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Hereinspaziert. Auch das Studentendorf Schlachtensee – in den 50ern erbaut, heute sorgsam saniert – lädt ein.

©  Thilo Rückeis

Vom Neubau zum Denkmal: Hier können Berliner am Wochenende ihre Meinung zum Stadtbild abgeben

190 Termine bei Baumeistern, in Neubauten und sanierten Denkmälern: Samstag und Sonntag ist „Tag der Architektur“ in Berlin und Brandenburg.

Von innen und außen betrachten und bewerten, den Bauherrn oder Architekten für seine Leistung loben oder beschimpfen – der Tag der Architektur bietet allen Berlinern die Gelegenheit, einen eigenen Eindruck vom zeitgenössischen Bauen zu bekommen. Die Zahl der Projekte ist ebenso gewaltig wie die Vielfalt.

Ein auf die Anforderungen betreuten Wohnens von Senioren zugeschnittener Neubau ist darunter, der Umbau des 100 Jahre alten Baudenkmals in Kreuzberg zum „Hotel Orania“, eine der seriell produzierten Modularen Kita-Bauten in Reinickendorf.

Nicht nur über Schönheit, Funktion und Form wird man diskutieren können, sondern auch politisch. Der Büroneubau am Leipziger Platz ist dabei, der ohne die vor Ort sonst vorgeschriebenen Wohnungen auskommt, weshalb der damalige Bausenator Andreas Geisel (SPD) unter Filz-Verdacht geriet. Und auch ein Wohnungsbau des am Checkpoint Charlie wegen streitbarer Investoren unter Beschuss geratenen Firma „Trockland“.

Und es ist „der erste Tag der Architektur, den man auch hören kann“, heißt es von der Architektenkammer: Es gibt ein „Podcast-Hörerlebnis“ zur Vorbereitung aufs Programm. Ein „sensationelles Ereignis“ nennt die scheidende Senatsbaudirektorin Regula Lüscher die Leistungsschau, „weil man die Büros der Architekten besuchen kann, die Menschen hinter den Bauwerken begegnen und in die Häuser und Wohnungen kommt“.

Ihre Lieblingsbauten? „Unsere eigenen 140 Projekte in der Werkschau in unserem Hause.“ Die ist auf das ganze Gebäude der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am Fehrbelliner Platz 4 verteilt und zwischen 9 und 18 Uhr zu besichtigen.

Keine Vorfahrt für Investoren mit dem meisten Geld - in den 50ern

Die Top Drei darunter für Lüscher? Das Studentendorf Schlachtensee, das „Neue Wohnen an der Briesestraße“ in Neukölln und das Quartier am ehemaligen Blumengroßmarkt in Kreuzberg, gegenüber vom Jüdischen Museum.

Die Beispiele zeigen die Bandbreite des Geschehens: Sanieren, Verdichten und Neubau und die dazugehörigen sozialen und politischen Entscheidungen. Die Vergabe der Bauten aus den 1950er Jahren in Dahlem an eine Initiative von Studenten und des Grundstücks am Blumengroßmarkt waren Wegmarken der wohnungspolitischen Wende: Keine Vorfahrt mehr für Investoren mit dem meisten Geld. Das beste Konzept, soziale Mischung und Baukultur zählen.

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„Der Blumengroßmarkt war das erste Konzeptverfahren und der Durchbruch“, sagt Lüscher. „Vorbildhafter Wohnungsbau“ sei es, deren Bewohner dort auch arbeiten und sich auf Gemeinschaftsflächen treffen können.

Es gibt Wohnungen mit Ateliers für Künstler und Architekten und Sozialwohnungen für Menschen mit überschaubaren Einkünften. Eine Baugruppe und Genossenschaft bespielen den Hauptteil der Fläche, so dass verschiedene Typen der Finanzierung erprobt werden. „Hier kann man die Zukunft des Wohnens besichtigen“, sagt Lüscher.

An der Briesestraße hat die landeseigene Gesellschaft „Stadt und Land“ mit dem Senatsprojekt „Experimenteller Wohnungsbau“ einen Neubau mit breitem Laubengang im Hof entwickelt, der als Balkon genutzt werden kann und zugleich als Treffpunkt dient.

Auch in Brandenburg gibt es was zu sehen

Um diesen Gang herum sind die Gemeinschaftswohnungen für Alleinstehende angelegt, die sich in Gruppen zusammengeschlossen haben, um Begegnungen auf gemeinsam genutzten Flächen zu ermöglichen, eine Fortentwicklung der WG-Idee.

Dass die Senatsbaudirektorin das Studentendorf Schlachtensee hervorhebt, liegt an der „Qualität der detailtreuen Sanierung bis in die Farbgebung hinein“ sowie der behutsamen Erweiterung um Neubauten im Jahr 2006. Auch in Dahlem mussten die Studenten lange kämpfen, bis der Senat ihnen die vormals landeseigenen Immobilien überließ.

60 weitere Orte der Baukunst sind in Brandenburg zu besichtigen: Vielfach sind es Altbauten, die neu genutzt und erweitert sind.

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