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Krisenprojekt: Der BER leidet unter massiven Finanzierungsproblemen.

© Christoph Soeder/dpa

Finanzprobleme am Berliner Flughafen: Am BER ist ein ehrlicher Neustart nötig

Die Probleme des Berliner Flughafens sind hausgemacht. Gegen eine ungeordnete Insolvenz braucht es Finanz-Klarheit und einen Sanierungsplan. Ein Gastbeitrag

Um den Berliner Hauptstadt-Flughafen rankt sich ein beliebtes Märchen: Wegen der Corona-Pandemie ist er in der Krise und muss daher von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern mit hunderten Millionen Euro unterstützt werden. Nach der Coronakrise macht der BER dann große Gewinne. Die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft (FBB) erzählt dieses Märchen noch immer. Aber Märchen werden nicht wahrer, je häufiger sie erzählt werden oder je mehr man daran glaubt.

Die Realität sieht sehr viel nüchterner aus: Die finanziellen Probleme des Berliner Flughafens sind eindeutig hausgemacht: Corona wirkt sich für das riskante Geschäftsmodell der völlig überschuldeten Gesellschaft lediglich wie ein Brandbeschleuniger aus. Wir brauchen jetzt Transparenz, eine nachhaltige Entschuldung und einen ehrlichen Neustart für den BER. Zu einem solchen Neustart gehört ein/e externe Flughafensanierer:in als Flughafenchef:in, der oder die ein nachhaltiges Geschäftsmodell für den BER durchsetzt.

Dass der Aufsichtsrat nun die bisherige Finanzchefin zur neuen Geschäftsführerin gemacht hat, ist Zeichen des „Weiter so“, das gegen die ausdrückliche Positionierung der Grünen gesetzt wurde. Schon das Verfahren ließ jede Transparenz vermissen. Wir Grünen haben im Vorfeld deutlich darauf hingewiesen, dass eine Ausschreibung der bessere Weg gewesen wäre.

Schon Anfang 2020, also bereits vor der Pandemie, klaffte laut einer Gruppe unabhängiger Wirtschaftsprüfer in der Bilanz des Flughafens eine Lücke von mindestens 1,8 Milliarden Euro. Die Pandemie gab der Geschäftsführung des Flughafens die Möglichkeit, das Finanzloch der FBB mit Verweis auf die Coronakrise zu stopfen.

Hierfür musste die FBB-Geschäftsführung nur die Welt schönrechnen. Das Corona-bedingte Defizit, das die Gesellschafter ausgleichen sollen, fußt auf völlig überhöhten Einnahmeprognosen. Das Kalkül lautete: je höher die prognostizierten Einnahmen umso höher der Corona-Schaden und umso größer die Millionenhilfen der öffentlichen Hand. Allein für 2020 und 2021 macht deshalb die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) bei den drei Gesellschaftern Corona-Hilfen in Höhe von 860 Millionen Euro geltend. Und auch für die Jahre danach fordert die FBB viele weitere hunderte Millionen Euro – immer mit dem Hinweis auf die Verluste infolge der Pandemie.

Bettina Jarasch, grüne Spitzenkandidatin für Berlin
Bettina Jarasch, grüne Spitzenkandidatin für Berlin

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Julia Schmidt, Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg
Julia Schmidt, Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg

© promo

Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion
Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion

© Ralf Hirschberger/dpa

Die FBB ist mit über vier Milliarden Euro verschuldet

Die Wahrheit ist eine andere: Die FBB ist mit über vier Milliarden Euro verschuldet und war das auch schon vor der Coronakrise. Die Last von Zinsen und Tilgung ist inzwischen so groß, dass sie nahezu alle Einnahmen des Flugbetriebs auffrisst. Selbst für den laufenden Flugbetrieb bleibt nicht genügend übrig, von Investitionen ganz zu schweigen. In internen Planungen geht die Geschäftsführung davon aus, dass der BER vor 2034 nicht einen Cent Gewinn erwirtschaften wird.

Ohne die Bonität ihrer Gesellschafter, dem Bund und der Länder Berlin und Brandenburg, würde die Rating-Agentur Moody's der FBB in ihrer Bewertung nur noch den Status „Ramschniveau“ zubilligen. Kein privater Investor würde auch nur einen Euro in das Unternehmen stecken. Zuletzt stand in einem Artikel des Tagesspiegel: „Der Geschäftsbericht der Flughafengesellschaft für 2020 belegt es Schwarz auf Weiß. Es könnte kaum schlimmer stehen: Milliarden fehlen. Es geht ums Überleben.“

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: "Kleine Fluchten in der Pandemie: Der BER als Ausflugstipp – das beflügelt"]

Bis heute sperrt sich die Geschäftsführung erfolgreich dagegen, die tatsächliche Finanzsituation der Gesellschaft durch unabhängige Dritte überprüfen zu lassen und offenzulegen. Etwa alle drei Monate wird dem Aufsichtsrat ein neuer Wirtschaftsplan präsentiert, der immer neue Zahlen enthält, aber das wahre Ausmaß der finanziellen Misere weiterhin verschleiert.

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Diese Intransparenz und Salamitaktik hat eine ehrliche Diskussion über die wahre wirtschaftliche Lage der Flughafengesellschaft bislang so gut wie unmöglich gemacht. Ohne eine ehrliche finanzielle Bestandsaufnahme droht die Sanierung noch weiter verschleppt und damit immer teurer zu werden. Der Bau des BER hat den öffentlichen Haushalten eine gigantische Schuldenlast hinterlassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass der BER auch im Betrieb ein Milliardengrab wird.

Zunächst gilt es zu verhindern, dass die FBB in eine ungeordnete Insolvenz gerät. Dass kann aber nicht bedeuten, dass die staatlichen Eigentümer wie von der Geschäftsführung gefordert, einen Blankoscheck in Form einer unbegrenzten Zahlungsverpflichtung für die Zukunft ausstellen. Was wir zunächst brauchen, ist Klarheit über die tatsächliche Finanzsituation und ein Sanierungsplan. Deshalb fordern wir Grüne schon seit langem den Einsatz unabhängiger Wirtschaftsprüfer. Wir fordern ein externes Sanierungsgutachten, um eine seriöse Grundlage für alle weiteren Entscheidungen zu erhalten. Wir wollen den Hauptstadt-Flughafen auf stabile eigene Beine stellen. Und wir wollen einen verantwortlichen Umgang mit Steuergeldern. Das beginnt mit einer ehrlichen Sanierung.

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