zum Hauptinhalt
Menschengemachte Probleme. Der asiatische Markt für Elfenbein hat drastische Folgen für die Tiere.

© Imago/imagebroker

Die letzten ihrer Art: Afrikanische Waldelefanten sind vom Aussterben bedroht

Die Zahl Afrikanischer Waldelefanten hat in den letzten drei Jahrzehnten um 86 Prozent abgenommen. Dabei stehen ihm die größten Gefahren wohl sogar noch bevor.

Sie wirken wie die Hofnarren ihrer majestätischen Verwandtschaft. Afrikanische Waldelefanten sind fast um die Hälfte kleiner als ihre tonnenschweren Angehörigen, die durch Afrikas Savannenlandschaften ziehen: Sie haben recht gerade Stoßzähne und kleinere Ohren, in ihrem Fall rund und nicht wie die Umrisse des afrikanischen Kontinents geformt. Ihre gedrungene Gestalt lässt sie putziger als die massigen Savannentiere der „Loxodonta africana“ erscheinen. Doch der Schein trügt: Ihr Schicksal ist noch tragischer als das ihrer mächtigen Verwandten.

Die Internationale Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) hat die Waldelefanten jetzt erstmals auf die „rote Liste“ der „akut vom Aussterben bedrohten“ Arten gesetzt – nur noch eine Stufe vom Exitus entfernt. In den vergangenen drei Jahrzehnten habe die Gesamtzahl der „Loxodonta cyclotis“ um 86 Prozent abgenommen, schlagen die Tierschützer Alarm. Die Tiere bevölkern nur noch ein Viertel der afrikanischen Waldgebiete, in denen sie einst heimisch waren. Vor allem in Westafrika seien die drolligen Dickhäuter weitgehend ausgerottet – in größerer Zahl sind sie lediglich noch in Gabun und der Republik Kongo zu finden.

Lange wurden Waldelefanten nicht als eigene Art angesehen, obwohl alle Indizien dafür sprachen. Schon vor sechs Millionen Jahren entwickelten sie sich – ebenso wie Mammut und indischer Elefant – vom Ur-Elefanten fort. Auch Naturschützer betrachteten den Afrikanischen Elefanten und seinen kleineren Angehörigen stets zusammen. Das sollte ihren Schutz einfacher machen, trug in Wahrheit allerdings zur Verschleierung ihres tragischen Schicksals bei. Die vier Meter hohen Tiere in den Savannen galten bislang nicht einmal als „gefährdet“: Sie wurden auf der roten Liste lediglich als „verletzlich“ geführt.

Auch Savannen-Elefanten werden als "gefährdet" eingestuft

Erstmals stuft die IUCN jetzt auch die Savannen-Elefanten als „gefährdet“ ein: Auch ihre Zahl soll sich in den vergangenen 50 Jahren um 60 Prozent verringert haben. Insgesamt leben in Afrika heute noch rund 415.000 Elefanten. Vor einem halben Jahrhundert sollen es noch 1,5 Millionen gewesen sein. „Das ist ein wirklich starker Rückgang“, sagte Benson Okita-Ouma von der Organisation Save the Elephants. Es handele sich um einen „Weckruf an die gesamte Welt“.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Verantwortlich für den drastischen Fall ist nach Auffassung von Fachleuten vor allem die Wilderei, die vor Jahren wieder stark zugenommen hat. Der Boom wird auf die zunehmende Nachfrage von Elfenbein in China zurückgeführt: Dort gelten aus Elfenbein hergestellte Kunst- und Gebrauchsgegenstände als Prestigeobjekte. Zwischen 2008 und 2012 schossen Wilderer allein in Tansania und Mosambik rund 100.000 Savannen-Elefanten ab: In Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo sollen in den vergangenen 15 Jahren neun von zehn Waldelefanten getötet worden sein.

Und ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen. Vor zwei Jahren seien 42,5 Tonnen Elfenbein beschlagnahmt worden, meldet die Naturschutzorganisation Pro Wildlife: 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Weil höchstens zehn Prozent der illegal gehandelten Stoßzähne aufgegriffen werden, sei davon auszugehen, dass jährlich mindestens 30.000 Elefanten der Wilderei zum Opfer fallen, rechnet Pro-Wildlife-Sprecherin Daniela Freyer vor.

Der Klimawandel hat Folgen für die Afrikanischen Waldelefanten

Die Stoßzähne des kleineren Waldelefanten sind unter Elfenbeinhändlern besonders geschätzt: Das rosa schimmernde Material ist härter und lässt sich besser zu filigranen Figuren verarbeiten. Von Nachteil gereicht den Waldelefanten zudem, dass sie ihren Lebensraum, den Urwald, oft mit Rebellenorganisationen teilen, die aus den Gewinnen des Elfenbeinschmuggels Waffenkäufe tätigen.

Hinzu kommt außerdem, dass Elefanten weite Lebensräume benötigen, die die wachsende afrikanische Bevölkerung ihnen immer mehr nimmt. Nur im südlichen Afrika wurden bislang große länderübergreifende Naturschutzgebiete wie der „Kavango Sambesi Park“ zwischen Simbabwe, Botswana, Sambia, Namibia und Angola geschaffen: Dort hat sich die Zahl der Savannen-Elefanten inzwischen stabilisiert. Den Waldelefanten hingegen steht die schlimmste Bedrohung womöglich erst noch bevor. Nach Angaben Lee Whites, des Umweltministers von Gabun, hat die Klimaerwärmung messbare Auswirkungen auf die Fruchtproduktion von Urwaldbäumen: Diese sei in Gabuns „Lope National Park“ in den vergangenen drei Jahrzehnten um über 80 Prozent gesunken. Die hungernden Waldelefanten verließen immer häufiger den Urwald, um sich woanders nach etwas Essbarem umzusehen – und geraten dort in Konflikt mit den Menschen, die sich von den Dickhäutern bedroht fühlten.

Wer sich eine Welt – wie er selbst – nicht ohne Elefanten vorstellen könne, müsse jetzt etwas tun, appelliert Lee White im britischen „Guardian“: „Die Zukunft sowohl des Savannen- wie des Waldelefanten wird in den Herzen der Menschen in Afrika und im Rest der Welt entschieden.“ Mut machen laut dem IUCN-Bericht Schutzmaßnahmen etwa in Gabun und der Demokratischen Republik Kongo. „Mehrere afrikanische Länder sind in den vergangenen Jahren vorangegangen und haben bewiesen, dass wir den Trend umkehren können“, sagte IUCN-Chef Bruno Oberle. (mit AFP)

Johannes Dieterich

Zur Startseite