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Konsequenzen gefordert!

Mietendeckel gekippt – Das Protokoll einer bitteren Niederlage

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Eine krachende Niederlage für den rot-rot-grünen Senat fünf Monate vor der nächsten Wahl! Doch Zurücktreten will niemand.

Von Hildburg Bruns, Stefan Peter und Leoni Rossow

Der Mietendeckel hielt gerade mal ein Jahr! Einstimmig versenkten die Karlsruher Bundesrichter das wichtigste Vorzeige-Projekt des rot-rot-grünen Berliner Senats: VERFASSUNGSWIDRIG!

Hunderttausende Berliner sind geschockt: Ihre Mieten schießen jetzt wieder in alte Höhen und eingesparte Summen müssen unverzüglich an die Vermieter überwiesen werden. Sonst drohen sogar Kündigungen! Einige Unternehmen (Vonovia, Heimstaden) verzichten allerdings auf Rückzahlungen.

Bausenator Sebastian Scheel (45, Linke) soll dem Senat am Dienstag einen Vorschlag über eine Härtefall-Regelung vorlegen.Die Rede ist von einem 10-Millionen-Euro-Hilfsfonds für Darlehen und Zuschüsse an Mieter, die Probleme bei den Rückzahlungen haben.

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Bausenator Sebastian Scheel (Linke) (Foto: DAVIDS/Sven Darmer)

Für die Richter des Bundesverfassungsgerichts war der Mietendeckel-Fall offenbar so glasklar, dass nicht einmal eine mündliche Verhandlung zum Mietendeckel angesetzt wurde.

Eine Mitarbeiterin kündigte der überraschten Bauverwaltung am Mittwochvormittag ein Fax für den Donnerstag an – es kam dann um 8.40 Uhr eine E-Mail über 57 Seiten. Eine Stunde später wurde der Inhalt öffentlich.

Die zentrale Botschaft: Ein einzelnes Bundesland darf so etwas wie ein Mietendeckel-Gesetz gar nicht beschließen – das ist Sache des Bundes.

Berlin wollte es auf eigene Kappe durchsetzen – mit einer vernichtenden Niederlage – und das fünf Monate vor der Wahl. Für 1,5 Millionen Wohnungen wurden die Mieten für fünf Jahre auf den Stand von Juni 2019 eingefroren, sollten nur ab 2022 maximal um die Inflationsquote (1,3 %) anziehen dürfen. Zudem wurden Mieten auf bestimmte Obergrenzen abgesenkt.

Michael Müller (56, SPD) (Archivfoto) (Foto: picture alliance/dpa)
Michael Müller (56, SPD) (Foto: picture alliance/dpa)

Es gab vorab Warnungen von vielen Seiten. 284 Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU und FDP zogen letztendlich vors Bundesverfassungsgericht, verlangten eine sogenannte Normenkontrollklage, also eine Überprüfung der Rechtsnormen.

„Uns war vollkommen klar, dass wir mit dem Mietendeckel Neuland betreten“, erklärte der Regierende Michael Müller (56, SPD) nach dem Scheitern. Mit dem Deckel-Projekt war er zwar monatelang durch Polit-Talkshows gezogen, am Donnerstsg reagierte er aber erst nach sechs Stunden.

Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak (45) attackierte schon länger die Negativ-Folgen des Mietendeckels, die Rot-Rot-Grün völlig ausblendete: Die Zahl der Wohnungs-Angebote halbierte sich. Investoren zogen sich aus  Neubauprojekten zurück. Saniert wurde nur noch auf Sparflamme.  


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Luczak: „Noch nie war es so schwierig, eine Wohnung in Berlin zu finden. Energetische Modernisierungen und altersgerechter Umbau haben kaum noch stattgefunden – auf Kosten des Klimas und älterer Menschen.“

„Die politisch Verantwortlichen müssten die Konsequenzen tragen und zurücktreten“, forderte Kai Warnecke (48) vom Eigentümerverband „Haus und Grund“. Das lehnte Bausenator Scheel im Inforadio ab: „Das hilft niemandem weiter. Ich glaube, die Mieterinnen und Mieter haben auch wahrgenommen, dass wir zumindest mal etwas wagen, um ihre Nöte und Ängste zu lindern.“

Mieterinitiativen riefen am Abend zu einer spontanen Deckel-Demo gegen das Urteil auf den Hermannplatz auf – es kamen mehr als 10.000 Berliner.

Teilnehmer einer Kundgebung des Bündnisses «Gemeinsam gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn» versammeln sich auf dem Hermannplatz (Foto: picture alliance)
Teilnehmer einer Kundgebung des Bündnisses „Gemeinsam gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn“ versammelten sich auf dem Hermannplatz (Foto: picture alliance)

Der Regierende kündigte an, dass Berlin vor allem weiter Wohnungen ankaufen will, um den landeseigenen Bestand (derzeit ca. 330.000) weiter aufzustocken – diesen Unternehmen kann die Politik Daumenschrauben anlegen und Mietvorschriften machen. Müller verkündete auch, für schnellen und bezahlbaren Neubau zu sorgen. Zeitnah will er die Wohnungswirtschaft zu einem runden Tisch einladen.

Müller versuchte sich in Schadensbegrenzung und forderte rasches Handeln der Bundesregierung. „Die mittlerweile bundesweit vorherrschende Wohnungsnot muss endlich energisch vom Bund bekämpft werden.“

Darum geht es bei der Entscheidung

Die Karlsruher Richter kommen nach einer sogenannten Normenkontrollklage zu dem Schluss, dass bei den Mietpreisen allein der Bund das Sagen hat (Az. 2 BvF 1/20 u.a.).

Das Mietrecht sei seit 1900 ein zentraler Bestandteil des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Und spätestens durch die 2015 erlassene Mietpreisbremse für besonders begehrte und teure Wohngegenden sei deutschlandweit alles abschließend geregelt.

Ein Landesgesetz mit eigenen, schärferen Verboten hat daneben keinen Platz. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts erklärte es daher komplett für nichtig. Mit drastischen Folgen: Mit einem Schlag ist alles wie vorher, als hätte es den Deckel nie gegeben. Das Berliner Gesetz gilt ab sofort nicht mehr.

Themen: Michael Müller Mietendeckel Rot-Rot-Grün
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