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Okay, "Verstehen Sie Spaß?" mit Guido Cantz ist vielleicht keine Perle der öffentlich-rechtlichen Spaßkultur.

© dpa

Unterhaltung bei den Öffis: Kommt jetzt die Lach-Polizei?

Entertainment soll nur noch eine nachrangige Programm-Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen sein. Das ist keine gute Idee. Ein Kommentar.

Deutschland hat Probleme. Aber nicht genug, wie es scheint. Also muss ein weiteres her. Im Entwurf der Rundfunkkommission für die künftigen Aufgaben von Deutschlandradio, ARD und ZDF steht: „Die öffentlich-rechtlichen Angebote haben (im Schwerpunkt) der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen. Unterhaltung, die einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entspricht, ist Teil des Auftrags.“

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Kommt diese Reform, ist Unterhaltung bald ein nachgeordnetes Programm im Portfolio der Öffis. Schon regt sich Protest, so von ZDF-Chef Thomas Bellut: „Quizshows vermitteln Wissen. TV-Filme thematisieren gesellschaftspolitische Fragen. Auch Comedy und Satire vermitteln Informationen. Unterhaltung muss deshalb ein elementarer Baustein unseres Auftrags bleiben.“

Die RBB-Intendantin und künftige ARD-Vorsitzende, Patricia Schlesinger, betonte, diese Formulierung im Auftrag könnte dazu führen, dass künftig Dritte vor Gericht Unterhaltungsangebote auf ihr öffentlich-rechtliches Profil überprüfen lassen möchten. Aus ihrer Sicht bedeutet das eine deutliche Einschränkung für die Unterhaltungsformate.

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Auch bei der Finanzierung könnte die modifizierte Schichtung des Auftrages dazu führen, dass Kultur, Bildung, Information und Beratung vorrangig zu finanzieren sind und Unterhaltung nachrangig.

Misstrauen gegenüber den Öffis

In dem Ansinnen der Rundfunkkommission steckt zunächst ein gerüttelt Maß an Misstrauen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Grundlagen und Werte zu wenig pflegen. Gerade die Pandemie hat ja gezeigt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer in vermehrter Zahl zu den einschlägigen Informations- und Beratungsangeboten greifen. Und es stimmt schon, dass Kultur und Bildung zu gerne in Nebenkanäle und Nachtzeiten abgeschoben werden, damit sie das angestrebte Quotenziel nicht „ruinieren“.

In diesen Sektoren lässt sich manches verbessern, kein Zweifel, und doch ist die wesentliche Frage nicht beantwortet: Was ist die Unterhaltung, die dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entspricht? Sicherlich gibt es die Demarkationslinie zu Doofheit und Dumpfbackentum: Der Z-Promi in seinem Hier- und Nichtsein darf wie das „Dschungelcamp“ als Attraktions- und Distinktionsmerkmal der kommerziellen Anbieter fortbestehen.

Gemeinsames Trauern, kein gemeinsames Lachen

Zu wissen, was nicht sein soll, heißt nicht gleichzeitig, dass man weiß, was sein soll. Es gehört zu den Grunderfahrungen der Menschen, dass sie sehr viel mehr darin übereinstimmen, worüber sie gemeinsam trauern, als darüber, worüber sie gemeinem lachen. Unterhaltung ist individualistisch. Die „heute-show“ als Krönung, „In aller Freundschaft“ als Tiefpunkt, das Dauerquiz als Resignation mangelnden Einfallsreichtums.

Es sollte vornehmste Aufgabe und alleinige Anstrengung der öffentlich-rechtlichen Programm-Macher bleiben, ihre Unterhaltung zu quantifizieren und zu qualifizieren. Das Publikum stimmt ganz unsentimental mit der Fernbedienung ab. Eine Unterhaltungs-Polizei wird nicht gebraucht, die Gefahr, dass sich das Publikum mit ARD, ZDF und Deutschlandradio zu Tode amüsiert, existiert akut nicht.

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