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Erich John (89)

Gestalter der Berliner Weltzeituhr erhält das Bundesverdienstkreuz

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Wer in der City Ost einen Treffpunkt vereinbart, tut das oft hier: an der Weltzeituhr! Seit 1969 thront das Berliner Wahrzeichen auf dem Alexanderplatz. Nun wurde ihrem Gestalter, Erich John (89), das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (45, Linke) nannte die Vergabe eine „Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen, die ihren Platz im wiedervereinigten Deutschland haben müssen“.

John sei einer der bedeutendsten Industrie-Formgestalter der DDR gewesen, er kreierte auch die Schreibmaschine „Erika“ und den Elektrorasierer „Bebo Sher“.

B.Z. erzählt die Geschichte vom Vater der Weltzeituhr

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Erich Johns Familie aus der Heimat Kartittz in Nordböhmen vertrieben. Mit dem Zug flohen sie bis nach Dresden. Vom Hilfsarbeiter im Steinbruch, über Bauschlosser, ging er seinen Weg bis zum Formgestalter. Schließlich unterrichtete Erich John ab 1965 an der Kunsthochschule Weißensee.

Senator Sebastian Scheel verleiht John Erich das Bundesverdienstkreuz (Foto: dpa)
Senator Sebastian Scheel verleiht Erich John das Bundesverdienstkreuz (Foto: dpa)

Knapp drei Jahre war er an der Kunsthochschule, dann sollte der Alexanderplatz neu gestaltet werden: Zu einem größerer Pracht-Platz im Herzen Ost-Berlins, pünktlich zum 20. Jahrestag der DDR. Auch John nahm an dem Wettbewerb zur Neugestaltung teil, ausgeschrieben vom SED-Bauminister.

Seine Idee: Bei Ausgrabungen waren Reste einer Urania-Säule aufgetaucht, die griff Erich in seinem Entwurf auf. Die ersten Skizzen für die Kult-Uhr entstanden auf einer Versammlung. Erich hatte sich gelangweilt und daher gezeichnet.

Der Minister war begeistert. Er gab John neun Monate für die Realisation seiner Entwürfe. In der Zeit kaum zu schaffen, zudem mussten Kugellager aus Westdeutschland bestellt werden! Materialkosten: 10.000 Mark!

Der Schlüssel für das Kunstwerk wurde am 30. September 1969 übergeben (Foto: Landesarchiv Berlin)
Der Schlüssel für das Kunstwerk wurde am 30. September 1969 übergeben (Foto: Landesarchiv Berlin)

Mit 120 Mitarbeitern machte John dann nach Feierabend das für zunächst für unmöglich gehaltene Projekt möglich. Pünktlich am 30. September fuhr ein Schwertransporter die Weltzeituhr von Rathenow nach Berlin.

Seit 50 Jahren ein Wahrzeichen des Alex

Seit nun mehr als 50 Jahren steht das 16 Tonnen schwere Kunstwerk am Alex. Jede der 24 Seiten entspricht einer der 24 Haupt-Zeitzonen der Erde. Für John war es ein Zeichen gegen Unterdrückung, für Toleranz und Weltoffenheit. Für ein Leben in Freiheit in ganz Berlin, das es im Schatten der Mauer so damals nicht gab.

Ost-Berlins Oberbürgermeister Herbert Fechner applaudierte trotzdem am 30. September 1969 bei Eröffnung der Installation. Danach sollte es noch mehr als 30 Jahre dauern, ehe die DDR-Bürger wieder Luft in allen Weltzeit-Zonen schnuppern durften …

Themen: Alexanderplatz Bundesverdienstkreuz DDR
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