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Jimmie Durham 2012 in seinem Atelier in Berlin-Schöneberg.

© Kai-Uwe Heinrich

Mit 81 Jahren: Der Künstler Jimmie Durham ist gestorben

Er war ein ewig Reisender und auch in Berlin zu Hause: der Bildhauer und Schriftsteller Jimmie Durham ist im Alter von 81 Jahren gestorben.

Erstmals in der Kunstwelt bekannt wurde Jimmie Durham mit Skulpturen, die aus Steinen und Tierschädeln, Hölzern, Federn und Knochen bestanden und die auf ironische, humorvolle, manchmal auch explizite Art mit europäischen Klischees über „indianische Kunst“ spielten. „Pocahontas’ Underwear“ heißt eine dieser Arbeiten, die Unterwäsche von Pocahontas.

Jimmie Durham, 1940 als Cherokee in Arkansas in den USA geboren, lebte seit 1994 in Europa. Er gilt als passionierter Reisender, wohnte in Dublin, Marseille, Rom, Neapel oder Berlin. Seit seinem DAAD-Stipendium Mitte der Neunziger ist er immer ein wenig Berliner geblieben, hatte mit seiner Frau Maria Thereza Alves ein Standbein in der Stadt.

Am gestrigen Mittwochabend informierte unter anderem seine langjährige Berliner Galerie Barbara Wien darüber, dass der Künstler, Schriftsteller, Aktivist und Essayist am Mittwoch in den frühen Morgenstunden im Schlaf gestorben ist. Er war 81 Jahre alt. Von verschiedenen medizinischen Beschwerden ist in dem kurzen Statement die Rede.

Kämpfer für die Rechte indigener Völker

In den 1970er Jahren war Durham Mitbegründer und Vorsitzender des International Indian Treaty Council bei der UNO. Er setzte sich für die Rechte indigener Völker ein. Seine Arbeit führte zur „Declaration on the Rights of Indigenous Peoples“, der Deklaration der Rechte Indigener Völker. Später gab es einen Streit darüber, ob Durham selbst wirklich Cherokee sei, Vertreter der Cherokee in den USA bemängelten, dass ihm die offizielle Registrierung fehle.

Durham begann seine Karriere als Perfomer und Dichter in New York, wechselte in den 1980er Jahren zur skulpturalen Arbeit. Er gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Künstler, er hatte zahlreiche Ausstellungen, nahm sechsmal an der Venedig Biennale teil. 2012 wurde er einem großen Publikum unter anderem durch seinen Documenta-Beitrag bekannt. Der Korbiniansapfelbaum, den er 2011 schon im Vorfeld der großen Weltkunstausstellung zusammen mit Documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev in der Karlsaue von Kassel pflanzte, wurde zum Herzstück der Schau.

Die seltene Sorte Korbiniansapfel war von einem Häftling im Konzentrationslager Dachau gezüchtet worden – als Saat des Lebens, die den Naziterror überstand. 2012 hatten Vandalen diesen besonderen Baum zerstört. Die Documenta pflanzte nach.

Im selben Jahr bildete Jimmie Durhams Assemblage „Building A Nation“ das Entree zu Kasper Königs Abschiedsausstellung im Kölner Museum Ludwig. 2015 zeigte Jimmie Durham die Einzelausstellung „Here at the Center“ im Neuen Berliner Kunstverein in Mitte, bei der er Reisefundstücke in Szene setzte. 2017 hatte er seine erste große Retrospektive in amerikanischen Museen.

In den vergangenen Jahren erhielt der vielseitige Künstler eine wichtige Auszeichnung nach der anderen. 2016 den Goslarer Kaiserring, einer der wichtigsten Kunstpreise Deutschlands, 2017 den Robert Rauschenberg Award und auf der 58. Venedig Biennale  wurde er 2019 mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

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