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Begegnung mit sich selber:  Michael Kessler und Rolando Villazón.

© ZDF und Mike Christian

Gute Unterhaltung: "Kessler ist...": Wer bin ich?

Original und Fälschung: Neue Folgen von „Kessler ist..“, einem der besten Unterhaltungsformate im deutschen Fernsehen.

Irgendwann ist es auch bei dieser „Kessler ist...“-Folge wieder so weit, dann kommt der magische Moment: Der Schauspieler Michael Kessler sitzt nach mehrtägigen Vorgesprächen und Recherche dem Startenor Rolando Villazón gegenüber. Das heißt, Villazón sitzt sich selbst gegenüber, denn Kessler hat sich seinem prominenten Gegenüber in Maske, Gestik und Duktus so weit anverwandelt, dass dieser verblüfft ist und gar nicht weiß, was er sich nun selber fragen soll. Knisternde Spannung. Die letzten Minuten des halbstündigen Intensiv-Porträts werden zum psychologisch maximal verunsichernden Moment. Villazón im Spiegel, eine Begegnung mit sich selbst.

Michael Kesslers Personality-Doku, bereits seit 2014 am Start, gehört zu den am meisten unterschätzten Unterhaltungsformaten im deutschen Fernsehen. Und wenn die am späten Freitagabend im ZDF mit vier neuen Folgen startende Staffel, außer Rolando Villazón, vielleicht nicht mit der allerersten Prominenten-Reihe aufwartet (Reiner Calmund, Bülent Ceylan) wie sonst (Gregor Gysi, Dunja Hayali, Wolfgang Bosbach waren schon da) – in kaum einer anderen Talkshow lassen sich Prominente auf ein derartiges Wagnis der Decouvrierung ein.

Was natürlich auch am Charme und der Klasse von Michael Kessler liegt, dessen Anverwandlungskunst hierzulande, in schrillerer Form, nur noch von Olli Dittrich („Dittsche“, „Trixie Dörfel“) erreicht wird. Bei Kessler gibt es im Unterschied zu Dittrich ein echtes Gegenüber. Der Theaterregisseur, Schauspieler, Comedian und Autor nähert sich seiner Zielperson in mehreren Treffen auch mit Freunden an, bevor er im Studio auf dem Stuhl gegenüber zum Maskenmann wird.

Was sie immer schon über sich erfahren wollten

Das Ganze ist nie peinlich, immer einfühlsam, bewegend, berührend. Nicht selten passiert es, dass Kesslers Gesprächspartner zutiefst verunsichert sind oder ihnen die Tränen kommen, wenn sie am Ende sich selbst gegenübertreten, und plötzlich nicht mehr wissen, was sie immer schon über sich erfahren wollten.

Wer Prominente abseits ihrer Medien-Persönlichkeit und Klischees näher kennenlernen will, dem sei diese kleine, aber feine Sendung „Kessler ist ...“ weiterhin ans Herz gelegt. Schade nur, dass das Unterhaltungsformat beim ZDF, nicht beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu sehen ist. Dort hat der 51-Jährige, ausgezeichnet mit dem Deutschen Fernsehpreis, normalerweise seine medialen Aufschläge, mit anderen Formaten. „Kessler ist..“ würde auch dem RBB-Fernsehen guttun.

„Kessler ist...“, Freitag, ZDF, 23 Uhr 40

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