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Der letzte US-Soldat, der Afghanistan verlässt: Chris Donahue

© Reuters/XVIII Airborne Corps/Handout

Update

Abzug einer Weltmacht: US-Truppen haben Afghanistan vollständig verlassen

Der längste Militäreinsatz der USA ist nach fast 20 Jahren beendet. Der Rückzug der Truppen aus Afghanistan war geprägt von Gewalt und Terror.

Die Tore haben sich geschlossen. Die Vereinigten Staaten haben ihre Evakuierungsmission aus Afghanistan und damit ihren längsten Kriegseinsatz beendet. Bereits am Montagmorgen hieß es in amerikanischen Medienberichten, die Eingangstore zum Kabuler Flughafen, wo immer noch viele Menschen darauf warteten, einem Evakuierungsflug zugeteilt zu werden, seien weitgehend verriegelt. Am Nachmittag (Ortszeit) verkündete das Pentagon dann, die letzte Maschine habe Kabul verlassen.

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„Ich bin hier, um die Vollendung unseres Abzugs aus Afghanistan zu verkünden“, sagte US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führte, in einer Videoschalte mit Journalisten im Pentagon. Damit ende auch die militärische Mission zur Evakuierung von Amerikanern, Verbündeten und schutzsuchenden Afghanen. Allerdings habe man nicht alle evakuieren können, die man hatte evakuieren wollen.

Das letzte US-Militärflugzeug habe eine Minute vor Mitternacht Ortszeit vom Kabuler Flughafen abgehoben. US-Präsident Joe Biden hatte diesen Dienstag als Stichtag für den US-Truppenabzug gesetzt.

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Biden kündigt Rede für Dienstag an

In einer Mitteilung wenig später dankte der US-Präsident den Kommandeuren und den Soldaten, die bis zuletzt ausgeharrt hatten. „Unsere 20-jährige Militärpräsenz in Afghanistan ist nun zu Ende“, schrieb er.

Am Dienstagnachmittag um 13.30 Uhr (Ortszeit) will er sich an das amerikanische Volk wenden, um zu erklären, warum er den Einsatz nicht verlängert habe. Das Ende der Evakuierungsmission sei im Einverständnis mit der militärischen Führung durchgeführt worden, betonte Biden in seiner Mitteilung.

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In den vorangegangen Stunden wurden hauptsächlich nur noch diejenigen ausgeflogen, die sich bereits auf dem Flughafengelände befanden. Mit den letzten Militärmaschinen sollten vor allem US-Soldaten und Diplomaten das Land verlassen.

Zehntausende, die darauf gehofft hatte, der Taliban-Herrschaft zu entkommen, bleiben nun zurück, darunter offenbar auch mehrere hundert Amerikaner und viele, die eine Greencard oder andere Ausweispapiere besitzen. Zwar haben die Taliban sich bereiterklärt, auch nach dem 31. August Ausländer und Afghanen mit den entsprechenden Reisedokumenten ziehen zu lassen. Auch der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, betonte am Wochenende, man sei überzeugt, genügend Einflussmöglichkeiten auf die Taliban zu haben, um diese zur Einhaltung ihrer Zusagen zu bewegen.

Was wird aus dem Flughafen in Kabul?

Aber zu diesem Zeitpunkt kann wohl kaum einer vorhersagen, wie sich die nächsten Wochen entwickeln werden, wenn die Taliban nun auch die Kontrolle über den Hamid-Karsai-Flughafen haben. Den endgültigen Abzug der Amerikaner feierten die Islamisten mit Freudenschüssen. Ob und wie der Betrieb ab dem 1. September weitergehen kann, ist völlig unklar.

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Wie gefährlich die letzten Stunden des amerikanischen Einsatzes waren, zeigte ein Raketenangriff auf den Flughafen am Montag, zu dem sich der regionale Ableger der Terrorgruppe IS bekannte. Die mindestens fünf Geschosse konnten von einem Raketenabwehrsystem am Flughafen unschädlich gemacht werden. Kurz darauf zerstörte eine US-Drohne ein Auto, von dem aus die Raketen vermutlich abgeschossen worden waren.

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Bereits am Sonntag hatten die Amerikaner nach eigenen Angaben einen Selbstmordattentäter in einem Wagen getötet, der im Auftrag des IS einen Anschlag auf den Flughafen vorbereitet haben soll. Auf Fernsehbildern war das ausgebombte Fahrzeug mit den Überresten der Sprengstoffvorrichtungen zu sehen.

Zehn Afghanen sollen bei US-Drohnenangriff gestorben sein

Bei dem Drohnenangriff soll es amerikanischen Medienberichten zufolge auch zehn zivile Opfer gegeben haben, die alle einer Großfamilie angehörten, darunter sollen sieben Kinder sein. Die US-Regierung erklärte, dies werde geprüft, man bedauere, wenn es zu zivilen Opfern gekommen sei.

Für die Amerikaner stand in diesen letzten Stunden der Schutz ihrer Einheiten an oberster Stelle. Zwar wurden weiterhin Zivilisten ausgeflogen, aber zuletzt deutlich weniger als in den Tagen zuvor.

So wurden in den 24 Stunden zwischen dem frühen Sonntag- und dem frühen Montagmorgen rund 1200 Menschen außer Landes gebracht. Seit dem Start der Mission am 14. August – einen Tag, bevor die Taliban Kabul einnahmen – seien damit insgesamt rund 116.700 Amerikaner, Angehörige alliierter Staaten und gefährdete Afghanen evakuiert worden, erklärte das Weiße Haus. Seit Ende Juli seien es 122.300 Menschen.

Alleine steht der US-Präsident vor den Särgen

Für Präsident Biden waren diese letzten Stunden des amerikanischen Militäreinsatzes eine sehr schwierige Phase. Nach dem Angriff des IS am Abbey Gate des Kabuler Flughafens, bei dem 13 US-Soldaten und mehr als 170 Zivilisten starben, hatte der Druck auf ihn noch einmal zugenommen. Am Sonntag flog er zusammen mit First Lady Jill Biden nach Dover im Bundesstaat Delaware, um der Ankunft der getöteten Soldaten beizuwohnen.

Ganz alleine begab er sich da in den Frachtraum der Transportmaschine, in dem die 13 in amerikanische Flaggen gehüllten Särge aufgebahrt waren, und betete – als Oberbefehlshaber trägt er die Last der Verantwortung, so die Botschaft. Anschließend traf das Präsidentenpaar mit dem Familien der Gefallenen zusammen.

Die Republikaner verstärken ihre Attacken

Die Opposition verschärft derweil ihre Attacken auf den demokratischen Präsidenten. Der republikanische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, erklärte am Sonntag in einem Schreiben an seine Fraktion, aus dem US-Medien zitierten, Biden sei bereit, Amerikaner und Alliierte zurückzulassen, denen man konkrete Zusagen gemacht habe. Das sei nicht die erfahrene Führung, die Biden den Amerikanern versprochen habe.

Tatsächlich hatte Biden zugesagt, alle Amerikaner und alle afghanischen Ortskräfte, die bei dem Einsatz geholfen hätten und das Land verlassen wollten, zu evakuieren. Für viele tausend, die nun vor geschlossenen Toren stehen, ist das ein gebrochenes Versprechen.

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