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Rapper Fler, bürgerlich Patrick Losensky, sitzt in einem Gerichtssaal. 

© Paul Zinken/dpa

Update

„Entweder der verschwindet oder ich gehe“: Rapper Fler rastet im Gerichtssaal aus

Weil ihm einer der Journalisten im Saal nicht passte, verließ der angeklagte Musiker das Gerichtsgebäude in Tiergarten. Die Verhandlung ging ohne ihn weiter.

Aufgebracht stand Rapper Fler im Gerichtssaal. „Entweder der verschwindet oder ich gehe“, forderte er und zeigte auf einen der Journalisten auf der Zuhörerbank. Es kam zum Eklat.

Der 38-Jährige, angeklagt wegen einer Reihe von Straftaten, stürmte wütend zur Tür und verschwand. Auch sein Verteidiger konnte ihn nicht umstimmen. Weil Fler nicht zurückkehrte, ging es am dritten Prozesstag am Mittwoch vor dem Amtsgericht Tiergarten ohne ihn weiter. Zuvor hatte er noch auf die Freiheit der Kunst gepocht.

Ein rüpelhafter Abgang mit Vorlauf. Als Zeuge hatte zuvor Tagesspiegel-Reporter Sebastian Leber ausgesagt. Er hatte die jahrelange Fehde zwischen Fler und dem Rapper Bushido – zwei Berliner, die einst gute Freunde waren – in einem Beitrag nachgezeichnet.

Fler passte nicht, was er las. Er reagierte laut Anklage bedrohlich. Zunächst versuchte er, dem Journalisten einen „Hausbesuch“ abzustatten. Leber machte das publik. Fler twitterte daraufhin im Oktober 2019: „Haue dir für jeden frechen Tweet einfach mehr auf die Fresse.“ Zudem sei von „Zähne einschlagen“ und „auflauern“ die Rede gewesen. Der Fall ist Teil einer von acht Anklagen.

„Vier Mal hat er mich massiv bedroht“, so Zeuge Leber. So etwas sei ihm zuvor nie passiert im Bereich Künstler und Hip-Hop, aber von Rechtsextremen. Fler forderte zuletzt: „Ist der Artikel morgen nicht runter, weißt du, was ich mache.“ Der Rapper habe seine Drohung bis heute nicht zurückgenommen, sei im Gegenteil noch stolz darauf, sagte der Zeuge. Wenn jemand mit derart vielen Vorstrafen drohe, dann sei das ernst zu nehmen.

„Für mich ist es künstlerische Freiheit, dass ich mich so verhalte, wie sich ein Rapper verhält“

Fler konterte von der Anklagebank aus – mit ansteigender Lautstärke. „Für mich ist es künstlerische Freiheit, dass ich mich so verhalte, wie sich ein Rapper verhält.“ Wer das nicht begreife, habe keine Ahnung von Hip-Hop. „Alle Drohungen sind nicht ernst gemeint.“ Er habe den Journalisten nicht schlagen wollen. „Ich bin kein Gewalttäter“, wetterte der Angeklagte.

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Seine Wut wuchs noch, als die Staatsanwältin fragte: „Sie meinen, das ist die Verwirklichung künstlerischer Freiheit?“ Er griff in die Pöbelkiste: „So ein Blödsinn, mir reicht’s.“

Es gebe Regeln, sagte die Anklägerin. Da verlor Fler die Kontrolle: „Regeln, Regeln, Regeln“, rief er und stürmte zur Tür. Sein Anwalt bat um eine Pause. Auf dem Flur ging Fler mit bösem Blick auf einen anderen Journalisten zu: „Was willst du hier!“ Als der Fernseh-Journalist kurz darauf im Saal saß, verließ Fler den Prozess.

„Ist das alles nur Rapper-Getue?“, stellte die Staatsanwältin in den Raum. „Dürfen sich Journalisten oder Polizisten sicher sein, dass nichts passiert?“

Um acht Anklagen geht es im Prozess gegen Fler

Fler hat etliche Vorstrafen – darunter Beleidigungen, Verkehrsdelikte und auch Körperverletzung. Die Fahrerlaubnis wurde ihm bereits zweimal entzogen, zuletzt 2016, weil er 56 km/h zu schnell war bei zugelassenem Tempo 80. Als er später bei der Fahreignungsuntersuchung saß, erklärte er, er wolle sich „definitiv künftig an Regeln halten“. Das war im März 2019.

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Um acht Anklagen geht es im Prozess gegen Fler, der bürgerlich Patrick Losensky heißt: Beleidigungen, versuchte Nötigung, mehrfaches Fahren ohne Fahrerlaubnis, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen und Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. Er soll eine Nachbarin, einen Rechtsanwalt, mehrfach Polizisten verbal attackiert haben. Auch den Rapper Bushido alias Anis Ferchichi und dessen Ehefrau habe er beleidigt, so die Staatsanwaltschaft.

Die Sache mit Bushido und drei weitere Vorwürfe könnten aus Sicht des Gerichts vorläufig eingestellt werden. Entschieden wurde das allerdings noch nicht. Der Prozess wird am 10. Februar fortgesetzt.

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