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Längst nicht mehr Usus: Warten auf die „Tagesschau“, pünktlich um 20 Uhr.

© dpa

Zwischen den Zielgruppen: Hat das lineare Fernsehen noch eine Zukunft?

Mehr Inhalte bei Youtube & Co., weniger feste Programmplätze und Sorge um Anspruch und Profil. Ein verschärfter Blick auf die Strategien von ARD, ZDF & Co.

Der Wegfall von festen Programmplätzen für Literaturkritik im WDR-3-Radio, die reduzierte Ausstrahlung des bis dahin wöchentlich laufenden NDR-Medienmagazins „Zapp“, mit Verweisen auf andere Ausspielwege, die Verschiebung des ZDF-Kultur-Klassikers „Aspekte“ in Richtung Mitternacht – drei Beispiele, die belegen, welche Bedeutung lineares Fernsehen und Radio neben Youtube, Facebook, Podcast & Co. noch zu haben scheinen, und die auch eine Diskussion darüber in Gang halten, wie wichtig, Stichwort Sichtbarkeit im Programm, öffentlich-rechtlichen Sendern der Bildungsauftrag ist.

Beispiel „Zapp“. Aus Sicht des NDR ist die Sache mit einer Pressemitteilung vor ein paar Tagen klar. Das Medienmagazin baue sein Online- und Social-Media-Angebot aus. Seit Januar „sind wir mit Berichten und Reportagen aus der Welt der Medien verstärkt auf NDR.de, in der ARD Mediathek, auf dem YouTube Kanal und sozialen Netzwerken präsent.“ Ausgewählte Netzbeiträge seien im „Zapp“-Magazin zu sehen, das an jedem dritten Mittwoch im Monat läuft.

Die Redaktion von „Zapp“ gehe verstärkt dahin, wo die Menschen heute zuverlässige Information erwarten, ins Netz und in die Sozialen Medien, teilte Andreas Cichowicz, Chefredakteur NDR Fernsehen, mit. In diese Richtung erklärte sich auch Matthias Kremin, Programmchef der Kulturwelle WDR 3, dem Tagesspiegel, nachdem sich zuletzt der Eindruck verdichtete, die Literaturkritik bei WDR 3 würde eingestellt. „Wir wollen Literatur in WDR 3 zeitgemäß vermitteln, immer mit der Perspektive, das Publikum noch besser als bisher mit Rezensionen und kritischen Debatten auch im nonlinearen Bereich zu erreichen.“

"Unsere Aufgabe besteht darin, auch anderen Altersgruppen Medieninhalte zu vermitteln.“

Abgesehen von der Frage, ob Menschen im Netz und den Sozialen Medien immer auch zuverlässige Informationen erwarten (da hat nicht nur der Trumpismus Anderes gelehrt) – man kann das Eine tun und das Andere nicht sein lassen. Gegen vorzeitiges Anbieten von TV-Filmen in Mediatheken ist nichts einzuwenden, ob alle, auch ältere Zuschauer diese (Ausspiel-)Wege jedoch mitgehen, sei dahin gestellt.

Sicher, lineares Fernsehen verliert mehr und mehr Zuschauer. Zeitversetzter Medienkonsum und Streaming boomen. Die Abrufe der „Aspekte“-Sendungen in der Mediathek hätten sich mit der verschobenen Sendezeit seit November 2020 laut ZDF mehr als verdoppelt (was wenig über die Qualität des Kulturmagazins aussagt). Aber es muss ja zwischen 5 Uhr 30 und Mitternacht bei WDR/NDR/ZDF etc. weiter lineares Programm gebracht werden. Gerne mit Kultur, Literatur- und Medienkritik.

Das ist schwer vorstellbar, wenn sich der Trend fortsetzt. Lineares Fernsehen werde noch auf Jahre hinaus eine starke Rolle spielen, sagt Andreas Cichowicz dem Tagesspiegel. „Auch bei ,Zapp‘. Allerdings erreichen wir linear überwiegend ein älteres Publikum ab 63. Und das mit einer aufwändigen Live-Sendung aus einem Studio. Unsere Aufgabe besteht aber darin, auch anderen Altersgruppen, vor allem jüngeren Menschen, Medieninhalte zu vermitteln.“ Dies gelinge vor allem im Netz, auf anderen Plattformen.

Dass das lineare Fernsehen nicht ganz out of time ist, zeigt – Amazon Prime Video. Laut Amazon-Sprecher Michael Ostermeier hat der Streamingdienst bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) eine Rundfunklizenz für „Prime Video Live“ beantragt – um rechtlich sicherzustellen, dass Prime Video Sportübertragungen live zeigen kann, wie die Champions League ab Herbst 2021. Lineare Programme werde es bei Amazon Prime nicht geben. Das muss es dort ja auch nicht.

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