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Wie schön die Düsternis sein kann: Caspar David Friedrichs „Felsenriff am Meeresstrand“, um 1824

© Städel Museum Frankfurt/Museum der bildenden Künste Leipzig

Caspar David Friedrich in Leipzig: Immer noch Sturm

Vorbotin der Umstrukturierung: Die Ausstellung "Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker" im Museum der bildenden Künste in Leipzig.

Es heißt, Caspar David Friedrich habe das Gebiet der damals noch gar nicht existenten DDR nie verlassen. Anders als viele andere Maler*innen zog es ihn beispielsweise nicht nach Italien, um Landschaften zu malen. Er blieb in Dresden, Greifswald und Leipzig und entwarf seine eigene Version der Realität.

In Leipzig stieß er auf den Kunstsammler Freiherr Maximilian Speck von Sternburg, dem das Museum der bildenden Künste (MdbK) einen Großteil seiner Werke verdankt und der zu den wenigen frühen Unterstützern des Romantikers gehört.

Während sich Betrachtende heutzutage in den „Kreidefelsen auf Rügen“ oder den „Lebensstufen“ mit ihrer feinen Komposition und den traumhaften Himmeln verlieren können, wurden die Gemälde zu Lebzeiten des Malers sogar von Goethe als trist abgetan. Goethe bezichtigte Friedrich der „Vernachlässigung der Kunstregeln“.

Auch die Kunstkritik war nicht gnädiger, so dass die figürlichere Düsseldorfer Malerschule Caspar David Friedrich den Rang ablief und dieser in Vergessenheit geriet. Erst durch den norwegischen Kunsthistoriker Andreas Aubert wurde Friedrich wiederentdeckt.

Die entlaubte Eiche aus Oslo ist auch zu sehen

Fein kuratiert von Bettina Baumgärtel (Kunstpalast Düsseldorf) und Jan Nicolaisen (MdbK) stellt die Leipziger Ausstellung (bis 9.1.2022, Katharinenstraße 10, Katalog 38 €.) Friedrichs Traumlandschaften den romantischen Werken der Düsseldorfer Malerschule gegenüber.

Während man den „Wanderer über dem Nebelmeer“ und den „Mönch am Meer“ vergeblich sucht, finden sich neben den „Lebensstufen“ kleine Perlen, etwa eine detailreiche Zeichnung einer entlaubten Eiche aus Oslo, in der Nicolaisen die Wiederentdeckung Friedrichs gespiegelt sieht. Eindrucksvoll wirkt auch die Parallelität von Andreas Achenbachs großformatigem „Ein Seesturm an der norwegischen Küste“ mit Friedrichs viel kleinerem, ruhigerem „Felsenriff am Meeresstrand“.

Das MdbK, so der Eindruck nach einem ersten Rundgang, soll wieder zum klassischen Kunstmuseum werden. Nachdem Alfred Weidinger das Museum im März 2020 verfrüht verlassen hatte, ist seit Anfang 2021 Stefan Weppelmann neuer Direktor. Diese Entscheidung sorgte für viel Verwunderung. Erwartet worden war eher Weppelmanns Rückkehr zur Gemäldegalerie in Berlin, und auch dem MdbK hätte es gutgetan, wenn eine Frau die Leitung des Museums übertragen worden wäre.

Mehr junge Kunst aus Leipzig

Die Ausstellung „Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker“ ist eine Vorbotin des bevorstehenden Strukturwandel im MdbK. Er wolle nicht alles umwerfen, was sein Vorgänger angeschoben hat, betont Stefan Weppelmann im Gespräch. Doch ändern werde sich trotzdem einiges.

Der Fokus soll auf der eigenen Sammlung liegen, man wolle mehr Fotografie und Grafik zeigen sowie junge Kunst aus Leipzig. Die Stadt besitzt mit der Hochschule für Buchkunst und Grafik (HGB) schließlich eine renommierte Nachwuchsschmiede. Die Sonderausstellung werden nicht mehr so häufig ein- und ausziehen, wie noch unter Alfred Weidinger, der das Museum wieder ins Bewusstsein der Kunstwelt gebracht hat und alle paar Monate für Entdeckungen sorgte.

Geändert wird zudem die zukünftige Platzierung. Zuletzt fand die erste größere Ausstellung unter Weppelmann mit Arbeiten von Andreas Gursky noch im dritten Stock statt. Nun, erklärt der neue Direktor, konzentriere man sich auf die Räume im Untergeschoss, die von den Architekten extra für Sonderausstellungen konzipiert worden seien.

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Ein Verdienst Weidingers war die Ausstellung „Point of No Return“. Sie stellte die ostdeutsche Kunst wieder in den Fokus und fand viel Beachtung. Bisher gab es nur vereinzelte Werkschauen zur Leipziger Schule. „Wir können nicht dauernd Neo Rauch beräumen, wenn wir in Leipzig sind“, begründet Weppelmann die Entscheidung, die 1300 Quadratmeter des dritten Stockwerks dauerhaft der Leipziger Schule zu widmen.

„Was uns in Leipzig ausmacht, ist die Malerei", so Weppelmann.

Dass das Museum als städtischer Eigenbetrieb nicht weitermachen kann wie bisher, ist nicht zuletzt eine Frage des Geldes. Auch die Umstrukturierung kostet – doch sie arbeitet auch auf etwas anderes hin als bloß verborgene Leipziger Schätze zu zeigen.

Im Rahmen der „Museumskonzeption 2030“ sollen die Dauerausstellungen der vier Städtischen Museen bis 2023 gratis zugänglich sein. Dafür müssen die Dauer- von den Sonderausstellungen klar zu trennen sein, und das lässt sich bei den Romantikern schon gut sehen.

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