zum Hauptinhalt
Die Grünen wollen die bisherige Arbeit der betroffenen Polizisten stichprobenartig prüfen lassen. Der Verdacht: Sie ließen sich womöglich von ihrer mutmaßlich rechten Gesinnung leiten.

© Silas Stein/dpa

Rechte Chatgruppen bei der Berliner Polizei: Grüne fordern Überprüfung der Amtshandlungen verdächtiger Beamter

Die Grünen warnen vor dem Einfluss rassistischen Gedankenguts auf die Arbeit der Polizei. Die Linken sehen Verbindungen zur Anschlagsserie in Neukölln.

Es ist bereits die dritte Chatgruppe mit rassistischen und rechtsextremen Inhalten, die bei Berliner Polizist:innen entdeckt wurde. Gleichzeitig wirkt sich der Fall womöglich auch auf die Ermittlungen in der rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln aus.

Nachdem die Polizei am Mittwoch Wohnungen und Dienstadressen von fünf beteiligten Polizist:innen durchsuchte, wollen Grüne und Linke die Ermittlungen nun im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses thematisieren. 

Die Grünen fordern eine Überprüfung der bisherigen Amtshandlungen der betroffenen Polizist:innen. Der Verdacht: Wer verfassungsfeindliche und menschenverachtende Inhalte mit Kolleg:innen austauscht, verhält sich womöglich auch während der Dienstzeit nicht „maßvoll und neutral“, sondern lässt sich vielleicht von seiner offenbar rechtsextrem geprägten Grundhaltung leiten.

Die Grünen–Abgeordneten June Tomiak und Benedikt Lux haben eine schriftliche Anfrage an den Innenausschuss gestellt, die in der Sitzung am 16. August thematisiert werden soll. Darin fragen sie unter anderem auch nach dem genauen Ablauf der Ermittlungen, weiteren Details zu den verdächtigten Polizist:innen und ob die fünf Beamt:innen Kontakte zu bekannten Rechtsextremen hatten. 

„Es ist wichtig, dass Polizisten, die einer solchen Chatgruppe hinzugefügt werden, entsprechende Inhalte nicht dulden“, sagte Benedikt Lux dem Tagesspiegel. „Zusehen heißt mitmachen.“ Er kenne aus seiner beruflichen Praxis als Anwalt und Politiker Fälle, bei denen etwa Menschen mit Migrationshintergrund von Polizist:innen nicht neutral behandelt worden seien. Daher fordert er, dass alle bisherigen Amtshandlungen der beteiligten Polizist:innen zumindest stichprobenartig überprüft werden sollten. 

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Zudem solle auch das Umfeld der Polizist:innen analysiert werden – denn wer rechtsextremes Gedankengut habe, vernetze sich in der Regel auch mit anderen Menschen, die ähnlich denken.

Die Chatgruppe war bei der Durchsuchung des Handys des Beamten Detlef M. aufgefallen, allerdings, wie die Polizei selbst sagt, eher zufällig. Gegen Detlef M. wird seit einiger Zeit wegen des Verdachts des Geheimnisverrats ermittelt: Er soll nach dem Terroranschlag am Breitscheidplatz Polizeiinterna in einer Chatgruppe der Neuköllner AfD verbreitet haben. 

Ein Mitglied dieser Chatgruppe war auch der ehemalige Kreisvorstand der AfD, Tilo P. – einer der beiden Hauptverdächtigen in der rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln, der mindestens 72 Straftaten zugerechnet werden.

Linke bezweifelt bisherige Erkenntnisse von Ermittlungsgruppen 

Speziell diese Verbindung beschäftigt die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, die ebenfalls eine  Anfrage an den Innenausschuss eingereicht hat. „Wir sind verärgert. Obwohl bei den zwei Ermittlungsgruppen zum Neukölln-Komplex immer wieder die mögliche Verbindung zu Polizisten und speziell Detlef M. thematisiert wurde, hieß es stets, dass es keine Hinweise auf entsprechende Verbindungen gäbe“, sagte die Abgeordnete Anne Helm dem Tagesspiegel.

[Lesen Sie mehr mit Tagesspiegel-Plus: „Presse, Jansen, Frank“: Wie es ist, auf einer Neonazi-Feindesliste zu stehen]

Die neu entdeckte Chatgruppe stelle aus ihrer Sicht die Ergebnisse der Ermittlungsgruppe „Fokus“ sowie der externen Expertenkommission in Frage. Es sei unklar, wie verlässlich deren Erkenntnisse seien, wenn offenbar Hinweise bislang übersehen wurden. 

„Wir fragen uns auch, ob über den Beamten M. womöglich weitere Polizeiinterna, abseits des Attentats am Breitscheidplatz, an die AfD und damit auch den Hauptverdächtigen der Anschlagsserie geflossen sind“, sagte Helm weiter. Linke und Grüne fordern seit längerem einen Untersuchungsausschuss zu der Anschlagsserie. 

Zur Startseite