zum Hauptinhalt
Jafar Panahi, hier auf einem Bild von 2010, gewann 2015 den Goldenen Bären mit "Taxi Teheran".

© AFP/Atta Kenare

Update

Verschärfte Repressionen im Iran: Auch Filmemacher Jafar Panahi festgenommen

Nach dem Berlinale-Gewinner Mohammad Rasoulof hat die Verhaftungswelle nun auch Goldbären-Gewinner Jafar Panahi erreicht. Beobachtern zufolge verschärft sich die Lage im Iran .

Er wollte sich mit seinen Kollegen solidarisch erklären und wurde nun selbst festgenommen: Der iranische Filmregisseur und Berlinale-Gewinner Jafar Panahi wurde am Montag abgeführt, als er sich bei Staatsanwaltschaft nach seinen bereits am vergangenen Freitag festgenommenen Kollegen Mohammad Rasoulof und Mostafa Aleahmad erkundigen wollte. So teilte es etwa die Nachrichtenagentur Mehr mit. Die genauen Umstände von Panahis Festnahme sind unklar, eine offizielle Bestätigung der Medienberichte gibt es nicht.

Der mehrfach auf internationalen Festivals ausgezeichnete Filmemacher hatte in der Vergangenheit trotz Arbeitsverbot im Iran und Ausreisesperre mehrere Filme realisiert. Sein Film „Taxi Teheran“ wurde 2015 bei den Filmfestspielen in Berlin mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

Am Wochenende waren im Iran mit dem Berlinale-Gewinner Mohammad Rasoulof und Mostafa Aleahmad bereits zwei prominente Regisseure aus ihren Wohnungen ins Gefängnis gebracht. Rasoulof hatte 2020 mit "Es gibt kein Böses" den Goldenen Bären gewonnen, er wurde ins berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis gebracht und dort verhört.

Die beiden sollen mit einem Aufruf gegen Gewalt die öffentliche Ordnung gefährdet und dabei auch mit Regimegegnern zusammengearbeitet haben, so der Vorwurf und Vorwand der iranischen Justizbehörde.

Rasoulofs Anwälten zufolge machten die Behörden bei ihm auch das rechtskräftige Urteil einer einjährigen Haftstrafe von 2019 geltend, die er bisher nicht antreten musste, unter anderem wegen der hohen Corona-Gefahr in den iranischen Gefängnissen. Das Leitungsduo der Berlinale, Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, hatten gegen die Verhaftung protestiert.

Panahi hate sich mit seinen festgenommenen Kollegen solidarisiert

Hintergrund des von mehr als 70 Filmschaffenden unterzeichneten Appells ist der Einsturz einer Einkaufspassage in der südwestiranischen Stadt Abadan mit mehr als 40 Todesopfern im Mai. Proteste wurden daraufhin von Polizei und Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt. Unter dem Hashtag „Put your gun down“ (Legt eure Waffe nieder) hatten die Filmschaffenden ein Ende der Polizeigewalt gefordert.

Mohammad Rasoulof, Berlinale-Gewinner von 2020, war am vergangenen Freitag festgenommen worden.
Mohammad Rasoulof, Berlinale-Gewinner von 2020, war am vergangenen Freitag festgenommen worden.

© AFP/Rafa Rivas

Jafar Panahi, Regisseur von gefeierten Filmen wie "Offside", "Dies ist kein Film" und "Closed Curtain", hatte sich nach eigenen Angaben mit mehreren Hundert Filmschaffenden im Internet nach der Festnahme am Wochenende mit Rasoulof und Aleahmad solidarisiert. Ähnlich wie Rasoulof lässt er sich trotz Zensur den Mund nicht verbieten und hört nicht auf, Filme zu schaffen. Beide, Panahi und Rasoulof, waren 2010 verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, die sie bis heute nicht antreten mussten.

Die jüngsten Verhaftungen von prominenten Regimekritikern, zu denen auch die erneute Festnahme des bekannten, schon in früheren Jahren inhaftierten Reformpolitikers Mostafa Tajzadeh am 9. Juli gehört, seien Teil eines harten Durchgreifens der iranischen Behörden nach friedlichen Protesten, schreibt Human Rights Watch. „Unfähig oder unwillig, sich den vielen ernstlichen Herausforderungen zu stellen, mit denen der Iran sich konfrontiert sieht, greift die Regierung auf den repressiven Reflex zurück, bekannte Kritiker festzunehmen“, sagte der Iran-Experte der Menschenrechtsorganisation, Tara Sepehri Far. Er spricht von einer „zynischen“ Reaktion auf die offenbar wieder verstärkte öffentliche Empörung im Iran über das vielfältige Versagen der Regierung.

Cannes und die Berlinale protestieren scharf

In letzter Zeit hatte der internationale Ruhm etwa von Panahi und Rasoulof immer wieder schützende Wirkung. Man kann nur darüber spekulieren, warum die Behörden nun allen internationalen Mahnungen und Protesten zum Trotz wieder unerbittlich gegen die regimekritischen Filmemacher vorgehen. Vielleicht setzen sie darauf, dass sich angesichts der zahlreichen aktuellen Krisen die Aufmerksamkeit weniger auf den Iran richtet als sonst.

Das Filmfestival Cannes forderte nun die sofortige Freilassung der drei Regisseure. In einer Mitteilung hieß es, man verurteile die Festnahme sowie die Welle der Repression gegen Künstler im Iran scharf. Auch die Festivalleitung der Berlinale meldete sich erneut zu Wort. Mit Trauer und Entrüstung hätten sie von der Festnahme eines weiteren iranischen Filmemachers erfahren, so die Festivalleitung. Als Kritiker des iranischen Regimes leide Panahi seit Jahren unter Repressalien.

„Die Verhaftung von Jafar Panahi ist ein weiterer Verstoß gegen die Meinungsfreiheit und Freiheit der Kunst“, schreiben Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian. Auch sie fordern die iranischen Behörden auf, die inhaftierten Filmemacher umgehend auf freien Fuß zu setzen. (mit dpa/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false