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Ein Feuerwehrmann inmitten von geretteten Tieren. Die Brandursache ist weiterhin unklar.

© dpa / Stefan Sauer

Folgen des Großbrands in Alt Tellin: 2000 Tonnen Tierkadaver müssen entsorgt werden

Vor vier Wochen starben knapp 57.000 Tiere in einer der größten Schweinezuchtanlagen Deutschlands. Der Schaden wird auf etwa 40 Millionen Euro geschätzt.

Vier Wochen nach dem Großbrand in der Ferkelzuchtanlage Alt Tellin (Vorpommern-Greifswald), bei dem etwa 57.000 Schweine starben, ist die Entsorgung der Tierkadaver noch nicht abgeschlossen.

Wie ein Sprecher des Schweriner Umweltministeriums am Dienstag mitteilte, forderte Landesagrarminister Till Backhaus (SPD) den Betreiber der Anlage auf, so zügig wie möglich alle Brandreste zu entsorgen und dabei eng mit Umwelt- und Veterinärbehörden zusammenzuarbeiten. 

Ein Sprecher des Betreibers hatte das bereits mehrfach zugesichert. Die Zuchtanlage war eine der größten von elf Standorten der Landwirtschaftlichen Ferkelzucht Deutschland (LFD). Laut LFD konnten nur 1300 Schweine gerettet werden. Es war nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes eines der verheerendsten Großfeuer in einer Nutztieranlage in Deutschland überhaupt. 

Der Deutsche Tierschutzbund forderte Backhaus bereits vor zwei Wochen auf, einen Wiederaufbau der abgebrannten Schweinezuchtanlage in Alt Tellin zu verhindern und andere Ställe auf ihre Brandschutzkonzepte hin zu überprüfen. Eine ähnliche Megaanlage dürfe keine Alternative sein. 

Tier- und Umweltschützer gegen Wiederaufbau 

„Industrielle Agrarfabriken, in denen Tiere nur als Produktionsgüter gesehen werden, sind nicht mehr zeitgemäß und aus Tier- und Umweltschutzgründen untragbar“, wird die Vorsitzende des Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern, Kerstin Lenz, in einer Mail des Deutschen Tierschutzbundes zitiert. Der Tierschutzbund hatte im Rahmen eines Widerspruchverfahrens des BUND ein Gutachten finanziert, da von Anfang an Bedenken gegen das Brandschutzkonzept bestanden. 

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Dieses Gutachten bestätigte bereits im Juni 2011 erhebliche Mängel. Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder stellte zudem die Frage, „wie die Anlage trotz massiver und offenkundiger Mängel überhaupt genehmigt und in Betrieb genommen werden konnte?“. An diesem Freitag will Backhaus den Ort besuchen, um sich den Fragen der Gemeindevertreter zu stellen. 

Auch Ex-Landwirtschaftsministerin Renate Künast äußerte sich am Montag per Twitter: „57.000 Schweine sind elendig gestorben und das sind exakt 57.000 Gründe, sowas nicht wieder aufzubauen.“ Es dürfe keine Decke des Schweigens darüber gelegt werden, denn im Grundgesetz sei auch der Schutz von Tieren verankert. 

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Die Brandursache ist laut Staatsanwaltschaft noch immer unklar. Es wird wegen Verdachts der fahrlässigen Brandstiftung ermittelt. Eine technische Ursache sei aber möglich, hieß es. Den Schaden hatte die Staatsanwaltschaft auf etwa 40 Millionen Euro geschätzt. 

Insgesamt müssten rund 2000 Tonnen Kadaver entsorgt werden, bestätigten Umweltbehörden nach einer Beratung in Alt Tellin. In den ersten zwei Wochen konnten etwa 550 Tonnen davon in die einzige Tierkörperbeseitigungsanlage Mecklenburg-Vorpommerns in Malchin gebracht werden. 

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Wie der Sprecher des Ministeriums erläuterte, müsse allerdings der Großteil der Kadaver wegen der Einstufung als Sonderabfall außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern in einer geeigneten Anlage verbrannt werden. Das sei mit etwa 420 Tonnen der Tierreste bereits geschehen. 

Da die Kapazität dieser Verbrennungsanlage aber begrenzt sei, würden weitere etwa 500 Tonnen der Kadaver auf die einzige im Nordosten geeignete Deponie in Ihlenberg (Nordwestmecklenburg) gebracht. Dies sollte bis Mittwoch abgeschlossen sein. 

Mega-Anlagen wie in Alt Tellin nicht beherrschbar

Bis zu diesen Entscheidungen hatte die LFD die Brandruinen räumen lassen, die Zäune der umstrittenen Zuchtanlage allerdings mit schwarzem Kunststoff verhängt. Da zunächst unklar war, was mit einem Großteil der getöteten Tiere passieren sollte, wurden die Kadaver auf Anweisung der Behörden aufgeschichtet und mit Branntkalk abgedeckt. Anwohner beschwerten sich jedoch über Verwesungsgeruch, der auch außerhalb der Anlage zu riechen sei. 

Backhaus hatte im Landtag in Schwerin bereits angekündigt, dass die Anlage in der ursprünglichen Größe nicht wieder aufgebaut werden solle. Das hätten Eigentümer und Betreiber zugesagt. Tier- und Umweltschützer forderten, dass die Betriebserlaubnis für diese Anlage ganz zurückgezogen werden soll.

Laut Tierschutzorganisation Provieh habe der Brand in Alt Tellin gezeigt, dass Anlagen dieser Größenordnung nicht beherrschbar seien. Solche Tierfabriken dürften deshalb nie wieder genehmigt und bestehende Genehmigungen müssten zurückgenommen werden. (mit dpa) 

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