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Asozial erfolgreich. K.I.Z formierte sich 2000 in Berlin und besteht aus Tarek, Nico und Maxim (von links). Am Freitag erscheint ihr sechstes Album „Rap über Hass“.

© Philipp Gladsome

K.I.Z. im Interview: „Wir sind der Batman der linken Szene“

„Rap über Hass“ heißt das neue Album der Berliner Rap-Crew K.I.Z. Ein Gespräch über die AfD, Sehnsucht nach Beef und Ironie als Waffe.

Die Berliner Rap-Crew K.I.Z gibt es seit 2000. Sie besteht aus Tarek, Nico und Maxim. Was die Abkürzung bedeutet, weiß niemand so genau. Das Trio bezeichnet sich wahlweise als Kannibalen in Zivil oder Klosterschüler im Zölibat. Einst rappten sie „Wir sind radiotauglich, du Hurensohn!“ und sind es durch „Hurra die Welt geht unter“ 2015 tatsächlich geworden.

Ihr sechstes Album „Rap über Hass“ (Vertigo Berlin) erscheint an diesem Freitag. Darauf setzen K.I.Z wieder zu einem humorvollen Rundumschlag an – inklusive provokanter Texte und starken Übertreibungen.

Maxim, Tarek und Nico, die ersten Worte auf Ihrem Album „Rap über Hass“ gehören dem AfD-Politiker Bernd Baumann, der K.I.Z-Texte im Bundestag zitiert und als deutschland- und christenfeindlich bezeichnet. Haben Sie je auf einer größeren Bühne stattgefunden?
MAXIM: Ja, wir haben bei „Rock am Ring“ vor 80.000 Menschen „Ich bin Adolf Hitler“ performt, als im Backstage die Red Hot Chili Peppers warteten. Dagegen ist der Bundestag nichts. Wir haben der Rede die Bühne verschafft.

TAREK: Ja, man sollte eher fragen, wann Bernd Baumann jemals auf so einer großen Bühne stattgefunden hat.

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Hat sich Herr Baumann dafür bedankt?
MAXIM: Immer noch nicht. Ich erwarte einen Präsentkorb mit Kuckucksuhr und Schwarzwälder Schinken.

Hätten Sie damit gerechnet, dass sich die AfD um Hassbotschaften sorgt?
NICO: Es ist witzig, dass Faschos sich auf Political Correctness berufen und Angst haben, dass wir mit unseren Texten die Jugend verderben könnten, während diese Partei Hass schürt, wo sie nur kann.

TAREK: Sie haben uns benutzt, um Stimmung gegen das „Wir sind mehr“-Konzert 2018 in Chemnitz zu machen. Jetzt benutzen wir Bernd Baumann als Intro.

MAXIM: Mithilfe unserer Texte wollte die AfD Spießer, Bürgerliche und alle, die potenziell auf ihrer Seite stehen könnten, gegen diese Veranstaltung aufwiegeln. Dafür haben sie sich uns und Feine Sahne Fischfilet herausgesucht, die im Verfassungsschutzbericht stehen.

NICO: Obwohl die AfD selbst im Verfassungsschutzbericht auftaucht.

Was ist der Unterschied zwischen dem Hass in Ihren Texten und dem der AfD?
MAXIM: Das ist genau das Gleiche. Wir sind die AfD. (lacht) Da ist ja schon der Fehler in der damaligen „Bild“-Schlagzeile („27 Minuten Hass auf Veranstaltung gegen Hass“, Anm. d. Red.). Erst mal jeden, der etwas zu meckern hat, unter Hass zu subsumieren. Manche hassen Zigarettenqualm, manche hassen Sport, manche hassen Juden. Der Inhalt macht aber einen wesentlichen Unterschied. Es ist ein Fehler an sich, jedem, der wütend ist, Hass zu unterstellen.

Sehen Sie das Problem, dass jemand, der wütend ist, schnell nichts mehr zu einer Debatte beitragen darf?
MAXIM: Ja, total. Dadurch schließt man erst mal jeden aus, der Probleme hat. Übrig bleiben nur die Zufriedenen. Wenn man denkt, jemand redet Scheiße, sollte man diese Scheiße aufzeigen. Wenn die AfD Ausländer hasst, muss man diesen Gedankenfehler auseinandernehmen und nicht sagen, die hassen halt und tschüss.

Tarek, Sie deuten in einem Musikvideo an, Alice Weidel, Alexander Gauland und Björn Höcke umzubringen. Ist da nicht eine Grenze überschritten?
TAREK: Ich habe sie nicht umgebracht, sie leben ja noch. Dass die Personen im Video ähnlich aussehen, ist Zufall. Ich habe einfach 40 000 Euro in die Hand genommen und einen kleinen Karate-Film gedreht, angelehnt an „Kill Bill“.

MAXIM: Wir waren immer traurig, dass wir in der Rapszene ein bisschen außen vor sind und nie an richtigem Beef teilnehmen. Es ist doch interessanter, mit ausgewiesenen Arschlöchern Streit anzufangen.

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Eine Frage auf Ihrer Pressekonferenz lautete: Wie groß ist die Angst vor einer Canceling-Debatte und hat dieser Gedanke Sie im Schreibprozess beeinflusst?
MAXIM: Wir sitzen fest im Sattel, weil wir coole Typen sind. Wenn ein Arschloch einen Spruch raushaut, könnte er sich einbilden, deshalb gecancelt zu werden. Es liegt aber wahrscheinlich eher daran, dass das Gesagte der Ausdruck von etwas ist, was dieser Mensch die ganze Zeit verkörpert. Wenn ein AfDler wegen eines rassistischen Wortes gecancelt wird, dann hat das damit zu tun, dass er in einer rassistischen Partei ist.

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Und weil Sie coole Typen sind, dürfen Sie sagen, was Sie wollen?
MAXIM: Das können wir nicht entscheiden. Wir nehmen uns das Recht heraus. Wir sind der Batman der linken Szene, verrichten das notwendige Übel und nehmen in Kauf, schlecht dazustehen. Aber in vielen Jahren werden die Leute verstehen, dass wir nur für sie gekämpft haben.

Wie sieht dieser Kampf aus?
MAXIM: Wir trauen uns, auch die Bösen zu sein. Das ist das große Opfer, das wir bringen. Wir trauen uns, ohne die weiße Rüstung und die Bewunderung ins Feld zu ziehen. Wir machen uns die Hände schmutzig.

Ihr Album strotzt vor Ironie und Sarkasmus. Es finden sich aber auch Formulierungen wie „Gewalt ist keine Lösung und das soll sie auch nicht sein“ oder „Ich bin kein Sexist. Ich ficke euch alle“. Braucht es das, damit man K.I.Z richtig versteht?
TAREK: „Ich bin kein Sexist. Ich ficke euch alle“ ist in erster Linie eine schmissige Bridge. Sie wird nicht dafür sorgen, dass Leute uns nicht mehr scheiße finden. Wir müssen auch nicht die Band sein, auf die sich alle einigen können.

MAXIM: Es ist interessanter, durch unsere Texte bei Menschen ein Unwohlsein auszulösen. Ich bezweifle, dass es dafür von links Applaus geben wird.

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Sie machen es sich aber auch leicht mit der Ironie. Nachher kann man immer sagen, man habe es eigentlich ganz anders gemeint. Einige Schauspieler haben damit zuletzt ziemlich ins Klo gegriffen.
MAXIM: Wir haben uns nie auf Satire berufen. Satire ist immer eine Aussage und dazu eine, die jeder Idiot durchschauen kann. Das ist wie ein Typ, der seine Alte betrügt und sagt: Oh, tut mir leid, dass du mich erwischt hast. „Das war satirisch gemeint“ wird gerne als Rechtfertigungsgrund herangezogen. Da kommt ein Jan-Josef Liefers, redet fünf Minuten und sagt nicht, was er will, sondern nur, dass er irgendwie zweifeln möchte. Da kommt nur Grütze raus.

Ist die Wut in 15 Jahren zwischen dem Debüt „Das RapDeutschlandKettensägenMassaker“ und heute die gleiche?
NICO: Ich schreie wie vor 15 Jahren immer noch jeden Morgen Fahrradfahrer an. Wahrscheinlich bin ich eher wütender geworden, weil ich mich mehr mit Politik auseinandergesetzt habe.

MAXIM: Ich war früher wütend, weil ich nicht auf den großen Partys und in der Community dabei sein durfte. Ich habe mich gefragt, warum mich nicht alle lieben und wir nicht Milliarden Platten verkaufen. Und jetzt, wo es so ist, ist es mir egal. Ich muss nicht mehr dabei sein.

Kann es denn sinnvoll sein zu hassen?
MAXIM: Eigentlich nicht. Hass ist ja erst mal überhaupt nicht konstruktiv. Wenn man sagt, man hasst jemanden, reißt man jede Brücke ein. Bei Nazis kann das sinnvoll sein. Wir sind aber nicht mit dem Gedanken ins Studio gegangen: Heute wird mal richtig geil gehasst. Die Frage, ob das nun produktiv verwertbar ist, stelle ich mir nicht.

Beim Splash-Festival wurden Sie 2017 in Särgen von der Bühne getragen. Gab es Überlegungen, K.I.Z zu begraben?
NICO: K.I.Z werden wir immer machen.

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Sie rappen auf dem Album die Line „Fick deine Mutter Rap seit 20 Jahren“ – wird man dafür nicht irgendwann zu alt?
TAREK: Ich finde es cool, wenn jemand wie Charles Bukowski auch im hohen Alter noch so richtig schön asozial ist.

NICO: Es gibt nur ein kurzes Zeitfenster, in dem man Hass-Rap machen darf.

MAXIM: Aber das kennt niemand.

Durch Ihr letztes Album „Hurra die Welt geht unter“ ist K.I.Z radiotauglich geworden. Das ZDF-Kulturmagazin „Aspekte“ sendete einen Beitrag über Sie. Hat sich Ihr Publikum verändert?
TAREK: Wir hatten unsere größte Tour und plötzlich junge Mädels im Publikum. Mittlerweile holen wir verschiedene Generationen ab.

Mitte Februar soll die Tour zu „Rap über Hass“ starten. Bei welchem neuen Song wird es die meisten Verletzten geben?
NICO: „VIP in der Psychiatrie“ und „Was ist los“ werden sich da die Waage halten.

MAXIM: Wenn jemand das Album scheiße finden sollte, verspreche ich, dass es live auf jeden Fall das beste Album der Welt ist. Das Emotionale von Live-Auftritten fehlte uns natürlich. Wir wollen angefasst werden. Wir brauchen sehr viel Aufmerksamkeit und Liebe.

NICO: Wir sind wie drei Tulpen.

Lukas Wittland

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