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Alles ist besser als ein dunkler Bildschirm beim Homeschooling.

© imago images/Fotostand

Update

Nach Software-Fehlern bei hohen Nutzerzahlen: Der „Lernraum Berlin“ stellt sich neu auf

Eine neue Struktur soll Abhilfe schaffen, aber die Informationen dazu fließen nur spärlich, wie eine Antwort auf eine CDU-Anfrage zeigt.

Er ist die größte Lernplattform Berlins, aber die Wachstumsschmerzen sind noch nicht ausgestanden: Der landeseigene „Lernraum Berlin“ arbeitet auch elf Monate nach Beginn des Homeschooling noch nicht zuverlässig. Die Gründe und Konsequenzen beleuchtet jetzt eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Dirk Stettner.

Der bildungspolitische Sprecher wollte vor allem eines wissen: Wie geht es weiter, nachdem die Bildschirme der Nutzer immer wieder dunkel blieben und die Lernlaune nach zahlreichen Ausfällen in den Keller ging? Die Antworten der Bildungsverwaltung, die dem Tagesspiegel vorab vorlagen, machen deutlich, wo die Probleme liegen.

Zwar seien inzwischen etliche Mängel behoben worden, das schwerwiegendste Defizit sei aber noch virulent. Mit Hunderttausenden Zugriffen pro Tag sei das System noch immer überfordert.

„Seit dem 15. 1.2021 treten aufgrund der weiterhin stark steigenden Nutzerzahlen softwareseitige Fehler auf, die sich nur unter diesen sehr speziellen Lastsituationen zeigen und nicht durch Lasttests im Vorfeld simuliert werden konnten“, räumt Staatssekretärin Sigrid Klebba (SPD) in ihrer Antwort auf Stettners Fragen ein.

Zwar seien zahlreiche Verbesserungen am „Quellcode“, dem Programm des Softwaresystems Moodle, umgesetzt worden. Das reiche aber noch nicht: Klebba schreibt, dass zur mittel- und langfristigen Sicherung des Betriebs ein „IT-Konzept erstellt werden muss“.

Warum dieses Konzept erst jetzt in Angriff genommen wird und um was für ein Konzept es konkret geht, blieb zunächst offen. Eine Konsequenz der Lernraum-Probleme wurde aber bereits gezogen: Die Bildungsverwaltung stellte in Aussicht, dass sie die Kosten für die Nutzung des kommerziellen Anbieters „Itslearning“ übernehmen will, für den die Schulen bisher selbst zahlen müssen. Der Vertrag wurde inzwischen unterschrieben - 720.000 Euro sollen schon im ersten Jahr fließen.

Die zentrale Lernplattform bekam nur 4,5 Stellen

Beim Lernraum ist die Bildungsverwaltung eher sparsam. So bestätigte Klebba, dass das Lernraum-Team rechnerisch nur mit 4,5 Stellen ausgestattet ist – und das trotz der immensen Herausforderung. Mehr noch: Bis vor einem Jahr war der Verwaltung diese Aufgabe nur zwei Stellen wert, obwohl es durchaus eine Menge Lehrer gab, die sich – auch schon vor der Pandemie – über den Lernraum austauschen wollten. Das Team machte dennoch unverdrossen weiter und hielt durch - trotz der offenbar geringen Beachtung durch die Bildungsverwaltung.

Derart gering war dort der Stellenwert, dass Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) für den Lernraum keine zusätzlichen Stellen schuf, sondern nur den Stundenpool für Fortbildungen anzapften ließ. Allerdings wird „aktuell geprüft“, ob ein weiteres Rechenzentrum zur Unterstützung hinzugeholt werden kann.

Der Vertrag mit der Plattform "Itslearning" ist jetzt unterschrieben

Ob das ausreicht, wird sich zeigen, sobald die Schulen tatsächlich frei entscheiden können, welche Plattform sie nutzen wollen: Bisher mussten sie für Itslearning Tausende Euro pro Jahr aus dem eigenen Budget bezahlen, was nur wenige taten. Künftig gibt das Land das Geld obendrauf, heißt es.

Für Stettner ist die Sache damit aber nicht ausgestanden. Er möchte wissen, warum das Land erst nach einem Jahr Pandemie, also erst jetzt, die Kosten für die Nutzung von "Itslearning" übernimmt.

Stettner fragt aber auch, warum der Senat mit keinem anderen der „belastbaren“ Anbieter von Schulclouds überhaupt „für nötig gehalten hat, zu sprechen“. Und warum er es soweit kommen ließ, „obwohl die technischen Probleme bei Moodle bei Nutzerzahlen über 50.000 bekannt waren“.

Am Mittwoch kamen weitere Fragen hinzu. Landeseltermsprecher Heise wies nämlich darauf hin, dass es beim Lernraum einen erheblichen Fortschritt gibt: Um die Überlast bei Moodle zu vermeiden, wurden bei kleinere Einheiten gebildet: Seit Sonnabend arbeitet der Lernraum in vier "Verbünden", anstatt wie bisher in zweien.

"Sie rauchen gute Leute auf"

Dies dürfte dazu führen, dass die Probleme nachlassen. Zudem sei geplant, so Heise, dass ab Sommer jede Schule eine eigene Moodle-Struktur erhalten soll. Warum die Bildungsverwaltung diese positive Entwicklung in den Antworten auf Stettners Anfrage nicht erwähnte, sondern stattdessen die scheinbar ungelösten Überlastprobleme mit Moodle beschwor, war für den Abgeordneten nicht nachvollziehbar.

"Sie rauchen gute Leute auf, die sich ein Bein ausreißen für Bildungsprojekte, lassen diese allein und wissen noch nicht einmal, was passiert", beschrieb Stettner den Umgang der Bildungsverwaltung mit Projekten wie dem Lernraum. Die Senatorin unterstütze "die Menschen, die am eigentlichen Problem arbeiten nicht".

Es sei "bewundernswert, dass dennoch so viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich nicht in die innere Kündigung begeben haben, sondern kämpfen für gute Bildung in Berlin", lautet Stettner Einschätzung.

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