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Schwangere Frau vermisst. Doktor Eric Leonhard (Moritz Otto, mit Anna Puck), ein erfahrener Chirurg und Notfallmediziner, heuert als Schiffsarzt an.

© RTL/UFA Fiction/Wolfgang Ennenbach

Konkurrenz für das „Traumschiff“: Herz über Bord

Mit einer Serie auf hoher See will RTL dem ZDF-Dauerbrenner „Das Traumschiff“ Konkurrenz machen.

Sie haben auf allen Decks gedreht, außer im Maschinenraum und im Bordhospital – das überrascht bei einer Serie, die „Der Schiffsarzt“ heißt. Doch Holger Krenz, der Herstellungsleiter der Produktionsfirma Ufa, kann aufklären: „Wir haben bei laufendem Publikumsbetrieb gedreht, darum musste der medizinische Bereich natürlich dauerhaft für eventuelle medizinische Notfälle einsatzbereit bleiben.“ Also wurde das Bordhospital in Berlin nachgebaut. Alle anderen Szenen des RTL-Sechsteilers entstanden aber an Bord, in der dreistöckigen Halle der Rezeption, in den weitläufigen Restaurants, im 1000-Plätze-Theater oder auch in den Kabinen.

Ein neues Traumschiff also im TV-Einsatz. 293 Meter lang ist die „Mein Schiff 3“ aus der Flotte von Tui Cruises, zugelassen für 2500 Passagiere und rund 1000 Besatzungsmitglieder. Und damit deutlich größer als jedes „Traumschiff“. Die ZDF-Serie, die derzeit ihr 40-jähriges Jubiläum feiert, wurde bisher auf fünf verschiedenen Vergnügungsdampfern gedreht, die neuen Folgen (26. Dezember und 1. Januar) spielen auf der „Amadea“, die nur 600 Betten hat.

RTL will für sein maritimes Konkurrenzprodukt richtig klotzen und bietet darum nicht nur mehr Bruttoregistertonnen auf, sondern setzt den familienfernsehabendkompatiblen „Traumschiff“-Episoden auch ein Konzept entgegen, das gleich drei Genres in sich vereint: „Medical“, „Crime“ und Fernwehbefriedigung. Drehbuchautorin Brigitte Müller, die auch zum Produzent:innenteam gehört, hat versucht, die klassische Arztserie mit einer Krimihandlung zu verweben, und lässt das Ganze dann an südlichen Sehnsuchtsorten spielen.

Das sieht geschichtenmäßig so aus: Doktor Eric Leonhard, ein erfahrener Chirurg und Notfallmediziner (gespielt von Moritz Otto), heuert als Schiffsarzt an. Doch er sucht keine beruflichen Herausforderungen, sondern seine hochschwangere Ehefrau. Die ist plötzlich verschwunden.

Als der von Leonhard angeheuerte Privatdetektiv ein Foto beschaffen kann, auf dem die Vermisste an der Bar eines Kreuzfahrtschiffes zu sehen ist, zögert Leonhard nicht lange – und versucht an Bord auf eigene Faust herauszufinden, wer von den Besatzungsmitgliedern etwas mit dem Fall zu tun haben könnte. Parallel aber wird er als Mediziner gefordert, beispielsweise um einer Sängerin zu helfen, die während einer Show plötzlich Probleme mit ihrem Gehör bekommt.  

Entstanden ist die Idee, eine Seh-Schlacht mit dem populären ZDF-„Traumschiff“ anzuzetteln, auf einem Flur der Komischen Oper Berlin. Zwei Väter, die ihre Töchter von der Probe des Kinderchores abholen wollten, kamen beim Warten ins Gespräch, freundeten sich an und überlegten, wie sie auch beruflich zusammenkommen könnten: Thomas Schmidt-Ott, der „Director Program“ von Tui Cruises, und Joachim Kosack, einer der Ufa-Geschäftsführer. Aus dem Smalltalk erwuchs eine Idee, aus dieser wurde ein Projekt, das seitens der Filmfirma dann Markus Brunnemann übernahm. Er holte schließlich auch RTL mit ins Boot.

Ohne das Okay des Kapitäns läuft an Bord gar nichts

Knapp sieben Wochen lang ist das „Schiffsarzt“-Team um Regisseur Oliver Liliensiek auf dem Atlantik herumgeschippert, rund um die Kanaren, mit Abstechern nach Madeira und zu den kapverdischen Inseln. Die 40 Crewmitglieder hatten nur das Allernötigste dabei – rund 80 Tonnen Material. Das lagerte zum großen Teil auf Deck drei, während die Szenen, die in Kabinen spielen, auf Deck zehn gedreht wurden.

Wer im Treppenhaus an dem Equipment vorbeikam, sah Sackkarren und Servierwagen voller Stative und Scheinwerfer, Kabeltrommeln und Kisten, die „leere Akkus“ enthielten oder Materialien für den „Grip“, also den Technikhelfer, der den Kamerawagen bedient. Sogar klappbare Regiestühle – Zeichen für Dreharbeiten – hatten es mit aufs Schiff geschafft. Außerdem kam eine Drohne zum Einsatz.

Zwei Mal waren der Regisseur und der Szenenbildner zur Vorbereitung auf der „Mein Schiff 3“, berichtet Holger Krenz – und sie haben dabei festgestellt: „Wir Leute vom Film ticken ganz ähnlich wie die Kreuzfahrt-Crew.“ In beiden Jobs wird alles mit langem Vorlauf akribisch durchgeplant, vor Ort ist dann trotzdem maximale Flexibilität gefragt. Wenn nämlich schnell pragmatische Lösungen für Unvorhersehbares gefunden werden müssen.

Nebendarsteller:innen wurden sowohl aus den Reihen der Mitarbeitenden gebraucht als auch seitens der Gäste. „Wir hatten unseren eigenen Counter bei der Rezeption, wo sich Interessierte melden konnten“, sagt Holger Krenz. „Weil die Leute aber hier im Urlaub sind, haben wir sie nicht für einen ganzen Tag gebucht, wie an Land üblich, sondern jeweils nur für zwei Stunden.“  

Ohne das Okay des Kapitäns läuft an Bord gar nichts, das gilt auch für die Dreharbeiten, zumal die Filmleute offiziell als ganz normale Gäste auf dem Schiff mitfuhren. „Per Hard ist ein großartiger Typ“, schwärmt Holger Krenz über den aktuellen Lenker der „Mein Schiff 3“, einen Schweden mit äußerst sonnigem Gemüt, der offensichtlich nicht nur bei seinen Durchsagen an die Urlauber eine hyggelige Lockerheit an den Tag legt.

In der RTL-Serie hat eine Frau das Sagen auf der Brücke – eine Spitze der Drehbuchautorin gegen die traditionelle Rollenverteilung auf dem ZDF-„Traumschiff“. Dort tut seit zwei Jahren Florian Silbereisen so, als würde er den schwimmenden All-inclusive-Ferienclub steuern können. Anna Puck mimt die „Schiffsarzt“-Kapitänin, ihr Vorbild ist Nicola Langosch, seit Frühjahr 2018 erste weibliche Führungskraft in der deutschen Kreuzfahrtbranche.

Bis Anfang März sollen die sechs 45-Minüter der ersten Staffel fertig geschnitten sein, die Ausstrahlung des „Schiffsarztes“ ist zunächst auf der neuen Streamingplattform RTL+ geplant, später dann auch im linearen Programm des Privatsenders. Und beim reiselustigen Produktionsteam hofft man natürlich darauf, bald auch die Anker für eine zweite Staffel lichten zu können.

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