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Der ehemalige Flughafen Tempelhof: Eines der größten Gebäude der Welt und jede Menge renovierungsbedürftige Fläche.

© imago / Frank Sorge

Zwei Hangars, eine „Kunsthalle“: Was wird aus dem Flughafen Tempelhof?

Mangelnde Vision und kaum Ziele: Künstler diskutieren über die Zukunft am ehemaligen Flughafen. Wird noch Expertise gebraucht?

In Tempelhof ist eine Kunsthalle gelandet. Für die Berliner Politik ist das nicht überraschend, sie hat es ja entschieden; für viele andere aber schon.

Und so wirbelt das vom Kulturmanager Walter Smerling und dessen Bonner Verein initiierte private Kunsthallen-Ufo mächtig Staub auf. Seit Wochen rufen Berliner Künstler:innen im Netz zum Boykott auf.

„Kunsthalle?“ Was ist da eigentlich passiert, fragte der Berufsverband Bildender Künstler:innen Berlin (bbk berlin) in einer Diskussion, die am Freitag im Flutgraben stattfand. Die hämischen Töne aus dem Netz hört man hier zum Glück nicht. Es geht im Grunde schon kaum noch um Walter Smerling und um die dusselige Namenswahl „Kunsthalle“, die eine jahrzehntelange Berliner Debatte mit sich zieht.

Was tun mit einer sanierungsbedürftigen Riesenimmobilie?

Es geht darum, dass solche Dinge in Berlin immer wieder passieren: Politiker treffen Entscheidungen und beziehen die Stadtgesellschaft nicht ein. Ja, man könnte sagen, die Politik ist überfordert. Mit dieser Stadt und ihrem Erbe. Mit deren tollen, aber maroden Immobilien. Mit großen Gestaltungsaufgaben. Was wird aus dem ICC, das seit acht Jahren leer steht? Was soll aus Tempelhof werden?
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Fragt man bei der Tempelhof Projekt GmbH nach, die im Auftrag Berlins die sieben Hangars und die riesigen Büroflächen verwaltet, heißt es: Der Flughafen Tempelhof soll „vor allem ein Ort der Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft“ werden. Die Leitlinien dafür sind in der „Strategie 2030+“ zusammengefasst. Für die Hangars 1–4 ist eine „temporäre Nutzung im Sinne des Standortprofils“ vorgesehen. In den Hangars 5–7 sollen „dauerhafte kulturelle und Mediennutzungen etabliert werden“. Das Alliierten-Museum soll einziehen, nicht vor 2030, die Deutsche Film- und Fernsehakademie nicht vor 2028. Aber auch das: Die Hangars müssen in den nächsten fünf bis 15 Jahren immer wieder „für diverse Ertüchtigungs- oder sonstige Bauarbeiten frei gehalten werden“. Eine gewaltige Herausforderung.

Mangelnde Verbindung zwischen Senat und den Kreativen der Stadt

Die Künstlerin Daniela Brahm, die das denkmalgeschützte Ex-Rotaprint-Gelände in Wedding zum gemeinnützigen Modellprojekt ausgebaut hat, brachte es am Freitag gut auf den Punkt: Berlin schaffe es nicht, dem Flughafen Tempelhof eine neue Vision einzuhauchen. Wenn der Koalitionsvertrag nur Ziele wie „Bestandsnutzung sichern“ und „Zwischennutzung erlauben“ formuliere, sei der politische Auftrag zu schwach und ebenso schwach auch die Verwaltung. In diese Lücke stießen Geschäftsleute oder eben Kulturstrippenzieher wie Smerling, der Sponsorengeld mitbringt.

Die Künstler:innen sagen, die Stadt, verstehe nicht, was sie brauchen. Berlin nutzt das Potenzial und das Wissen der vielen Künstler, die hier leben, nicht. Ähnliches wurde vor zehn Jahren schon mal von der Initiative „Haben und Brauchen“ formuliert. Damals stieß der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit mit seiner Ad-hoc-Initiative für eine Kunsthalle und einer vorgeschalteten Leistungsschau die Szene vor den Kopf.

Seitdem ist zwar einiges passiert, runde Tische, Gremien, Austausch. Hoffnungsvolle Projekte wie das Haus der Statistik am Alexanderplatz, in dem Künstler sich die Teilhabe erkämpft haben. Aber das Grundproblem ist unverändert. Der Stadtentwicklung fehlt es an Kriterien. Und bevor gar nichts passiert, trifft lieber einer der Chefs eine Entscheidung.

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