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Keine Einfahrt in die Kita, sondern ein Radweg in den Park. 

© Andreas Baum

„René hat Verständnis“: Wie die Berliner Polizei mit einem Tweet Radfahrer erzürnte

Account gehackt? Die Berliner Polizei sorgte mit einem Tweet über einen Falschparker für große Aufregung – nun korrigierte sie ihre Äußerung.

Die Berliner Polizei hat einen verständnisvollen Tweet über einen Falschparker korrigiert, nachdem dieser einen heftigen Protest in sozialen Netzwerken ausgelöst hatte. Es sei ein "Fehleindruck" entstanden, der sich "auf das Verhalten Dritter negativ" auswirken könne, räumte die Polizei ein.

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Am Donnerstag hatte das Social-Media-Team des Polizeipräsidiums das Foto eines Falschparkers auf dem Gehweg so kommentiert: "Der Herr ist Monteur, installiert gerade in dieser Kita eine Pumpe und hat dafür sein Fahrzeug auf dem Gehweg abgestellt. René hat Verständnis." Der "René" ist ein Spandauer Kontaktbereichsbeamter (KOB), der an diesem Tag begleitet wurde. 

Es folgte harte Kritik von Fahrradaktivisten und Verkehrspolitikern. Die grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, nannte die Aussage eine "Provokation" und fragte bei Twitter: "Ist der Account von Polizei Berlin gehackt?" Der letzte Satz des Polizeitweets macht unterdessen als neuer Hashtag "renehatverständnis" zu Fotos von Falschparkern bundesweit die Runde. 

Die Polizei korrigierte ihre Darstellung in einer vom Tagesspiegel angeforderten Stellungnahme völlig. "Aufgrund der auf Twitter naturgemäß knappen Darstellung der Situation kann ein Fehleindruck entstanden sein", so das Fazit. So sei der Monteur angesprochen und ermahnt worden. Da das Fahrzeug "nur mit einem kleinen Teil des Hecks auf den Gehweg ragte" und dies auch nur "lediglich für den Prozess des Entladens" habe KOB René es bei einer Ermahnung belassen, schrieb das Polizeipräsidium.

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Und weiter:  "Eine Behinderung anderer Verkehrsteilnehmender lag nicht vor, dennoch entschloss sich der Kontaktbereichsbeamte dazu, einzuschreiten und den Sachverhalt aufzuklären." Und der Monteur soll gehorcht haben, so die Schilderung der Polizei: "Erstgenannter habe sich entschuldigt, Unrechtsbewusstsein gezeigt und versichert, lediglich für die Dauer des Entladens diesen Abstellort gewählt zu haben sowie das Fahrzeug unverzüglich zu entfernen." 

Anwohner und Aktivisten widersprechen der Polizei

Ein Bußgeld bekam er nicht, die Begründung im Wortlaut: "Vor dem Hintergrund des Unrechtsbewusstseins, des aufrichtigen Einräumens des Verstoßes und letztlich der ordnungswidrigkeitsrechtlichen Geringfügigkeit wurde der Fahrzeugführer mündlich verwarnt." 

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Nach Angaben des Präsidiums stand "das auf dem Foto abgebildete Fahrzeug rückwärts in der Einfahrt des dortigen Familienzentrums". Dem allerdings widersprachen Anwohner und Verkehrswendeaktivisten energisch - und belegten das mit Fotos. Tatsächlich stand das Auto des Klempners in der Einfahrt in den Koeltzepark, es ist sogar ein Radweg im Pflaster in den Park markiert.

"Der nächste Parkplatz wäre 15 Meter weg gewesen"

Eine "Einfahrt" in die Kita gibt es nicht, wie auf Fotos zu erkennen ist. "Der nächste Parkplatz wäre 15 Meter weg gewesen", sagte der frühere Piraten-Abgeordnete Andreas Baum am Sonnabend dem Tagesspiegel. Zudem sei die Straße keine Sackgasse, wie die Polizei behauptet habe. Baum hat bei Twitter mehrere Fotos veröffentlicht.

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Der Tweet sei deshalb ärgerlich, weil die Polizei vermittele, dass Falschparken in Ordnung sei - "und das an dem Tag, an dem eine Radfahrerin wegen eines Falschparkers getötet wird". Am Donnerstagmittag wurde eine 37-Jährige in der Frankfurter Allee von einem Sattelschlepper getötet, als sie einem auf der Radspur parkenden Geldtransporter ausweichen wollte. 

Am Freitagabend fand dort eine Mahnwache des ADFC und Changing Cities statt, zu der mehrere hundert Menschen kamen. Ein Teilnehmer fotografierte kurz nach Ende der Kundgebung einen Lieferwagen, der exakt an der Stelle den Radweg blockierte, an dem am Vortag die Frau getötet wurde. 

Für die Polizei gibt es also viel zu tun. Quasi als Entschuldigung für den Tweet schrieb das Präsidium dem Tagesspiegel: "Die klare Botschaft der Polizei Berlin sollte auch hier gewesen sein: Wir stellen fest und wir schreiten ein – verhältnismäßig."

Wie das aussehen kann, schilderte Bürgermeisterin Herrmann am Sonnabend: "Gestern habe ich in der Oranienstraße eine neben mir fahrende Polizeistreife auf zwei Zweite-Reihe-Parker aufmerksam gemacht, die auch den BVG-Bus behinderten. In beiden Autos saßen die Fahrer. Die Streife fuhr mit Achselzucken dran vorbei." 

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