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Blick auf den Eingang des Landgerichts Kassel mit dem Schriftzug "Justizbehörden".

© dpa/Swen Pförtner

Nach fehlerhaft dosierten Medikamenten: Falsche Narkoseärztin in Kasseler Mordprozess zu lebenslanger Haft verurteilt

Eine Frau gab sich mit gefälschten Unterlagen in einem Krankenhaus als Anästhesistin aus. Nun wurde sie wegen dreifachen Mordes schuldig gesprochen.

Das Landgericht Kassel hat eine falsche Narkoseärztin wegen dreifachen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Die Richter sprachen die 51-Jährige am Mittwoch zudem des versuchten Mordes in zehn Fällen sowie zahlreicher weiterer Delikte wie der gefährlichen Körperverletzung und Urkundenfälschung schuldig, wie ein Gerichtssprecher sagte. Die Kammer stellte außerdem die besondere Schwere der Schuld fest.

Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren weitestgehend ausgeschlossen. Die Frau gab sich den Feststellungen des Gerichts zufolge über gefälschte Unterlagen in einem Krankenhaus im Schwalm-Eder-Kreis als Anästhesistin aus, obwohl sie keine Ausbildung dafür hatte. In dem Krankenhaus war sie zwischen November 2015 und August 2018 in verschiedenen Abteilungen eingesetzt. Bis Ende Oktober 2017 war sie dort Assistenzärztin in der Anästhesie.

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Bei den Narkosen soll es unter anderem durch die fehlerhafte Dosierung der Medikamente in mehreren Fällen zu Behandlungsfehlern gekommen sein. In drei hätten diese zum Tod der Patienten geführt. Dies habe die 51-Jährige billigend in Kauf genommen. Sie soll den Patienten laut Anklage "aus eigensüchtigen Motiven" falsch dosierte Medikamente verabreicht haben.

Die Frau nutzte dem Sprecher zufolge das sogenannte letzte Wort, um ihre Reue und ihr Bedauern zu bekunden. Sie habe sich aber im Prozess nicht zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen geäußert. Die Kammer kam laut Sprecher der Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer lebenslanger Strafe nach. Die Verteidigung hatte hingegen für eine mehrjährige Haftstrafe plädiert.

Ärztekammer äußerte Zweifel über Urkunde der Frau

Die 51-Jährige wurde auch wegen zahlreicher weiterer Gesetzesverstöße, unter anderem des Betrugs mit Urkunden sowie Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen, verurteilt. So war der Fall laut Gerichtssprecher dadurch ins Rollen gekommen, dass ein Mitarbeiter der Ärztekammer Schleswig-Holsteins Zweifel an einer Urkunde der Frau äußerte.

Die Angeklagte habe dann ihre Anstellung in einer schleswig-holsteinischen Klinik - dort war sie zwischen September und Dezember 2018 tätig - gekündigt und sich wegen Urkundenfälschung selbst angezeigt. Dies habe die Staatsanwaltschaft zum Anlass genommen, auch ihre vorherige Tätigkeit bei der hessischen Klinik näher zu untersuchen, sagte der Sprecher.

In dem im Januar vergangenen Jahres begonnen Prozess wurden eine Vielzahl von Zeugen aus der Klinik, aus dem Umfeld der Angeklagten sowie Patienten des Krankenhauses vernommen. Gegenstand des Verfahrens waren zudem zahlreiche medizinische Gutachten. In dem Fall wurde seit Januar 2019 ermittelt.

Der Fall erinnert in Teilen an den Krankenpfleger Niels Högel, der wegen der Tötung von insgesamt 91 Intensivpatienten in zwei Krankenhäusern in Niedersachsen eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes verbüßt. Er verabreichte zwischen 2000 und 2005 massenhaft Patienten eigenmächtig Medikamente, um lebensbedrohliche Zustände auszulösen und sie anschließend wiederzubeleben. Viele Opfer starben dabei. (AFP)

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