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Diepgen & Momper

Müssen wir uns einfach an die gendergerechte Sprache gewöhnen?

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Einmal in der Woche diskutieren in der B.Z. Berlins Ex-Regierende Eberhard Diepgen (CDU) und Walter Momper (SPD) über Themen, die die Stadt bewegen. Heute geht es um Gendersprache.

Eberhard Diepgen: Nein, man muss nicht alles mitmachen

Mit Sternchen und Doppelpunkt den Redefluss zum Stolpern bringen und einzelne Worte schwer lesbar machen, daran will ich mich nicht gewöhnen.

Für die Aggressivität, mit der in Kreisen von Minderheiten und selbsternannter Eliten jedes Argument gegen diese Form des Gendern bekämpft wird, habe ich kein Verständnis. Was haben die für Sorgen.

Den Shitstorm gegen alle, die die deutsche Sprache vor Verhunzung bewahren und in ihrer Ausdrucksfähigkeit erhalten wollen, muss Deutschland wohl ertragen. Aber wir müssen uns nicht beugen und den ganzen Unsinn mitmachen.

Wenn an den Hochschulen wissenschaftliche Projekte nur noch finanziert werden, wenn – sofern überhaupt noch in deutsch publiziert wird – nach den Vorgaben der Nachrichten im ZDF gegendert wird und bei Nichtbeachtung dieser „Regeln“ Prüflinge schlechtere Noten riskieren, ist allerdings öffentlicher Widerstand nötig. Leider haben zu wenige verantwortliche Politiker dazu genug A… in der Hose.

Aber die Unterscheidung muss klar sein. Ich habe etwas gegen die Übertreibungen mit Sternchen und Doppelpunkten. Ich wehre mich gegen das, was uns von vielen als gendergerechte Sprache aufgezwängt werden soll. Ich werbe für einen sensiblen Umgang mit der Sprache, bei Anreden und leichtfertiger Zurücksetzung von Menschen.

Gendersensibel muss eine Rede oder ein Text sein. Wenn es einen Text nicht schwer lesbar macht, spreche ich selbstverständlich beide Geschlechter an: z.B. Polizistinnen und Polizisten. Die verallgemeinernde (generische) Maskulinform ist aber auch Teil der deutschen Sprache, bezieht sich auf beide Geschlechter und missachtet keinen.

„Liebe Mitglieder und Mitgliederinnen“ oder „Liebe Mitglieder*innen“ ist einfach sprachlicher Unsinn. Lasst die Kirche doch bitte im Dorf. Außerdem gibt es Probleme, die wirklich wichtiger sind.

Sprache verändert sich. Wer spricht heute noch im klassischen Berliner Jargon, erzählt in seiner Mischpoke eine Schote. Schade, aber wohl nicht zu ändern. Ganz sicher muss man jedoch nicht allen Unsinn schweigend ertragen.

Walter Momper: Ja, das gehört zur Gleichberechtigung

Ja, denn Sprache ist etwas dynamisches. Sie verändert sich ständig, um neue Sachverhalte zum Ausdruck zu bringen.

Die Gleichberechtigung von Mann und Frau kommt im Gendern zum Ausdruck. Man wählt nicht nur die männliche Form zur Bezeichnung einer Person oder von Personengruppen, sondern man spricht die männliche als auch die weibliche Form explizit aus. Also: „Berlinerinnen und Berliner“ als Ansprache ist in der Politik vollkommen üblich geworden. Auch in Texten kann man diese Form verwenden, also von „Leserinnen und Lesern“ sprechen.

Eine höhere Form – und auch problematischere Form – ist das Einfügen von Genderzeichen in der Schriftsprache. Also man spricht von „Leser*innen“ oder „Berliner*innen“. Das mag manchem schwierig erscheinen und es erschwert in der Tat das Lesen von Texten.

Das Sternchen im Wort mitzusprechen, ist allerdings wirklich schwierig. Ich glaube, das verhunzt die Sprache. Ich persönlich bin mir nicht ganz sicher, ob das sein muss. Es reicht doch hin, wenn man die männliche und die weibliche Person benutzt, auch wenn das Texte verlängert.

Natürlich gibt es Dinge im Leben, die wichtiger sind, als die Sprache zu gendern. Wichtiger wäre zum Beispiel das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für die Frauen in unserer Gesellschaft durchzusetzen. Es wäre auch wichtig, die Hausarbeit bei Paaren stärker auf alle Schultern zu verteilen, also auf die männlichen Schultern als auch auf die weiblichen Schultern gleichermaßen.

Aber dennoch denke ich, dass das Gendern sich bis zu einem gewissen Grade in unserer Gesellschaft durchsetzen wird und in die Sprache eingeht.

Über Gleichberechtigung kann nicht nur geredet werden, sondern sie muss in allen Lebensbereichen realisiert werden. Dazu gehört auch die Sprache und das ist auch gut so.

Themen: Aktuell Eberhard Diepgen Gendersprache
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