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Covid-19 überstanden, aber ...

Bei diesen Corona-Symptomen könnten Langzeitfolgen drohen

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Eine Corona-Infektion kann schwerwiegende gesundheitliche Spätfolgen mit sich bringen. Aber wer bekommt sie? Und lässt sich das bereits im Vorfeld absehen? Diese Frage hat ein britisches Forscherteam näher untersucht und seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht.

Demnach steigt die Wahrscheinlichkeit für „Long Covid“, wenn bei Erkrankten während der ersten Krankheitswoche mehr als fünf Symptome auftreten.

Für ihre Studie verfolgten die Wissenschaftler die Symptome und den Verlauf von 4182 Corona-Erkrankten aus Großbritannien, den USA und Schweden. Die Patienten meldeten ihre Symptome dabei selbst über eine App.

Das Ergebnis: Etwa 13 Prozent litten auch einen Monat nach Erkrankungsbeginn noch an Symptomen, 4,5 Prozent hatten Symptome für acht Wochen oder länger. Weitere 2,3 Prozent kämpften auch nach einem Vierteljahr noch mit Spätfolgen der Covid-19-Erkrankung.

Außerdem fanden die Forscher heraus, dass die Spätfolgen bei Frauen häufiger als bei Männern auftraten und mit dem Alter und einem höheren Body-Mass-Index wahrscheinlicher wurden.

Diese sechs Symptome könnten ein Warnzeichen sein

Die am stärksten mit dem späteren Long-Covid-Risiko verknüpften akuten Symptome waren Erschöpfung, Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Heiserkeit und Muskelschwäche. Bei Corona-Patienten über 70 Jahre kamen zudem Riechstörungen als potenzieller Voranzeiger hinzu.

Anhand der Anzahl der Symptome in der ersten Krankheitswoche, des Alters und Geschlechts der Patienten entwickelte das Forscherteam ein Prognosemodell, um Long-Covid-Fälle vorherzusagen.

Getestet wurde dieses Modell an über 2400 weiteren Corona-Patienten. Die Trefferquote lag dabei immerhin bei rund 75 Prozent, wie die Wissenschaftler berichten.

Experte schätzt britische Studie kritisch ein

Prof. Tobias Welte, Pneumologe und Leiter der Covid-Ambulanz für Genesene an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), ist jedoch skeptisch, dass sich anhand dieser sechs frühen Krankheitsmerkmale mögliche Langzeitfolgen vorhersagen lassen.

„Wenn Sie sich die Symptome angucken, fällt auf, dass die nicht besonders spezifisch sind. So können Kopfschmerzen und Erschöpfung die Folge sehr vieler Lebensumstände sein und müssen nicht zwangsläufig auf eine Covid-Erkrankung zurückzuführen sein.“

Zum anderen gebe es bei Long Covid das Problem, dass man zwei Gruppen unterscheiden müsse, so der Experte.

„Die eine Gruppe von Patienten leidet an strukturellen Organveränderungen an der Lunge oder auch am Herzen, was deutlich seltener vorkommt. Das betrifft etwa zehn Prozent der Long-Covid-Patienten. Die zweitere und viel größere Gruppe leidet dagegen an einem sehr unspezifischen Symptomkomplex, den wir als Fatigue- oder Mattigkeits-Komplex bezeichnen und von dem auch in der britischen Studie zu lesen ist. Anhand dieser Symptome im frühen Krankheitsstadium Long-Covid-Fälle vorherzusagen, halte ich jedoch für schwierig. Denn wir sehen bei uns, dass nicht alle Patienten mit diesen Symptomen auch Spätfolgen entwickeln.“

Risiko abhängig von Alter und Geschlecht?

Prof. Welte, der an der MHH selbst zu Corona-Spätfolgen forscht, stimmt auch in einem anderen Punkt nicht mit den Erkenntnissen der britischen Forscher überein: dass die Wahrscheinlichkeit für Long Covid mit dem Alter steigt.

„Wir sehen ganz stark, dass gerade junge Leute an den Langzeitfolgen leiden, die in der Regel vorher gar nicht schwer krank waren. Ich könnte mir vorstellen, dass in der Studie nicht zwischen den Älteren unterschieden wurde, die an strukturellen Schäden, sprich an Organschäden nach einer schweren Erkrankung leiden, und jenen, die mit dem unspezifischen Symptomkomplex zu kämpfen haben. Und Erstere müsste man eigentlich aus der Gleichung rausnehmen.“

Dass Frauen dagegen überproportional häufig betroffen sind, scheint dagegen zu stimmen und wurde bereits in mehreren Studien nachgewiesen.

Prof. Welte: „Bei Covid-19 ist es etwas verrückt. Denn obwohl bei Männern das Risiko doppelt so hoch ist, schwer zu erkranken und zu versterben, haben Frauen das dreifache Risiko, an Spätfolgen zu leiden. Das könnte daran liegen, dass das männliche und weibliche Immunsystem genetisch bedingt vollkommen unterschiedlich ist, was sich auch bei anderen Krankheiten immer wieder zeigt.“


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Und auch hormonelle Einflüsse könnten eine Rolle spielen, die im Zusammenspiel mit dem Immunsystem die Frauen zwar besser vor Krankheit und Tod schützen, aber in Bezug auf Langzeitfolgen benachteiligen, so seine Vermutung.

Keine Abrechnungsmöglichkeit für Long-Covid-Patienten

Insgesamt klagen laut Welte etwa ein Prozent aller Corona-Patienten nach der überstandenen Viruserkrankung weiter über Symptome – eine Zahl, die dem Pneumologen angesichts der großen und rasant weiterwachsenden Zahl von Covid-Patienten Sorge bereitet.

„Das Krankheitsbild, das Long-Covid-Patienten entwickeln, ist an sich zwar nicht neu – das kennen wir auch von anderen Viruserkrankungen wie der Influenza oder dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Das Problem ist jedoch, dass es nach wie vor kaum Anlaufstellen für solche Patienten gibt. Unsere Ambulanz ist eine von ganz wenigen in Deutschland, und die wird allein durch Spendengelder finanziert.“

Zudem sei die Bezahlung überhaupt nicht geregelt, da es für solche Fälle noch gar keine Abrechnungsziffer gebe, kritisiert Welte. „Das wird zunehmend zum Problem werden, denn die Long-Covid-Patienten gibt es – und es wird sie leider auch weiterhin geben.“

Themen: Coronavirus Gesundheit & Lifestyle Studie
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