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Lichtgestalt. Die Musikerin, Aktivistin und Malerin Joan Baez kam am 9. Januar 1941 in New York zur Welt.

© Sebastian Silva/dpa

Joan Baez wird 80: Eine Lichtgestalt in der zynischen Popwelt

Die Folksängerin Joan Baez schreibt seit den 1960ern nicht nur großartige Musik, sie kämpft auch für Minderheiten. An diesem Samstag wird sie 80 Jahre alt.

Die Pandemie fegt über das Riesenland, in jeder Minute sterben in den USA zwei Menschen, und in der Hauptstadt schaut die Polizei zu, wie ein von Trump aufgehetzter Mob das Kapitol besetzt. Aus den Tagen des Protests gegen den Vietnam-Krieg kennt sie es anders. Da saß Joan Baez einige Wochen im Gefängnis.

1963 war sie beim March on Washington dabei und sang mit ihrem glockenhellen Sopran „We Shall Overcome“. Der Tag wurde berühmt durch Martin Luther Kings Rede „I Have a Dream“.

Zu der Zeit unternahm Joan Baez eine Tournee durch die Südstaaten und trat ausschließlich an den Universitäten für schwarze Bürger auf, die damals um ihre Rechte kämpften. Das müssen sie heute noch, und wenn Joan Baez an diesem Samstag ihren 80. Geburtstag feiert, dann hallt so vieles wider, wofür sie sich einsetzte und wogegen sie aufstand. Veraltet ist da leider wenig.

Man kann sie nur als Lichtgestalt betrachten. Als vitalen Beweis, dass Adorno irrte, als er in einmal in seiner traurigen Ignoranz Pop-Musik und politisches Engagement für unvereinbar erklärte. Joan Baez, geboren in New York als Tochter eines Physikers, der seinen Job in der Rüstungsindustrie aufgab, weil er diese Arbeit moralisch nicht vertreten konnte, hat in ihrer Stimme, ihrer Aura eine unerbittliche Sanftheit.

Sie richtete sich gegen den Irak-Krieg und die Todesstrafe. Joan Baez hat die US-amerikanische Sektion von Amnety International mitbegründet, tritt für LGBT-Rechte und Naturschutz ein. In der von Zynismus geprägten Musikwelt wirkt sie beinahe wie eine Heilige. Sie deshalb zu belächeln, ist meist Ausdruck von Verlegenheit.

Baez lebte und musizierte mit Bob Dylan

Ihr größter musikalischer Erfolg war 1975 das Album „Diamonds & Rust“. Der Titelsong dreht sich um ihre Beziehung zu Bob Dylan, mit dem sie in den Sechzigern zusammen war. Sie war schon eine Größe in der Folk-Szene, als der unsichere Typ aus Minnesota in Greenwich Village mit seiner Gitarre auftauchte. Sie baute ihn auf, half ihm – die klassische, schmerzhafte Frauenrolle.

In D. A. Pennebakers Dokumentarfilm „Don’t Look Back“ über Dylans England-Tour von 1965 kann man die Arschigkeit des Genies und die Hingabe der Künstlerin studieren. Dylan und Baez im Duett waren großartig. Und wenn man Dylans „Sad Eyed Lady Of The Lowlands“ in ihrer Version hört, lassen sich die Tränen der Bewegung und Bewunderung kaum zurückhalten.

Auf ihrer Abschiedstournee 2018 sang sie in der Zitadelle Spandau Dylans „Don’t Think Twice, It’s Alright“ und „The Times They Are A-Changing“. Man will Joan Baez ja nicht immer nur mit dem schwierigen Partner aus alten Zeiten in Verbindung bringen. Aber er taucht immer wieder auf in ihrem Repertoire. In die Rock and Roll Hall of Fame wurde sie 2017 aufgenommen.

Zu ihrem Geburtstag eröffnet Joan Baez jetzt in einer kalifornischen Galerie eine Ausstellung mit realistischen Porträts. Da trifft man auf die künftige Vizepräsidentin Kamala Harris, den Corona-Bekämpfer Anthony Fauci, Greta Thunberg, Vaclav Havel, Nelson Mandela, Ruth Bader Ginsberg, Michael Moore und eben den jungen Bob.

Es sind Menschen, die zum Vorbild wurden wie Colin Kaepernick, Quarterback der San Francisco 49ers: Bei der Nationalhymne kniete er, um ein Zeichen gegen Polizeigewalt und die Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung zu setzen. Sich selbst malt die Musikerin und Bürgerrechtlerin als nachdenkliche, dunkelhaarige Latino-Schönheit. Ihr Großvater stammte aus Mexiko. Er trat aus der katholischen Kirche aus und wurde methodistischer Pastor. Weigerung und Protest, Engagement und Predigt liegen in der Familie.

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