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Dieser Woche kontrollieren Polizeibeamte verstärkt das Verhalten aller Verkehrsteilnehmer auf den Straßen von Berlin.

© Paul Zinken/dpa

Verstöße von und gegen Radfahrer im Visier: Berliner Polizei kontrolliert diese Woche verstärkt den Radverkehr

Die Berliner Polizei nimmt den Radverkehr ins Visier. Am Montag startete der einwöchige Verkehrseinsatz. Der Fokus liegt auf Verstößen gegen und von Radfahr:innen.

Marko Zielke beginnt seinen Morgen mit einer Bußgeldzahlung. In einem Moment radelt er die Friedrichstraße entlang, im nächsten hält er schon seine Kreditkarte ans Zahlungsgerät der Polizei. 20 Euro Bußgeld, weil er auf dem Gehweg gefahren ist.

An der Kreuzung Friedrichstraße/Torstraße/Chauseestraße am Oranienburger Tor startete am Montag die Schwerpunktkontrolle der Polizei. Von 10 bis 12 Uhr war die Fahrradstaffel mit neongelben Westen und Mundschutz im Einsatz unter der Leitung von Zugführer Robert Mario Thiel.

Die einwöchigen Sonderkontrollen richten sich auf Verstöße gegen und von Radfahrenden, das Ziel ist mehr Sicherheit für alle. Auch E-Roller und E-Bikes fallen daunter, weil sie immer häufiger technisch manipuliert unterwegs sind.

An der Torstraße wurde am Montag außerdem die Einhaltung eines neuen Verkehrsschildes überwacht: Überholen von Fahrradfahrer:innen ist dort verboten, weil eine Baustelle die Straße verengt.

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Die große Kreuzung in Mitte wurde ausgewählt, weil in der Vergangenheit hier besonders viele relevante Verstöße registriert wurden. Die Schwierigkeit bestehe darin, erklärt Thiel, dass der Verkehr unübersichtlich sei – er geht in und kommt aus mehreren Richtungen. Zu den Radfahrer:innen und Autofahrer:innen kommt noch die Tram dazu. Verkehrsteilnehmende könnten hier leicht den Überblick verlieren.

Pkw- oder Lkw-Fahrer vergessen den Schulterblick

Polizist Thiel erklärt: „Häufig sind Pkw- und Lkw-Fahrende vergesslich oder abgelenkt und vergessen dann den Schulterblick beim Abbiegen.“ Schwächere Verkehrsteilnehmende, wie Radfahrer:innen, werden dann nicht wahrgenommen.

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass in Berlin seit 2018 die Hauptursache für Unfälle mit Fahrradfahrer:innen Abbiegefehler von Autofahrer:innen sind. Mehr als 1600 solcher Fälle wurden 2020 registriert. Seit 2018 bewegen sich die Zahlen in etwa in dieser Höhe – ein Zustand, den die Fahrradstaffel gern ändern würde.

Abbiegefehler von Autofahrer:innen können gefährlich für Fahrradfahrende werden. Besonders dann, wenn die Verkehrssituation durch ein hohes Verkehrsaufkommen unübersichtlich wird.
Abbiegefehler von Autofahrer:innen können gefährlich für Fahrradfahrende werden. Besonders dann, wenn die Verkehrssituation durch ein hohes Verkehrsaufkommen unübersichtlich wird.

© Paul Zinken/dpa

Wenn Polizist Max Berthold die Menschen auf ihr Fehlverhalten anspricht, reagieren die ganz unterschiedlich. Es gebe verständnisvolle Verkehrsteilnehmer:innen, aber auch Personen, die Widerstand leisteten, weil sie etwa eine Straftat begangen haben sollen.

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Selten müssten bei Verkehrskontrollen Menschen festgenommen werden. „Die höchste Prämisse ist, dass wir niemanden verletzen. Und wir gehen immer mit Worten vor, um die Situation zu beruhigen“, sagt Berthold.

Marco Zielke, der von den Polizisten an diesem Vormittag angehalten wurde, gibt sich zerknirscht. Warum er denn auf dem Gehweg gefahren sei? „Ja also...“ Er setzt zu einer Erklärung an, entschuldigt sich dann aber schnell: „Nein, weiß ich eigentlich nicht. Da gibt es keine Ausrede. Das ist meine Schuld und da muss ich jetzt durch.“

„Leute mit Knüppel im Ohr hören uns nicht“

Eine andere Beamtin der Fahrradstaffel schätzt die Selbstreflexion von Verkehrsteilnehmern eher gering ein: Vielleicht einmal in der Woche erlebe sie es, dass jemand einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung einsehe. Oft würde sie als weibliche Polizistin bei Kontrollen hysterisch und aggressiv wahrgenommen werde, wenn sie Personen auf Ordnungswidrigkeiten hinweise. „Die Menschen können nicht damit umgehen.“

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Sie müsse sich anhören, dass sie als Polizistin wichtigeren Aufgaben nachgehen solle. Und die Erklärungen für Verstöße im Straßenverkehr könne sie schon aus dem Gedächtnis zitieren. „Wir müssen auch lauter reden, wenn die Leute uns nicht hören, weil die einen Knüppel im Ohr haben.“ Gemeint sind Kopfhörer. Am schlimmsten seien aber die Dienstaufsichtsbeschwerden. Als die Polizistin das sagt, winkt sie ab – weiter ausführen will sie das nicht.

Fahrradstaffel-Leiter Thiel sieht derweil die Auswirkungen der Pandemie auf den Verkehr. Die Menschen seien angespannter, was sich zum Teil in ihren Reaktionen zeige. Und die Staffel? „Ja, wir sind Menschen, aber wir machen unsere Arbeit ganz professionell.“

Und die geht weiter – etwa am Donnerstag von 8 bis 10 Uhr nicht weit entfernt, an der Ecke Linienstraße/Oranienburger Straße. Radfahrer Marko Zielke hofft, dass ihm so ein Fehler nicht wieder passiert. Er weiß, dass es auf Berlins Straßen zu vielen Unfällen kommt.

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