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Vor dem Hintergrund des Entführungsfalls Jakob von Metzler: Kommissar Peter Nadler (Bjarne Mädel, rechts) und seine Kollegin Lansky (Katharina Schlothauer) suchen nach einem Entführungsopfer.

© Stephan Rabold/ ARD Degeto/Moovie

„Ferdinand von Schirach: Feinde“ als TV-Experiment: Die meisten Zuschauer wählen Perspektive des Kommissars

In „Ferdinand von Schirach: Feinde“ haben die Zuschauer mit der Fernbedienung ein Votum abgegeben. Wie aussagekräftig ist diese Perspektivwahl?

Das Publikum hat entschieden. Beim TV-Experiment „Feinde“ von Ferdinand von Schirach schalteten die meisten Zuschauer das Erste ein und wählten damit die Perspektive von Kommissar Peter Nadler (Bjarne Mädel). 7,95 Millionen Zuschauer sahen am Sonntagabend „Ferdinand von Schirach: Feinde – Gegen die Zeit“ im Ersten ab 20 Uhr 15.

Den Film „Feinde – Das Geständnis“, in dem der gleiche Fall aus der Perspektive von Strafverteidiger Konrad Biegler (Klaus Maria Brandauer) erzählt wurde, lief zeitgleich in den Dritten Programmen und auf One. Dort wurden rund 2,5 Millionen Zuschauer gemessen, wie die ARD am Montagmorgen mitteilte.

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Die Frage, auf die mit diesem in der 70-jährigen Geschichte der ARD einmaligen Versuch eine Antwort gefunden werden sollte, lautete: Ist Folter ein moralisch und juristisch zulässiges Mittel der Polizeiarbeit, um das Leben eines entführten Kindes zu retten? Hintergrund ist die Entführung des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler im Jahr 2002 durch Magnus Gäfgen. Nachdem ihm von der Polizei mit Folter gedroht wurde, gab er das Versteck bekannt. Dort konnte allerdings nur noch die Leiche des Jungen gefunden werden.

In der Publikumsabstimmung unterlegen: Strafverteidiger Biegler (Klaus Maria Brandauer). Seine Perspektive zu "Ferdinand von Schirach: Feinde" lief in den Dritten und auf One, kam allerdings auf deutlich weniger Zuschauer als die im Ersten gezeigte Perspektive von Kommissar Nadler (Bjarne Mädel).
In der Publikumsabstimmung unterlegen: Strafverteidiger Biegler (Klaus Maria Brandauer). Seine Perspektive zu "Ferdinand von Schirach: Feinde" lief in den Dritten und auf One, kam allerdings auf deutlich weniger Zuschauer als die im Ersten gezeigte Perspektive von Kommissar Nadler (Bjarne Mädel).

© MDR/ARD Degeto/Stephan Rabold

„Hinter dem dramatischen Kriminalfall steckt eine nicht leicht zu beantwortende, ethische Frage von gesellschaftlicher Relevanz. Wir wissen jetzt, für welche Perspektive sich das Publikum entschieden hat und was passiert, wenn die ARD an einem Abend ihre gesamte Fernsehpower einsetzt. Ein gelungenes TV-Event!“, wertete ARD-Programmchef Volker Herres dieses mit der Fernbedienung ermittelte Ergebnis.

Die Perspektive des Publikums

„Ein einzigartiges Fernsehereignis in der ARD-Geschichte. Der Erfolg von ‚Feinde‘ ist ein Ansporn für uns, weiterhin kreative und auch neue Wege in der öffentlich-rechtlichen Fernsehunterhaltung zu gehen“, ergänzte Degeto-Geschäftsführerin Christine Strobl, die im Frühjahr Herres auf dem Posten des Programmchefs folgt.

Doch wie aussagekräftig ist dieser Publikumsentscheid tatsächlich? Zunächst einmal muss der Programmplatz berücksichtigt werden. In der ARD lief die Perspektive des Ermittlers zur quotenstarken „Tatort“-Sendezeit. Dort werden in der Regel zwischen sieben und zehn Millionen Zuschauer gemessen, in der Spitze sogar über 14 Millionen.

[Die beiden Fassungen können bis zum 3. April in der ARD-Mediathek angesehen werden]

Den „Tatort: Der feine Geist“ mit Nora Tschirner und Christian Ulmen sahen am Neujahrstag 8,9 Millionen Zuschauer. Mit 7,95 Millionen Zuschauern kann das Ergebnis für „Gegen die Zeit“ somit durchaus als eine gewisse Tendenz gewertet werden.

Dafür spricht auch, dass das Verhalten des stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner seinerzeit mit Verständnis bis hin zu Sympathien begleitet wurde. Der anschließende Prozess gegen ihn und den mitangeklagten Kommissar endete mit einer Verwarnungen und Geldstrafen. Die Zuschauerzahlen von Sonntag dürften das zum Teil wiedergeben.

Die deutlich geringeren Zahlen in den Dritten und One fallen aus Quotensicht hingegen weniger aus dem Rahmen. Weitere Schlüsse sollten darum daraus nicht gezogen werden, zumal die juristische Bewertung eindeutig ist. Eine umgekehrte Programmierung – Biegler im Ersten, Nadler in den Dritten und One – wäre ohnehin viel aussagekräftiger gewesen.

Zu späterer Stunde konnten die Zuschauer die jeweils andere Fassung anschauen. Davon machten 4,8 Millionen Zuschauer Gebrauch, so dass dieses TV-Event auf insgesamt 15,3 Millionen Zuschauer kommt.

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