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Satiriker Helmut Schleich mimt einen schwarzen Diktator.

© Tsp

„Künstlerische Freiheit ist ein hohes Gut“: BR sorgt mit „Blackfacing“-Satire für Empörung

Im „SchleichFernsehen“ des Bayerischen Rundfunks malt sich Satiriker Helmut Schleich das Gesicht schwarz an. Der Sender verteidigt den Beitrag.

Es macht den Betrachter einigermaßen fassungslos. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat es wieder einmal geschafft, sich unter Rassismus-Verdacht zu stellen. Konkret geht es um die Satiresendung "SchleichFernsehen" des Bayerischen Rundfunks (BR).

In der Ausgabe vom Donnerstag spielt der Satiriker Helmut Schleich einen schwarzen Despoten, der Deutschland Tipps im Umgang mit der Coronapandemie gibt. Er empfiehlt unter anderem, neben Shutdowns auch die Praxis des "Shut up" für Kritiker zu entwickeln – sie sollen "das Maul halten", wird entsprechend untertitelt.

Schleich trägt die Fantasieuniform eines Diktators und wedelt mit einem ausgestopften Babykrokodil. Sein Gesicht ist schwarz angemalt. Sein Diktator Maxwell Strauß sei eine Karikatur auf Franz Josef Strauß.

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Diese Praxis, "Blackfacing" genannt, bedeutet, dass weiße Schauspieler in der Rolle von Schwarzen auftreten. Sie hat einen rassistischen Ursprung, weiße Darsteller nutzten die Aufmachung in den "Minstrel Shows" des 18. und 19. Jahrhunderts, um sich über Schwarze lustig zu machen. "Blackfacing" gilt heutzutage als No-Go.

Der "Spiegel" berichtet, dass die Satire-Nummer am Karfreitag im Netz empörte Reaktionen ausgelöst hat. So schreibe der Journalist Malcolm Ohanwe schreibe, er sei "fassungslos": "Bevor im Bayerischen Fernsehen ein Schwarzer Mann eine Sendung moderiert, malt sich die Redaktion lieber Schwarz an und verarscht afrikanische Staaten. Muss man das verstehen?"

Der Marburger SPD-Politiker Liban Farah sagte, er wünsche sich, mal eine Sendung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu sehen, "ohne Angst zu haben, dass meine Vorfahren und ich rassistisch beleidigt werden". Die Rapperin Lady Bitch Ray fragte ebenfalls auf Twitter, ob das Fernsehen es "nie lerne" und "Blackfacing-Bullshit" weiterhin ausstrahle.

BR und Schleich verteidigen sich

Eine Sprecherin des BR teilte mit, die Diskussionen zum Thema "Blackfacing" und der damit verbundenen Problematik seien der Redaktion bewusst gewesen und im Vorfeld der Sendung intensiv mit Helmut Schleich diskutiert worden. „In einem Satireformat muss dem Künstler aber auch ein bestimmter Freiraum für satirische Überhöhungen zugebilligt werden. Die künstlerische Freiheit ist ein hohes Gut, lotet aber manchmal auch Grenzen aus.“

Weiter teilte der BR mit: Die Kunstfigur Maxwell Strauß sei ausdrücklich eine Karikatur von Franz Josef Strauß und sei als solche nicht losgelöst vom Text zu beurteilen: Inhalt des Beitrages sei das autoritäre Machtverständnis der Kunstfigur Maxwell Strauß.

Auf seiner Homepage schreibt der BR zur Sendung, Schleich scheue „auch vor den aberwitzigsten Kostümierungen nicht zurück“. Laut BR sagte Schleich zu dem Beitrag, als Kabarettist sei es seine Aufgabe, Dinge überspitzt darzustellen. „Gerade durch einen erfundenen Sohn Maxwell Strauß zeige ich den Import neokolonialer Strukturen aus dem globalen Norden nach Afrika auf.“ Dies Einschätzung könnte Schleich für sich exklusiv haben.

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Jüngst hatte der Westdeutsche Rundfunk mit Rassismusvorwürfen zu kämpfen. In der Talkshow "Die letzte Instanz« diskutierte eine Runde ausschließlich weißer Medienschaffender darüber, ob man noch rassistisch geprägte Wörter wie "Zigeunersauce" benutzen dürfe.

Und in der Karnevalssendung "Jet zo fiere! Das Beste aus der Verleihung des Ordens ,Wider den tierischen Ernst'" war eine Passage mit schwarz geschminkten Menschen zu sehen. Das Material stammte aus einer Karnevalssitzung aus dem Jahr 2010, der Beitrag blieb in der Mediathek, allerdings mit einem Warnhinweis versehen.

Der Talk in der "Letzten Instanz" wurde Mitte März mit dem Themenabend „Freiheit, Gleichheit, Hautfarbe! Warum hat Rassismus mit uns allen zu tun?“ aufgearbeitet. Im Oktober 2016 wollte der Südwestrundfunk in seiner ARD-Show "Verstehen Sie Spaß?" mit "Blackfacing" lustig sein. Auch damals gab es Ärger wie jetzt für den Bayerischen Rundfunk. Beide Sender hatten und haben nicht kapiert, dass "Blackfacing" ins Arsenal des strukturellen Rassismus gehört - und nicht auf den öffentlich-rechtlichen Bildschirm.

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