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Dialog der Generationen. Gamedesigner Yaar und seine Großmutter Rina.

© Schramm Matthes Film

Doku „Endlich Tacheles!“ im Kino: Die Shoah als Game? Eine jüdische Familie streitet darüber

Die Großmutter hat die Shoah überlebt. Der Enkel will sie zum Computerspiel machen. Ihr Konflikt wird in der Doku „Endlich Tacheles!“ zum Dialog der Generationen.

Ein an die Familiengeschichte angelehntes „provokantes“ Computerspiel aus einem polnischen Ghetto des Zweiten Weltkriegs? Mutter Jasmin sieht man an, dass sie die Idee nicht lustig findet. Ihr Sohn Yaar schon. Er möchte die Juden endlich aus der Opferperspektive rücken, deshalb soll man in dem Game „Als Gott schlief“ gleichberechtigt zwischen der Perspektive eines ihren Bruder hütenden jüdischen Mädchens und eines skrupulösen SS-Manns wechseln können.

Vorbild für die Kinder sollen Yaars Großmutter Rina, Shoah-Überlebende in Israel, und ihr von den Deutschen ermordeter kleiner Bruder Roman sein. Der SS-Mann ist der Familiengeschichte seines Kumpels Marcel entnommen, der wie Yaar eine Vorbei-ist-vorbei-Haltung propagiert. Dritte im Bund ist Yaars Freundin Sarah.

Das Trio aus Berlin mietet eine leerstehende alte Villa in Krakau, um sich atmosphärisch inspirieren zu lassen und mit Postern Figuren und Plot auf den Weg zu bringen. Ein Film-im-Film-Setting, das die Filmemacherinnen Jana Matthew und Andrea Schramm als locker hingetupfte Rahmung für eine andere Geschichte nehmen. Die handelt von einem jungen, in Jerusalem geborenen und mit seiner Identität hadernden Juden in Deutschland und dem schwierigen Verhältnis zu seinem Vater, der einst von Israel nach Berlin ging.

Yaar ist zu Beginn des Films ein noch fast kindlicher junger Mann, der lieber anderen Vorwürfe macht, als eigene Vorstellungen zu relativieren. Da passt es, dass noch beim Start der Projektarbeit in Krakau wild über mögliche Motivationen der fiktiven Protagonist:innen spekuliert wird, statt einfach zu recherchieren. Offenbar betonen die Filmemacherinnen die Torheit der jungen Männer, um ein Gefälle für den anschließenden Bildungsroman zu schaffen. Die beiden erfahrenen Regisseurinnen steuern die Inszenierung meist mit unsichtbarer starker Hand.

Sie mischen sich aber auch direkt ins Geschehen ein, als sie aus dem Off darauf hinweisen, dass es die historische Faktenlage nicht gestatte, einen SS-Mann zu idealisieren und als Opfer darzustellen. Eine Kritik, die das ganze Spielprojekt in Frage stellen könnte und erste Differenzen zwischen Yaar und Marcel andeutet.

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Yaars Besuche bei Oma Rina mit langen Gesprächen über die Vergangenheit geben dem Film seine narrativen Rhythmus und der Familiengeschichte eine nüchtern erzählte, aber hoch emotionale Basis. Weitere Bewegung gibt es, als auch Yaars Vater Elisier in Krakau eintrifft, der Herkunftsstadt der Familie.

Die Konfrontation mit dem realen Ort reaktiviert Elisiers Traumata und offenbart dunkle Familiengeheimnisse. Und Yaar erkennt langsam, dass das Vergangene doch etwas mit ihm zu tun haben könnte. Nur Marcel gerät am Ende fast unbemerkt aus dem Fokus. Dabei wäre die Botschaft von „Endlich Tacheles!“ gerade für Jungs wie ihn wichtig.

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