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Die bisher als Berliner "Tatort"-Kommissare agierenden Fahnder Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinoviv) treten ab.

© dpa

Wechsel beim Berliner Team: Unser neuer „Tatort“-Kommissar muss cool sein

Passend zur Stadt: Der neue „Tatort“-Kommissar muss det janze Berlin in sich aufnehmen. Mögen die übrigen „Tatorte“ Sozialarbeiter mit Schießkenntnissen präferieren – Berlin verdient die ganz coole Sau. Jetzt muss sich „Einsatz in Manhattan“ auf „Einsatz in Marzahn“ reimen.

Die Stadt hat jetzt die Zeit dafür. Die S-Bahn ist noch nicht vom Winter überrascht, gerade wurden Plätze und Straßen für einen Tag gesäubert und selbst die Frage, ob BER jemals öffnen wird, kann das Lächeln nicht aus dem Gesicht des Regierenden Bürgermeisters wischen.

Ja, Berlin hat Zeit und Muße. Deswegen muss dieser Frage alle Konzentration gelten: Wer soll Berlin im Reigen der „Tatort“-Kommissare vertreten? Die agierenden Fahnder Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinoviv) treten ab, der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) will 2015 neue Kräfte in das Räuber- und-Gendarm-Spiel schicken.

Der RBB ist da unerfahren. Ritter und Stark stammen noch aus der Zeit des seligen Sender Freies Berlin. Sie sind mehr quadratisch als praktisch gut. Also: Der RBB braucht jede Hilfe, die er bekommen kann. Beim Casting, beim Profil des obersten Fernsehrepräsentanten der Stadt. Der Kommissar muss det janze Berlin in sich aufnehmen, zugleich ist jede Verwechslungsgefahr mit den schon 21 agierenden „Tatort“-Teams im ARD-Verbund verboten.

Schwierig, oder? Vielleicht glückt die Suche übers Ausschlussverfahren. Der Berliner ist nach Art und Statur Hysteriker. Regt sich über alles und den Erstbesten auf. Aber diese Persönlichkeit ist längst vergeben: mit Peter Faber (Jörg Hartmann) in Dortmund. In Saarbrücken stolpert der Chaot Jens Stellbrink durch die Fälle, in Frankfurt spricht Ermittler Felix Murot mit „Lilly“, seinem Gehirntumor.

In Köln sind die zwei Gutmenschen von der Wursttheke – Max Ballauf und Freddy Schenk – um die bemitleidenswerten Motive der Täter bemüht, Münster fällt ganz raus, da machen Frank Thiel und Professor Karl-Friedrich Boerne Kasperletheater statt Krimi. Ludwigshafen? Lena Odenthal ermittelt mit viel Empörung und ohne Humor, München bietet mit Ivo Batic und Franz Leitmayr zwei Grauköpfe, die sich bald in „Wir sind zwei Derricks“ verwandeln.

Schon jetzt ist klar: Der „Tatort“ aus Berlin darf nicht kopieren, stand alone muss die Devise sein, groß und großkotzig. Wir sind die Hauptstadt, wir sind die einzige Metropole Deutschlands, und was wir nicht draufhaben, das wird auch nicht gebraucht. So denkt New York! Zwar sieht Berlin nicht nach „Big Apple“ aus, sondern wie eine über die Hüfte verrutschte Taille, trotzdem sind wir im Herzen Hudsonianer.

Mögen die übrigen „Tatorte“ Sozialarbeiter mit Schießkenntnissen präferieren – Berlin verdient die ganz coole Sau. In München, Hamburg, Köln, Leipzig geht das nicht, die Städte sind zu überschaubar, die Menschen zu kleindimensioniert, zu bausparkassenhaft, zu sehr Schafe im Wolfspelz.

Es gibt ein Vorbild für den Mann in den Schluchten der großen Stadt: „Kojak“. Der packte am Tatort den Lolli ins Maul, die Hände im Hipster-Mantel vergraben, das flotte Hütchen auf der Telly-Savalas-Glatze war mit einem Zebrasteifen verziert. Kojak sagte nur: „Entzückend“, dann ließ er seine Mannschaft um den Block laufen. Irrsinniger Coolness-Faktor. Jetzt muss sich „Einsatz in Manhattan“ auf „Einsatz in Marzahn“ reimen. Und Kasupke auf Kojak.

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