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Ein Mann liegt mit seinem Laptop im Bett.

© Ute Grabowsky/photothek/imago

Europameisterschaft in den Mediatheken: Müssen Fußballspiele so leidenschaftslos zusammengefasst werden?

Die Highlights der EM-Spieltage in den Mediatheken helfen Fans, den Überblick zu bewahren. Aber leider auch dabei, vor Langeweile einzuschlafen.

Als Kind hatte man ja noch Vorsätze. Einer davon war es, jedes einzelne Spiel einer Welt- oder Europameisterschaft zu schauen. Zu kostbar waren die Fußballfesttage alle paar Jahre. Und dieses Internet gab es eben noch nicht. Heute ist es leider undenkbar von 15 bis 23 Uhr vor dem Fernseher zu lümmeln. Und ganz ehrlich: Spiele wie Finnland-Russland oder Türkei-Wales versprechen nicht das allergrößte Spektakel. Also ist es zum Ritual geworden, kurz vor dem Zu-Bett-Gehen die Zusammenfassungen des Spieltags in den Mediatheken anzuschauen. Eine bessere Einschlafhilfe gibt es nicht. 

Man traut sich ja kaum zu meckern. Im Bundesliga-Alltag sind Zusammenfassungen in Öffentlich-Rechtlichen überhaupt nicht mehr abrufbar. Und eigentlich hatte man ja ohnehin jegliche Erwartungshaltung an die Emotionalität deutscher Fußballkommentatoren abgelegt. Doch gegen die Grundspannung der nacherzählten Spiele bei ARD und ZDF sind Béla Réthy oder Tom Bartels regelrechte Stimmungskanonen. Man fühlt sich zurückversetzt in den Schoß eines Elternteils, das zum dritten Mal die gleiche Gute-Nacht-Geschichte vorlesen muss.

Sicherlich, brenzlige Situationen wie Fouls oder Großchancen werden mit preußischer Gründlichkeit eingeordnet. Doch ob Italien gerade einen Einwurf ausführt, Aleksey Miranchuk den Ball für Russland in den Winkel setzt oder Gareth Bale einen Elfmeter über das türkische Tor haut - der nüchterne Vollzugston kennt kaum Ausschläge.

Zur erwünschten Spannungsarmut kurz vor dem Einschlafen trägt bei, dass die ZDF-Mediathek ihre Videos „Italien schlägt die Schweiz 3:0“ „Türkei unterliegt 0:2“ oder „Finnland-Russland endet 0:1“ betitelt. Es soll ja noch Menschen geben, die das Ergebnis eines Spiels vorab nicht erfahren wollen. Für den Fall, dass ich mich mal wieder wach den EM-Highlights zuwenden möchte, spule ich mich also lieber durch die bereitgestellten Spiele mit Livekommentierung. Oder wechsele zu Clips der europäischen Nachbarn auf Youtube.

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