vize-Generalstabschef Sergej Rudskoj hatte am Freitag erklärt, die Armee werde sich künftig auf die "Befreiung" der Donbass-Region in der Ostukraine konzentrieren.

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Die ersten bei dem Militäreinsatz in der Ukraine gesetzten Ziele seien erreicht und die "ukrainischen Kampfeinheiten in bedeutendem Umfang reduziert worden", sagte Rudskoj. Damit könne die Armee künftig "den Großteil ihrer Anstrengungen auf das Hauptziel richten: die Befreiung des Donbass".

Der Donbass ist bereits jetzt zu Teilen in der Hand pro-russischer Milizen. Das erklärte Kriegsziel des Kreml lautete bisher, die gesamte Ukraine zu "entnazifizieren", Staatschef Wolodymyr Selenskyj zu stürzen und die ukrainischen Streitkräfte zu zerschlagen.

Im Zentrum der Ukraine wurde die Kommandozentrale der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzja durch sechs russische Marschflugkörper stark beschädigt. Das ukrainische Militär meldete aber auch bedeutende Geländegewinne unter anderem in der Hauptstadtregion Kiew.

Laut Pentagon startete die ukrainische Armee zudem eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt Cherson. Auf dem Flughafen von Tschornobajiwka in der Region Cherson wurde nach ukrainischen Angaben ein russischer General getötet. Westlichen Sicherheitskreisen zufolge starben bereits sieben russische Generäle im Ukraine-Krieg.

Zur Evakuierung der hart umkämpften ostukrainischen Stadt Mariupol kündigten Frankreich, Griechenland und die Türkei eine gemeinsame Initiative an. Die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Ljudmyla Denisowa warf der russischen Armee vor, an ihren Kontrollpunkten einen Konvoi mit verletzten Kindern aus Mariupol aufzuhalten. (dpa/AFP)

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