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Urteil am Landgericht Berlin

Fünf Jahre nach Todes-Crash – Kudamm-Raser Marvin N. erneut verurteilt

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Deutschland war entsetzt: Ein Jeep kreuzt am 1. Februar 2016 ein illegales Autorennen auf dem Kudamm, der Jeep-Fahrer (69) ist sofort tot. Beide Raser entsteigen kaum verletzt ihren Luxusautos. Jetzt steht fest: Einer, Hamdi H. (32), sitzt als Mörder lebenslang im Gefängnis, der andere, Marvin N. (29), kommt mit Mordversuch davon!

Dazu wurde Marvin N. am heutigen Dienstag, also mehr als fünf Jahre nach einem tödlichen Autorennen auf dem Berliner Kudamm, verurteilt. Zusätzlich wurde er zu einer Führerscheinsperre von fünf Jahren verdonnert.

Anders als in zwei früheren Urteilen entschied das Landgericht diesmal nicht auf Mord. Der inzwischen 29-jährige Marvin N. wurde des versuchten Mordes (Merkmale: Heimtücke und niedrige Beweggründe), der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs und der fahrlässigen Körperverletzung (der Beifahrerin) schuldig gesprochen.

Fünf Jahre sitzt er schon im Knast. Da er nicht vorbestraft war, kann er als Ersttäter bei guter Führung bereits nach der Hälfte der Strafe entlassen werden – das wäre schon in anderthalb Jahren!

Die Urteilsbegründung

Während der Urteilsbegründung saß Marvin N. mit aufgestütztem Kopf auf seinem Platz, wirkte gelangweilt. Schwarzer Jogging-Anzug der Luxus-Marke Philipp Plein (ab 800 Euro), gestutzter Vollbart, Golduhr am Handgelenk.

Der Richter brauchte mehr als eineinhalb Stunden. „Es war kein organisiertes oder verabredetes Rennen“, sagt der Richter, „sondern eine spontane, illegale Wettfahrt.“ Beide Fahrer hätten sich „gegenseitig angestachelt“ und dabei einen tödlichen Unfall verursacht.

Das Trümmerfeld auf dem Tauentzien nach dem Horror-Crash (Foto: spreepicture)
Das Trümmerfeld auf dem Tauentzien nach dem Horror-Crash (Foto: spreepicture)

Mercedes-Fahrer Marvin N. „hätte jederzeit anhalten können“, habe aber „entschieden, um jeden Preis vorne zu bleiben“. Der Richter: „Er war sich der Risiken seiner Fahrweise bewusst und ist bewusst das Risiko eingegangen, über die rote Ampel zu fahren. Nur durch Zufall ist er nicht angestoßen, er hatte es nicht in der Hand, ob er oder der andere Fahrer den Jeep trifft.“

Er habe zwar „gezögert, aber wieder Gas gegeben“. Das erfülle die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe. Für Mordversuch lautet die Strafe eigentlich lebenslang.

► Der Richter: „Fast hätte es auch für lebenslänglich gereicht, Sie fuhren mit extrem überhöhter Geschwindigkeit, mehr als das Zweieinhalbfache des Erlaubten. Und missachteten die Ampel, die schon längere Zeit rot war.“

Aber strafmildernd sei zu berücksichtigen: Marvin N. war nicht vorbestraft, ließ sich spontan hinreißen, betätigte danach den Notruf, kümmerte sich um die verletzte Beifahrerin „und hat sich in allen Hauptverhandlungen teilgeständig eingelassen und entschuldigt.“

Gegen das Urteil kann er in Revision gehen. Die Staatsanwaltschaft hatte ebenfalls 13 Jahre Haft beantragt.

Maximilian Warshitsky (40), Sohn des getöteten Arztes, zu B.Z.: „Es ist unerheblich, ob er rechts oder links gerast ist. Er hätte das Rennen beenden können.“ Für ihn sind beide Raser gleichermaßen schuldig am Tod seines Vaters.

Die Chronologie der Prozesse

► 2017 hatte das Berliner Landgericht beide Raser als Mörder verurteilt. So ein Urteil gegen Autoraser hatte es in Deutschland noch nie gegeben. Der Schuldspruch wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben.

► Ein nächster Prozess platzte – Begründung: Der Richter sei voreingenommen.


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► Neuer Anlauf, zweites Urteil dann im Jahr 2019. Wieder wurden beide Raser wegen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Der Bundesgerichtshof ließ aber nur die Strafe für Hamdi H. rechtskräftig werden. Grund: Er ist mit seinem Audi in den Jeep des Opfers gekracht (Mordmerkmale sind Heimtücke und Tötung aus niedrigen Beweggründen). Das Mordurteil für Marvin N. hoben die Bundesrichter auf und forderten eine Neuverhandlung. Marvin N. musste ein viertes Mal vor Gericht, weil ein „gemeinschaftlicher Tatentschluss“ für mittäterschaftlichen Mord nicht belegt sei.

► Dieser Prozess, der mit dem heutigen Urteil endet, startete am 6. Oktober 2020. In dem Prozess brach Hamdi H. als Zeuge erstmals sein eisernes Schweigen: „Ich war jung, ich war dumm, ich war naiv. Ließ mich provozieren, ließ mich darauf ein. So kam es, dass jemand gestorben ist. Ich sage nur das, was ich noch weiß.“

Der Todes-Crash

Das war am 1. Februar 2016 passiert: Marvin N. (AMG-Mercedes, 380 PS) aus Berlin-Marzahn und Hamdi H. (Audi A6, 225 PS) aus Berlin-Moabit heizten nachts über Kurfürstendamm und Tauentzienstraße. Zweieinhalb Kilometer, elf rote Ampeln.

An der Ecke Nürnberger Straße die Katastrophe: Pensionär Michael W. überquerte mit seinem Jeep bei grüner Ampel die Kreuzung. Der Fahrer (69) hatte keine Chance, er war nach dem Aufprall sofort tot. Auf der Straße sind 50 km/h erlaubt.

Der Audi schoss mit mindestens 160 km/h in ihn rein, der Jeep schleuderte 70 Meter weit. Der Mercedes krachte in eine Grünfläche, der Tacho zeigte 138 km/h.

Themen: Aktuell Berliner Polizei City West Kurfürstendamm Raser
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