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Polizisten patrouillieren im James-Simon-Park im Berliner Bezirk Mitte und weisen Besucher auf das Alkoholverbot hin.

© dpa/Christoph Soeder

Update

Alkoholverbot nur punktuell durchgesetzt: Ruhige Nacht im James-Simon-Park in Berlin-Mitte

Am Freitagabend blieb die Lage am James-Simon-Park in Mitte ruhig. Es wurden keine Platzverweise verhängt – trotz kontroversem Alkoholverbot.

Im James-Simon-Park zeigt sich am Freitagabend eine beinahe friedliche Szenerie. Es ist wenig los. Etwa 100 Menschen hängen in kleinen Gruppen auf der Grünfläche zwischen S-Bahn und Spree ab und haben selten mehr als ein paar Flaschen Bier dabei.

Man kann sich kaum vorstellen, dass die Polizei hier vor einer Woche den Park räumen musste. Seit Donnerstag gilt im James-Simon-Park und dem angrenzenden Monbijoupark zwischen 22 und 6 Uhr ein Alkoholverbot.

Es scheint also zunächst so, als ob das Verbot wirkt oder zumindest die Gruppen Jugendlicher, von denen Partyexzesse und Gewalt zuletzt maßgeblich ausgingen, heute woanders feiern.

Vieles spricht eher für letzteres: Anfangs ist die Polizei mit mehreren Streifengruppen in Uniform Präsenz, am Parkeingang steht ein Einsatzwagen. Die Polizisten sprechen fast alle Gruppen an und weisen auf das Alkoholverbot hin.

Die wenigsten Parkbesucher haben davon gehört. Vereinzelt leuchten die Beamten den Inhalt von Flaschen ab. Einige Besucher verlassen den Park oder räumen ihre Alkoholflaschen weg. Soweit erkennbar erteilen die Polizisten keine Platzverweise.

Keine Streifen mehr nach Mitternacht

Nach 0 Uhr sind keine Streifen mehr zu sehen, auch der Einsatzwagen am Parkeingang ist weg. Die meisten Gruppen konsumieren nach wie vor Alkohol. Insgesamt bleibt es sehr ruhig.

Unter den Parkbesuchern ist man geteilter Meinung, was das Alkoholverbot angeht. Viele haben Verständnis, sehen aber das Problem der Kontrolle und Durchsetzung. „Man sieht, was wir davon halten“, meint eine Gruppe Jungs und zeigt auf die Ansammlung halbleerer Alkoholflaschen um sie herum.

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Drei Jugendliche aus Warschau erzählen, dass dort Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit nur an bestimmten Stellen gestattet ist. Das würde ganz gut funktionieren.

„Für die, die hier nur was entspannt trinken wollen, ist das natürlich nicht toll.“, meint eine Gruppe aus Spandau. Sie könnten das Alkoholverbot grundsätzlich nachvollziehen, heißt es aus einer Gruppe junger Erwachsener. „Aber wenn ich draußen vor dem Park trinken kann, komme ich einfach alkoholisiert hier rein.“, sagt ein Anfang 20-Jähriger. Das Verbot beiße sich auch etwas mit der Tatsache, dass man in den Bars nebenan ja Alkohol trinken könne.

„Dann treffen sich die Gruppen woanders zum Saufen.“

Ein Mitarbeiter eines angrenzenden Clubs sagt, es sei mit der Polizei vereinbart, dass Gäste Alkohol im abgezäunten Außenbereich der Bar oder die gekauften Getränke außerhalb des Park konsumieren müssten.

Sein Kollege hält von dem Alkoholverbot wenig: „Dann treffen sich die Gruppen woanders zum Saufen.“ Dauerhafte Polizeipräsenz würde helfen, zumal er gelegentlich schon eine Stunde auf die Einsatzkräfte warten musste, als die Stimmung im Park eskalierte.

In den letzten Wochen feierten im James-Simon-Parks fast jedes Wochenende mehrere hundert Jugendliche in aufgeheizter Stimmung, die zum Teil eskalierte. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) hatte ein Alkoholverbot vor wenigen Tagen im Interview mit dem Tagesspiegel angekündigt.

In der Senatsverwaltung tagt bereits eine Arbeitsrunde, um für das Phänomen nächtlicher Massenpartys eine stadtweite Lösung zu finden. Am Donnerstag hatte der Bezirk Mitte das Alkoholverbot verhängt, mit dem man auf die „Partyexzesse“ reagiere.

Alkoholkonsum gelte als Hauptkatalysator für solches Fehlverhalten. Ein Alkoholverbot sei das mildeste Mittel, um die Grünanlage und ihre Funktionen zu schützen. Das Verbot gilt bis 11. September.

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Der Ordnungsdienst werde ab nächster Woche freitags und sonnabends von 22 bis 22.30 Uhr „im Rahmen der vorhandenen Ressourcen“ die Polizei unterstützen. Nach Gesprächen mit der Polizei sei das Alkoholverbot „gemeinsam als zielführend bewertet“ worden.

Es „hat vor allem einen präventiven Charakter“ und erlaube es, Platzverweise auszusprechen und Alkohol sicherzustellen. Wenn nötig, könnte ein Verwarngeld in Höhe von 50 Euro oder ein Bußgeld in Höhe von 100 bis 3000 Euro erhoben werden. Der Bezirk wolle „die Beeinträchtigung seiner Grünanlagen“ und „ gewaltorientierte Exzesse“ dort nicht hinnehmen.

Experten erwarten, dass die Partymeute nun auf andere Parks ausweicht – etwa in den Mauerpark in Pankow. Das Bezirksamt dort lehnt ein Alkoholverbot aber ab, hält es für unverhältnismäßig – und es warnt vor Klagen.

Gewerkschaft der Polizei: Verbot ist „hilfloser Versuch“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte die Maßnahme des Bezirks am Freitag scharf kritisiert. Es sei nicht klar, wer das Verbot durchsetzen werde und wie Verstöße sanktioniert werden sollten. „Es fehlt weiter ein klares Konzept für die Menschen im Bezirk“, teilte GdP-Sprecher Benjamin Jendro mit.

Das Alkoholverbot sei letztlich nichts weiter als der hilflose Versuch, sich wieder aus der Verantwortung zu ziehen. „Es kann nicht sein, dass alle in den Sommerurlaub fahren und darauf vertrauen, dass Polizei und Feuerwehr wie immer in dieser Stadt alle Probleme lösen.“

Jörn Badendick vom Berufsverband "Unabhängige in der Polizei" sagte: "Der Bezug Mitte ist originär zuständig, stellt aber gleichzeitig zu den relevanten Stoßzeiten kein Personal. Das ist ein Abwälzen von Zuständigkeiten auf dem Rücken der Einsatzkräfte, die dann an anderer Stelle nicht zur Verfügung stehen."

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