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Im Bushido-Prozess gegen Arafat Abou-Chaker wäre Kilic ein wertvoller Zeuge.

© Paul Zinken/dpa

Geleaktes Telefonat eines Bushido-Weggefährten: Abgeschobener Intensivstraftäter will gegen Clan-Chef Abou-Chaker aussagen

Aus einem aufgezeichneten Telefongespräch geht hervor, dass Veysel Kilic vor Gericht aussagen will. Er war ein Vertrauter von Abou-Chaker und Bushido.

Der Intensivstraftäter Veysel Kilic will offenbar im Prozess gegen Clan-Boss Arafat Abou-Chaker aussagen. Das geht aus einem aufgezeichneten Telefongespräch zwischen Kilic und Abou-Chaker hervor, dass nun bei Youtube veröffentlicht worden ist. Dem Inhalt und den Gesprächsdetails zufolge wirkt das Tonmaterial authentisch und echt. 

Die Aufnahme ist wegen der zeitlichen Bezüge in dem Gespräch vermutlich in den vergangenen sieben Tage entstanden. Kilic hält sich in der Türkei auf, wohin er im März direkt aus dem Gefängnis abgeschoben worden war. Damals lief bereits der Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und seine Brüder.

Sie sollen Ende 2017 versucht haben, vom Rapper Bushido eine Abfindung für dessen Trennung der langjährigen Geschäftsbeziehungen zu erpressen. Es geht um versuchte schwere räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Beleidigung. 

Veysel Kilic war ein Vertrauter von Bushido und Arafat Abou-Chaker – und er war kurzzeitig dabei, als der Clan-Boss den Rapper traktiert haben soll. Im Zuge des Streits der beiden Geschäftspartner hatte sich Kilic dann auf Bushidos Seite geschlagen. Dem nun veröffentlichten Mitschnitt zufolge soll er erklärt haben, vor Gericht gegen den Clan-Boss aussagen zu wollen. 

„Ich werde in deinem Gericht gegen dich reden."

Wörtlich heißt es in dem Mittschnitt: Er, Veysel, wechsle seine Telefonnummer nur nicht, „weil ich warte, dass der Richter anruft“. Später sagt der Mann, bei dem es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Kilic handelt: „Ich werde in deinem Gericht gegen dich reden. Und ich glaube, die werden mich nicht mal anrufen (…), die haben schon ihr Urteil in ihrem Kopf“.

Kilic ist türkischer Staatsbürger, er galt als einer berüchtigtsten Kriminellen Berlins, Vollstrecker für kriminelle Clan-Mitglieder und „Mann fürs Grobe“. Er war durch Gewalt- und Drogendelikte aufgefallen, teils „unter Anwendung von Schusswaffen“, wie die Innenverwaltung bei der Abschiebung im März erklärte. Kilic saß mehrere Jahre im Gefängnis.

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Weihnachten 2020 saß er noch in einer Glücksspielrunde gemeinsam mit einem der Abou-Chaker-Brüder. Danach kam es nahe der SPD-Parteizentrale in Kreuzberg zu einer Schießerei. Ein Italiener feuerte auf drei Männer aus der Berliner Unterwelt. Gegen Kilic erging Haftbefehl wegen unerlaubten Führens und Besitzes einer Schusswaffe.

Staatsanwaltschaft stimmt Abschiebung zu

Kilic saß bereits wegen eines Messerangriffs mehrere Jahre im Gefängnis. Im September erging ein noch nicht rechtskräftiges Urteil: Er hatte in Charlottenburg mehrmals mit einer Pistole in die Luft geschossen und war mit Kokain erwischt worden, obwohl er unter Führungsaufsicht stand. 

Obwohl er für den Bushido-Prozess gegen Arafat Abou-Chaker ein wichtiger Zeuge wäre, weil er beide Männer gut kennt, hatte die Staatsanwaltschaft der Abschiebung zugestimmt. Kilic wurde aus der Haftanstalt Moabit geholt und in die Türkei geflogen. Die Richter, die gerade am Landgericht in einem Mammutprozess die Anklage gegen die Abou-Chaker-Brüder verhandeln, sind höchst unzufrieden damit. Einer der wichtigsten Zeugen ist nicht greifbar. 

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Am Ende seiner Aussage, für die er über Monate im Zeugenstand saß, berichtete Bushido im April, dass er mit Kilic nach dessen Abschiebung telefoniert habe. Doch dem Richter war etwas ganz anderes wichtig – nämlich die Telefonnummer von Kilic.

Gericht versuchte Kilic zu erreichen

Der Richter freute sich sichtlich, dass Bushido die Nummer hat. Ein Richter, der einen abgeschobenen Schwerkriminellen als Zeuge vernehmen will, und ein Zeuge, der auspacken will – besser könnte es nicht laufen. Das Gericht habe bereits versucht, Kilic telefonisch in der Türkei zu erreichen, das habe aber nicht geklappt, sagte ein Gerichtssprecher dem Tagesspiegel.

[Lesen Sie mehr bei Tagesspiegel Plus: Was der abgeschobene Zeuge über Arafat Abou-Chaker zu sagen“ (T+)]

Vorerst wolle das Gericht Kilic nicht als Zeugen vernehmen. Anekdote am Rande: Kilic hat Bushido zufolge berichtet, dass die Polizisten im Auto auf dem Weg zum Flughafen Bushidos Song „Mephisto“ liefen ließen – es ist Bushidos Abrechnung mit seinem früheren Geschäftspartner Abou-Chaker.

In dem jetzt aufgetauchten Telefonat schimpft Veysel Kilic auch über den Berliner Rapper Patrick Losensky alias Fler, bezeichnet ihn als „Hund“ und „Bastard“. Fler, der in den sozialen Netzwerken sonst grob und aggressiv gegen andere austeilt, hält sich in diesem Fall bislang auffallend zurück: Über Kilics Attacke hat er sich noch nicht geäußert.

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