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Feierlicher Moment: Joe Biden wird als US-Präsident vereidigt.

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Update

Die Amtseinführung im TV: Freude bei ARD & Co, tiefe Befriedigung bei CNN

Selten berichtete das Fernsehen so ausführlich über eine Amtseinführung wie bei US-Präsident Joe Biden. Der Sturm auf das Kapitol war als Thema immer dabei.

Donald Trump und Joe Biden konnten am Mittwoch so gut wie keinen Gang ohne TV-Kameras machen. Auch die deutschen TV-Stationen behielten alles im Blick. Die Nachrichtensender ntv und Welt schauten bereits lange vor Vereidigung und Inaugurations-Rede Richtung Washington, waren dabei, als Ex-Präsident Trump vorm Weißen Haus den Helikopter bestieg und vor der Kirche, in der Joe Biden einen Gottesdienst besuchte.

Sehr geerdet: Der USA-Kenner von RTL Peter Kleim und sein Korrespondenten-Kollege Oliver Beckmeier, der sich dank Sicherheitszaun und massiver Präsenz der Nationalgarde nach dem Sturm auf das Kapitol an diesem Tag sicher fühlt in der „Festung Washington“. Eher unnötig hingegen: Bei der Ankunft der künftigen Vize-Präsidentin Kamala Harris am Kapitol wurde im Studio auch über ihr Aussehen und Kleidungsfragen diskutiert - bei Biden hingegen nicht.

Erkennungszeichen: Stetson-Hut aus Texas

Der Nachrichtensender Welt war mit mehreren Reportern vor Ort, so mit Steffen Schwarzkopf und Daniela Will, die das Geschehen erläuterten und die Lage in den USA analysierten. Interessant: Wie erkennt man den Gouverneur von Texas trotz Maske: Am Stetson-Westernhut.

Das Protokoll des Tages mag sich nicht geändert haben, das Medieninteresse war nach der Ära Trump nochmals gewachsen, insbesondere nach dem Angriff der Trump-Anhänger auf die Demokratie vor zwei Wochen. Wegen Corona fehlten die Zuschauer an der Strecke, nur das Militär war zu sehen, als Joe Biden mit seinem neuen gepanzerten Dienstwagen und einer nicht endenden wollenden Kolonne Richtung Kapitol fährt.

Auf Schritt und Tritt unter Beobachtung: Joe Biden kommt am Kapitol an, der Nachrichtensender Welt ist live dabei.
Auf Schritt und Tritt unter Beobachtung: Joe Biden kommt am Kapitol an, der Nachrichtensender Welt ist live dabei.

© Tsp

Die ARD kam mit ihrer Übertragung um 17 Uhr 15 gerade noch rechtzeitig zur Amtseinführung. Claudia Buckenmaier, Studioleiterin in Washington, sah es als ihre Aufgabe an, den Zuschauern in Deutschland das Procedere näherzubringen. Das gelang ihr nicht schlecht, wobei hier einmal angemerkt werden muss, dass fast im ganzen Senderrund die "Livefähigkeit" der Reporterinnen und Reporter ausgebaut werden kann.

Buckenmaier hatte als Experten den Publizisten Charles Mallory King an ihrer Seite. Er konnte seine Kompetenz vor allem nach Bidens Rede einbringen, indem er interpretierte, Aussagen einordnete und vertiefte. Das war ein Gewinn. Das ARD-Team war gut beraten, in wesentlichen Momenten zu schweigen und die Bilder sprechen zu lassen - da konnten Empathie und Pathos breit wirken.

Erstklassiges Entertainment

So eine Amtseinführung eines US-Präsidenten ist ja eine Mischung aus Gottesdienst, Verfassungsakt und Zirkus. Der Auftritt von Lady Gaga, die die US-Nationalhymne sang, war bestes Entertainment, wie sie in ihrem riesigen roten Rock und voller Inbrunst sich in ihren Vortrag schmiegte. Und dann Jennifer Lopez und Garth Brooks - erstklassiges Hollywood.

Reporterin Verena Bünten, die unten auf der Mall stand, sprach von einem "Gänsehautmoment" mit Blick auf die Abertausenden von US-Flaggen - und vom Optimismus dieses Tages. Um 19 Uhr beendete das Erste die Übertragung, anders als Phoenix, der Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF hatte bereits vorher intensiv berichtet und blieb auch danach beim Thema. Wer wollte, konnte seinen Eindruck von diesem offensichtlichen Einschnitt in die US-Geschichte vertiefen.

Dieser "Tag der Hoffnung" war beim US-Nachrichtensender CNN inkludiert. Für das Moderationsteam rund um Anderson Cooper war von einem "majestätischen Tag" die Rede, gerade mit dem wiederholten Rückblick auf den Sturm aufs Kapitol vor 14 Tagen. Was damals ein "Tatort" war, war jetzt die Bühne für einen "Tag der Demokratie". Es war direkt spürbar, wie sehr sich bei CNN und damit bei den Biden-Anhängern die tiefe Freude, die immense Befriedigung ausbreitete, dass Donald Trump das Weiße Haus verlassen hat. CNN hatte den großen Atem an diesem Tag.

Und selbst Fox News, ewiger Rechts-Rivale von CNN, war nicht gleich auf dem Kriegspfad. Ein Kommentator sprach von einer "inspirierenden" Rede Joe Bidens.

Live auf ntv: Ex-Präsident Bill Clinton und die ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton betreten die Galerie des Kapitols.
Live auf ntv: Ex-Präsident Bill Clinton und die ehemalige demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton betreten die Galerie des Kapitols.

© Tsp

Beim Privatsender ProSieben, der der Amtseinführung ebenfalls größeren Raum gab, verweilte man bevorzugt im Studio. Statt Live-Bilder zu zeigen, diskutierte Moderatorin Viviane Geppert mit ihren Gästen das Geschehen im Halbrund aus Deutschland. Bei Steven Gätjen war es dem Sender wichtig zu erwähnen, dass er einen US-Pass hat. Da fehlte doch ein wenig die lässige Routine. Fast hätte man sogar vergessen, pünktlich zu Lady Gaga und der Hymne zu schalten. Und auch die Vereidigung von Kamala Harris schien ProSieben nicht ganz so wichtig, obwohl sie die erste weibliche Vizepräsidentin ist.

Diesen Fehler machte der Privatsender-Konkurrent RTL nicht. Die Kölner bleiben mit den Bildern in Washington und dem historischen Moment, begleitet aus dem Studio heraus durch Charlotte Maihoff und ihrem Experten, dem US-Journalisten Erik Kirschbaum.

Ein kurzer Ausfall des Signals

Bei der Antrittsrede von Joe gab es bei RTL einige verschmerzbare Holperer in der Übersetzung. Ganz kurz war dann das Signal weg, wurde zurück ins Studio geschaltet, aber das waren nur wenige Sekunden. Eine seiner stärksten Reden, lautete im Anschluss die kurze Analyse von Erik Kirschbaum. Korrespondent Peter Kleim sah die Gefühlslage der Amerikaner durch die Rede gut wiedergegeben.

Direkt danach: Die Zusammenfassung des Tages, was allemal besser war als allzu schnelle ausführliche Analysen. Dafür dann die Trumps in Florida - weit weg von Kapitol und Weißem Haus.

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