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Bruchbude. Zwischen Frank Zander, der am Donnerstag 79 Jahre alt wird, und seinem Vermieter sind die Fronten verhärtet.

© Markus Zander

Streit um Wohnungskündigung: Bei Frank Zander bröckelt die Decke, sein Vermieter wird bedroht

Der Sänger streitet sich mit seinem Vermieter vor Gericht. Der hat ihm die Wohnung gekündigt. Miteinander gesprochen haben die beiden noch nie.

Pünktlich zu seinem 79. Geburtstag hat Frank Zander wieder Ärger in seinen vier Wänden. Über seiner Wohnung in Berlin-Charlottenburg wird das Dachgeschoss ausgebaut, jetzt ist bei dem Schlagersänger ein Teil der Decke eingestürzt. 

Eine Platte aus Rigips, etwa einen halben Quadratmeter groß, ist heruntergefallen. Sie liegt zusammen mit Putz und Bauschutt am Boden. Zander hat noch nichts weggeräumt, zum einen, weil er sich gerade mit seinem Vermieter vor Gericht über seine Wohnungskündigung streitet. Zum anderen, weil er über die Ungerechtigkeit, die er empfindet, schwer enttäuscht ist, wie er sagt, und mit der ganzen Welt darüber sprechen will. „Ich bin für viele Menschen ein Vorbild“, sagt er. „Allein deshalb muss ich meine Stimme erheben.“

Seit Vermieter Michael Pribil Ende 2019 das rund 120 Jahre alte Haus gekauft hat, gibt es Ärger. Pribil, ein Unternehmer aus München, will im Dachgeschoss auf 600 Quadratmetern vier neue Wohnungen bauen. Den Dachboden hatte aber seit 33 Jahren Zander gemietet. 

Er nutzte ihn als Abstellraum für Geräte, Instrumente und Gemälde. Es entbrannte ein Streit, der im Herbst darin gipfelte, dass Pribil Zander die Wohnung kündigte. Zuvor hatten sich die beiden bereits über die Räumung des Dachgeschosses vor Gericht gestritten, Ende April steht der nächste Termin an – wegen der Kündigung.

Zander und seine Frau Evelyn wohnen seit 54 Jahren in dem Haus. Der Vater seiner Frau hatte die Wohnung seinerzeit für eine der zwei Töchter gemietet. „Wer zuerst heiratet, kriegt sie, hat er uns gesagt“, erzählt Zander. Er und Evelyn zogen schließlich ein, bekamen ein Kind. „Wir haben hier unser Glück gefunden.“ 

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Auf einem Foto zeigt Zander nun auf die heruntergefallene Platte und den Bauschutt in seinem Studio. Aus der Decke klafft ein Loch, Stroh guckt heraus. „Wir haben Angst, dass uns etwas passiert“, sagt er. „Wegen der Baustelle im Haus kommt dann kaum eine Bahre durch“, beschreibt er das schlechtestmögliche Szenario.

In der Decke klafft ein Loch.
In der Decke klafft ein Loch.

© Markus Zander

Der Vermieter entschuldigt sich auf Tagesspiegel-Nachfrage für den Vorfall. Einer der Handwerker sei auf dem Dach versehentlich auf eine nicht befestigte Stelle getreten. Die Baufirma werde für den Schaden aufkommen und alles reparieren oder ersetzen, was kaputtgegangen ist. 

„Wo Menschen sind, wird es immer auch menschliches Versagen geben“, sagt Pribil. Einen ähnlichen Vorfall gab es bereits vor einem Jahr. Auch da hatte der Vermieter um Verzeihung gebeten. Einige Monate später sprach Zander dann in einer Sendung der „Bild“-Zeitung von den „Arschlöchern aus München“. Danach kam die fristlose Kündigung.

Beleidigung zerstörte für Vermieter das Verhältnis

„Ohne Respekt geht es nicht mehr“, sagt Pribil. Die Beleidigung habe das Vertrauensverhältnis gestört. Er glaube deshalb auch, dass er die Kündigung vor Gericht durchsetzen werde. Ähnliche Urteile habe es bereits gegeben.

Doch wie sinnvoll kann es sein, ein älteres Paar Ende 70 aus seiner Bleibe zu vertreiben? Zander meint, in dieser Sache längst nicht mehr nur für sich selbst zu kämpfen, sondern für all diejenigen, die keine Mittel haben, sich zu wehren. 

„Ich habe mein Publikum, Verbindungen, Medaillen“, sagt er. Wer das nicht habe, sei im Nachteil. Immer mehr Mittellose würden mittlerweile wohlhabenden Vermietern gegenüberstehen, die immer teurere Mieten verlangten. „Alles zählt auf mich“, sagt Zander.

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Vielleicht ist das der Grund, warum er seine Popularität und seine Kanäle in den sozialen Medien so intensiv nutzt, um gegen die Baustelle in seinem Haus zu protestieren. Er hat auch dem Bürgermeister geschrieben. Auf Facebook hat sein Post zum Deckeneinsturz mehr als 1600 Reaktionen seiner rund 120.000 Fans hervorgerufen. 

Vermieter Pribil ist schon lange im Geschäft

In den 300 Kommentaren darunter finden nicht wenige von ihnen, dass der Vermieter den Unfall absichtlich herbeigeführt haben könnte, um die Familie „rauszuekeln“. Einer der Kommentierenden geht sogar so weit zu spekulieren, das sei versuchter Mord.

Vermieter Pribil ist schon lange im Geschäft. Seit rund zwei Jahrzehnten kauft er Immobilien in ganz Deutschland. Er modernisiert und vermietet die Wohnungen. Nach eigenen Angaben gehören diese dem mittleren Preissegment an. Pribil sagt, er habe eine solche Situation mit Mietern wie bei Zander bisher noch nie erlebt und auch nicht damit gerechnet. 

„Es war nur ein Dachausbau“, sagt er. „Das ist kein kriegerischer oder aggressiver Akt.“ Die gegen ihn gerichtete Kampagne, die folgte, habe ihn geschockt. Er bekam Drohmails und „sehr unschöne“ Briefe, jemand postete seine private Adresse ins Netz, er und seine Familie mussten eine ganze Weile mit Personenschutz leben.

Die Familien leiden mit

Pribil sagt, das sei auch der Grund, warum er von der Kündigung nicht mehr abrücken wolle. „Ich habe vier Kinder“, betont er. Seine Stimme am Telefon, bis dahin höflich und sachlich, bröckelt an dieser Stelle zum ersten Mal. „Ist es das, was Herr Zander bezweckt, dass einem meiner Kinder etwas zustößt?“ Wenn die Familie mitleiden müsse, sei eine Grenze überschritten und nichts mehr zu retten.

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Auch Zanders Familie leidet, sagt der Sänger. „Meine Frau hängt sehr an der Wohnung“, sagt er. Sie hätten sich die 300 Quadratmeter nach ihren eigenen Vorstellungen gestaltet. In einem der insgesamt sieben Zimmer habe er seine Eisenbahn mit den selbst gebauten Landschaften drum herum – ein geliebtes Hobby. 

Eine vormalige Küche hatten sie zur Kneipe umgebaut. „Es war witzig, sich hier mit Freunden zu treffen.“ Müssten sie umziehen, wüsste er gar nicht, wohin mit so viel Zeug. „Da steckt ein halbes, ach was, ein ganzes Leben drin.“

Sein Vermieter sagt, er habe großen Respekt für Zanders Lebenswerk und sein soziales Engagement etwa für Obdachlose. Er wolle die Miete von sechs Euro pro Quadratmeter für keinen der alten Mieterinnen und Mieter anheben. „Wäre Herr Zander auf mich zugekommen, anstatt sich noch vor dem Beginn der Bauarbeiten an die Presse zu wenden, hätten wir für alles eine Lösung gefunden.“ 

Jetzt sei es allerdings zu spät dafür, sagt Pribil, das Ganze sei verfahren. Zwar würde er sich über eine öffentliche Entschuldigung freuen, aber der bisherige Umgang lasse ihn nicht darauf hoffen. „Warum soll ich es mir anders überlegen, wenn ich nur beschimpft werde?“ Der alte Mieter und der neue Vermieter haben noch nie persönlich miteinander gesprochen.

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