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Ein T-Shirt mit einem Herz, umrahmt von den ukrainischen Farben hängt im Klassenraum einer Willkommensklasse am Willy-Graf-Gymnasium in Berlin-Lichterfelde.

© Annette Riedl/dpa

Senat rechnet mit „deutlich mehr“ Anmeldungen: Berlin braucht mehr Platz an Schulen und Kitas für ukrainische Kinder

Mindestens 45.000 ukrainische Geflüchtete leben in Berlin, viele davon Kinder. Sie treffen auf ein ohnehin angespanntes Schulsystem.

Berliner Schulen und Kitas müssen sich darauf einstellen, viel mehr ukrainische Kinder aufzunehmen als bislang geschehen. „Wir gehen davon aus, dass sich nach den Osterferien deutlich mehr Kinder und Jugendliche anmelden“, erklärte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag im Anschluss an die Sitzung des Senats. Erstens seien längst nicht alle in Berlin registrierten Geflüchteten versorgt, zweitens kämen täglich neue hinzu, erklärte Giffey und sprach von einer „großen Herausforderung“.

Tatsächlich waren allein in der Woche vor den Osterferien 600 aus der Ukraine geflüchtete Kinder für die Beschulung angemeldet worden. Ein „sprunghafter Anstieg“, berichtete Giffey und wertete dies als Indiz dafür, „dass jetzt die nächste Phase kommt“. Nachdem es in den ersten Wochen des Krieges vor allem darum gegangen sei, die Geflüchteten unterzubringen, rücke nun deren Integration in den Vordergrund. „Das wird sich in den nächsten Tagen noch sehr verändern, davon gehen wir aus“, sagte Giffey.

Bis zum Beginn der Osterferien waren etwas weniger als 2000 Kinder in den Betrieb der berlinweit rund 800 Schulen integriert; 892 davon in Willkommensklassen, 1024 in der Regelschule. An den Kitas der Stadt liege die Zahl der betreuten Flüchtlingskinder aktuell bei rund 4000, ergänzte Giffey. Dort wie in den Schulen gelte: „Wir stemmen das durch Zusammenrücken.“ Giffey dankte den Beschäftigten für ihre Solidarität.

Dem schloss sich Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) im Gespräch mit dem Tagesspiegel an. „Wir haben noch Luft nach oben, vor allem dank der Solidarität an Schulen und Kitas“, erklärte Busse. Sie betonte die große Hilfsbereitschaft aller Beteiligten, erklärte aber auch: „Ich bin davon überzeugt, dass noch mehr kommen werden.“

Einem Sprecher zufolge hat die Senatsverwaltung für Bildung allgemeinbildende und berufliche öffentlichen Schulen sowie die Schulträger gebeten, ihre möglichen Raumkapazitäten zu benennen. Es stünden noch Schulplätze zur Verfügung. Zudem sei eine erste Ausschreibung für Willkommenslehrkräfte erfolgt, weitere Maßnahmen werden folgen.

300 geflüchtete Pädagogen wollen helfen

Knapp 30 Lehrkräfte aus der Ukraine konnten bereits für den Einsatz in Willkommensklassen gewonnen werden, erklärte der Sprecher weiter. Giffey zufolge hatten sich bislang rund 300 ukrainische Pädagoginnen für den Schuldienst registrieren lassen. Sie möglichst schnell einzubinden, soll dabei helfen, die absehbaren Engpässe zu überwinden.

Markus Hanisch, Sprecher der Bildungsgewerkschaft GEW, forderte die Beschleunigung der Anerkennungsverfahren sowie zusätzliche Ausschreibungen für pädagogisches Personal. Nicht nur in den Schulen, auch in den zuständigen Behörden müsse das Personal gestärkt werden, forderte Hanisch. Nur so könne dafür Sorge getragen, dass all jene, die nun in Schulen und Kitas helfen wollen, dort auch zeitnah einsteigen können.

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Erschwert werden die Planungen dadurch, dass auch sieben Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine niemand genau weiß, wie viele Flüchtlinge sich aktuell in Berlin aufhalten. 44.000 Menschen hätten bislang einen Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis gestellt, 35.000 Menschen die Hilfe der Sozialämter beantragt, sagte Giffey am Dienstag.

Die Regierungschefin geht davon aus, dass sich deutlich mehr Geflüchtete in Berlin aufhalten. Aktuell kämen täglich rund 3000 Menschen hinzu, einige Hundert würden pro Tag meist mit Bussen weiterverteilt. Auch im Lagebericht der Sozialverwaltung wird erklärt, dass die genaue Zahl der sich in Berlin aufhaltenden Geflüchteten nicht „verlässlich“ angegeben werden könne.

Unterkunft auf dem Messegelände wird zur Reserve

Am Dienstag standen 1167 Plätze für die Unterbringung ankommender Menschen zur Verfügung. Die bis dato vorgehaltenen 900 Plätze auf dem Messegelände werden nicht länger genutzt. Sie bleiben als Reserve erhalten.

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Auch ohne genaue Zahlen scheint klar: Berlin hat deutlich mehr Menschen aufgenommen, als nach Königsteiner Schlüssel – dem Verteilprinzip der 16 Bundesländer – vorgesehen. Giffey erklärte dazu, nicht alle Menschen könnten bleiben, es brauche die bundesweite Verteilung.

Ausnahmen gelten für Menschen mit familiärer Bindung, für Schwangere vor der Entbindung oder bei Vorliegen eines Arbeits- oder Ausbildungsvertrages. Auch körperlich wie seelisch beeinträchtigte Menschen sollen über die festgelegte Quote von fünf Prozent der bundesweit registrierten Flüchtlinge hinaus in Berlin bleiben dürfen.

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