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Bernd Matthies.

© Mike Wolff

Bernd Matthies: Salz in der Nase, Kopf auf dem Tisch

"Tequila Suicide": Bernd Matthies über Mitarbeiter einer Versicherungsgruppe, die Salz durch die Nase ziehen.

Schöne Woche, wieder was gelernt. Zum Beispiel, worum es sich bei einem „Tequila Suicide“ handelt. Nämlich um ein sogenanntes Trinkspiel. Es geht so: Der Spieler stellt die Zutaten – Salz, Zitrone, Tequila – im Halbkreis vor sich auf. Dann zieht er das Salz direkt vom Handrücken oder per Banknote in die Nase, kippt den Schnaps, träufelt sich den Saft der Zitrone in die Augen und haut dann den Kopf dreimal auf den Tisch. Im Internet kursiert ein kurzes Filmchen, in dem uns ein alter Schwede mit Pferdeschwanz das fachgerechte Vorgehen zeigt; er führt sich exakt so irre auf, wie die Beschreibung vermuten lässt.

Warum ich das erzähle? Es hat mit jener verblichenen Versicherung zu tun, die Insider gern „Humbug-Mülleimer“ nannten. Sie hat ja posthum gerade wegen der Budapester Sexsause Schlagzeilen gemacht, aber den Kollegen von der „Bild“-Zeitung ist dann anschließend noch was aufgefallen: Fotos, auf denen Mitarbeiter der besagten Versicherung weißes Pulver durch Geldscheine in die Nase ziehen. Kokain? Nein, erklärte die nun zuständige Ergo-Versicherungsgruppe eilfertig, das war nur Salz.

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Soll man darüber erleichtert sein? Ich bin’s nicht. Ich möchte nicht, dass erfolgreiche Versicherungsvertreter, also Stützen der Marktwirtschaft, an Prozeduren teilnehmen, die so geistesgestört sind, dass man sie nicht mal in der „Bild“-Redaktion kennt. Bitte: Wir Journalisten haben einen miesen Ruf, aber verglichen mit dem, was sich in der Assekuranz-Branche so zu tun scheint, sind wir Engel reinsten Wassers.

Allein schon dieses seltsame Belohnungswesen! Offenbar wechselt jeder Top-Versicherungsverkäufer, der von seinen Bossen nicht alljährlich mit Helikopter-Rafting in der Antarktis verwöhnt wird, ohne Zögern zur Konkurrenz, die dann gleich noch eine Woche Komasaufen in Schottland drauflegt. Geld spielt keine Rolle, denn zahlen tun die ahnungslosen Kunden, die nicht merken, dass neben der offen deklarierten Versicherungssteuer auch noch eine heimliche Puffpauschale anfällt.

Nicht, dass wir Arbeiter im Steinbruch der Presse eine keusche Belohnungsreise, sagen wir: in die Niederlausitz, ablehnen würden. Aber dann würde die Zeitung zehn Euro kosten und nur noch so unregelmäßig erscheinen wie Herr Kaiser von der Humbug- Mülleimer. Und was den Tequila- Selbstmord angeht, bitte, das ist nun wirklich vollkommen absurd. Zumindest das Kopf-auf-den-Tisch-Hauen sollte unbedingt unterbleiben.

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