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Auf die Plätze, fertig, los! Salwa Houmai und Jo Schück moderieren abwechselnd das Format „13 Fragen“ bei Youtube und ZDFneo. Bei der Ausgabe am Sonntag heißt das strittige Thema: „Diversity for future! Brauchen wir eine Migrationsquote?“ Foto: David Biene/ZDF

© ZDF und David Biene

"13 Fragen", auf Youtube und bei ZDFneo: „Wir sind nicht naiv“

Geht das? Das Format „13 Fragen“ sucht bei einem Streitthema den Kompromiss. Das geht, sagt Moderator Jo Schück im Interview.

Herr Schück, das Format heißt „13 Fragen“. Warum nicht zwölf oder zehn Fragen?
In der Pilotphase hieß das Format noch „16 Fragen“. Da wurde uns aber schnell klar, das sind zu viele, das wird so nichts mit einer guten Sendungsdramaturgie. Zum Glück sind wir, ZDF, die Produktionsfirma Hyperbole und die Moderation, von vorneherein mit der Offenheit gestartet, das Konzept „on the fly“ anzupassen, haben an einigen Schrauben gedreht. So sind wir bei 13 gelandet.

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„13 Fragen“ setzt auf das, was gesellschaftliche Kommunikation gerade ausmacht: Polarisierung. Stets werden mit Blick auf die Eingangsfrage die Ja-Sager gegen die Nein-Sager gestellt. Kann man mit dieser Konstellation am besten diskutieren oder nur am besten streiten?
Das Gegenteil ist der Fall. Nicht die Polarisierung, sondern erklärtermaßen die Suche nach Kompromissen steht im Mittelpunkt jeder Folge, gerade aus der Erkenntnis heraus, dass sich in diesen Tagen viele möglichst applausträchtig Meinungen um die Ohren hauen und der eigentliche Kern einer Debatte bisweilen aus dem Fokus gerät: die Lösung. Aber natürlich müssen zu Beginn mit der Eingangsfrage ganz grob die Positionen abgesteckt werden. Im Übrigen sind die Meinungen auch innerhalb der Gruppierungen oft sehr heterogen. Diese differenzierten Standpunkte herauszuarbeiten, das ist Ziel der Übung.

["13 Fragen", auf Youtube und am Sonntag um 23 Uhr 15 bei ZDFneo]

Twitter mit Bewegtbild?
Auch wir stellen gerne mal provokante Fragen – aber mit der Twitter-Systematik hat das Format herzlich wenig zu tun. Twitter belohnt ja radikale, hämische und kompromisslose Akteure mehr als die verbindenden, lösungsorientierten. Bei uns ist es genau umgekehrt. Wir sind zwar nicht so naiv, am Ende einen Konsens erreichen zu wollen, im Gegenteil ist ja sauber herausgearbeiteter Dissens auch eine Erkenntnis. Aber es ist schon erstaunlich, wie viel Empathie für andere Positionen erzeugt werden kann, wenn nicht der oder die Lauteste belohnt wird.

Andere Unterstellung: „13 Fragen“ möchte alles sein, aber auf keinen Fall wie „Maybrit Illner“. Nichts wäre falscher als das Etikett „Talksendung“, richtig?
Falsch. Wir sind eine richtige Talksendung. Aber es ist schon bemerkenswert, wie anders Talkgäste agieren, wenn sie nicht bräsig im Sessel sitzen, sondern sich auf ein Spielfeld begeben und bisweilen buchstäblich aufeinander zugehen. Offenbar bleibt da nicht nur der Körper beweglich. Das unterscheidet uns wohl von anderen Talksendungen.

Andere Meinungen besser verstehen

Im Finale kommen vom Moderator oder von den Diskutanten Vorschläge für einen Kompromiss. Streben die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer diesen an?
Bisher haben zumindest alle den Versuch gestartet. Auch diejenigen, die sich bis dahin wenig auf die andere Seite zubewegen wollten. Natürlich ist es schwer, in kurzer Zeit einen präzise formulierten Kompromissvorschlag vorzulegen, auf den sich alle einigen sollen. Manchmal gelingt das, manchmal nicht. Wie im richtigen Leben. Wichtig ist dann die Frage, warum gab’s keinen Kompromiss? Im Zweifel verstehe ich so zumindest besser, warum jemand nicht von seiner Meinung abweichen mag. Auch eine Erkenntnis.

Sind Sie selbst ein Kompromiss-Onkel?
Ich habe meine Meinung(en) und vertrete sie gerne vehement, auch öffentlich. In diesem Format – wie grundsätzlich im Journalismus – ist meine Meinung aber egal. Ich gebe den Moderator zwischen den Positionen. Oftmals reden Menschen ja einfach aneinander vorbei, weil sie aus verschiedenen Biografien, Sprachwelten oder Lebensentwürfen kommen. Diese zu verknüpfen, Brücken der Kommunikation zu erschaffen, darin sehe ich einen Teil meiner Aufgabe. Wenn wir nicht wollen, dass der Karren, den wir Gesellschaft nennen, gegen die Wand fährt, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als uns aufeinander zuzubewegen.

Ist „13 Fragen“ immer aktuell genug? Wenn plötzlich die #allesdichtmachen-Aufregung ausbricht, müsste die Sendung dann nicht sofort reagieren?
Brandaktuelle Diskussionen abdecken, das ist derzeit nicht unser Ziel. Dafür müssten wir zum einen produktionell anders aufgestellt sein, zum Beispiel dauerhaft ein eigenes Studio haben. Wir produzieren aber „on location“ im Berliner Kesselhaus. Zum anderen halte ich die großen Debatten hinter den aktuellen Aufregern in unserem Format ohnehin für spannender. Unser Seismograf spürt weniger den aktuellen Beben nach als vielmehr der langfristigen Verschiebung der Platten.

Wie werden die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner gecastet?
Wir versuchen bei der Auswahl unserer Gäste möglichst divers zu sein, schließlich geht es um die Vielfalt der Meinungen und manchmal auch Lebensentwürfe. Auch wir setzen gerne auf meinungsstarke Figuren, die rhetorisch einigermaßen fit sind. Sie dürfen auch gerne prominent sein. „Talkshowbekannt“ ist bei uns aber kein Einstellungskriterium. Den sinnbildlichen Bosbach wird man bei uns jedenfalls lange suchen.

No-go für ältere weiße Männer?

Ältere weiße Männer haben Auftrittsverbot bei den „!3 Fragen“?
Ältere weiße Männer gehören genauso ins Meinungsspektrum wie viele andere auch, sind uns also natürlich willkommen. Das zeigen ja auch die schon veröffentlichten Folgen. Sie stehen bei uns aber weniger im Fokus als in manch anderen Debatten.

Das Publikum ist zur Teilnahme aufgefordert. Was sagt das Publikum?
„Dieses Spielfeld müsste man mal im Bundestag aufbauen“, schrieb ein User und steht damit sinnbildlich für etliche, die die respektvolle Art der Debatte offenbar schätzen. Tausende inhaltlich getriebene Kommentare unter jedem Video nähren zudem meine Hoffnung, dass wir mit dem Format eine Sehnsucht nach echter Diskussion befriedigen können. Allerorts wird ja das Klagelied über den vermeintlichen Niedergang der Debattenkultur gesungen. Wir hatten zwei Möglichkeiten: mitsingen oder dem etwas entgegensetzen. Wir haben uns für Letzteres entschieden. Und das goutieren die Zuschauer:innen offenbar.

Aktuell gibt es „13 Fragen“ bei Youtube, ab Sonntag auch bei ZDFneo. Eine Anerkennung für das Erreichte?
Dass künftig auch ZDFneo mit an Bord ist, kann dem Format nur helfen, mehr Menschen zu erreichen, und freut mich sehr. Es wird spannend zu sehen sein, ob „13 Fragen“ sich im klassischen TV anders „anfühlt“ oder die Grenzen zwischen online und linear einfach weiter verwischen. Denn Netz-Ableger von TV-Sendungen gibt es ja viele. Umgekehrt passiert das noch relativ selten.

Die Fragen stellte Joachim Huber.

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