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2000 Party-Gänger bei Pilotprojekt

Berlin feiert wieder Clubnacht – ohne Maske und Abstand

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Es regnet. Die Warteschlange für den PCR-Test scheint endlos. Doch die Vorfreude überwiegt: Freitagabend soll ich, die B.Z.-Reporterin, mit 2000 anderen Berlinern zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren durch die Clubs ziehen – ohne Maske und Abstand.

Rückblick: Schon im April wurde in Berliner Clubs gefeiert. Nur deutlich kleiner, geheim und vor allem illegal. Heute feiere ich aber ganz legal: Ich bin Teil eines wissenschaftlichen Pilotprojekts der Senatsverwaltung für Kultur.

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B.Z.-Reporterin Isabel Pfannkuche war bei der ersten Partynacht ohne Mundschutz dabei (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

Eine Stunde später steckt mir eine Labormitarbeiterin im Club „SO 36“ das Wattestäbchen in den Rachen. Jetzt heißt es wieder: Warten. Nach zwei Stunden Pizzeria und Späti ist es 22 Uhr. Laut Veranstalter gilt ab jetzt mein Ticket – aber das ist noch gar nicht da.

Um 23:30 Uhr ist immer noch keine Mail in meinem Postfach. Ich bin genervt, frage bei einem Türsteher nach. Er sagt: „Das mit dem Ergebnis kann schon mal vier bis fünf Stunden dauern.“ Also warte ich weiter. Sieben Teilnehmer werden schon vor der Partynacht positiv getestet. Sie müssen direkt wieder nach Hause gehen.

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Vor dem „SO 36“ war eines der PCR-Testzentren. Wartezeit: eine Stunde! (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

Kurz nach Mitternacht ploppt auch bei mir die ersehnte Mail mit dem Eintrittsticket auf dem Handy auf. Endlich kann es losgehen!

In der Dunkelheit feiern schon über 500 Menschen dicht an dicht. Ein älterer, korpulenter Mann drückt sich an mir vorbei. Sein Latex-Top klebt an meinem Arm. Er sieht mit seiner Stahlkette um den Hals eher wie ein „KitKat“-Fetischclub-Besucher aus.

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Wer einmal sein Ticket und seinen Personalausweis beim Einlass vorgezeigt hat, bekommt ein Eintrittsbändchen (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

Vor der „Wilden Renate“ stehen die typischen Berliner Techno-Club-Gänger: schwarz gekleidet mit Kippe in der Hand. In der Warteschlange herrschen noch strenge Regeln, der Türsteher raunzt uns an: „Macht die Maske hoch, wem ich es zweimal sagen muss, der kann gleich wieder gehen!“ Nach der Ticket- und Personalausweiskontrolle kann ich den Mundschutz aber abziehen. Und meine Handykamera abkleben. Bei Renate bleibt alles hinter verschlossenen Türen.

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Vor dem „Crack Bellmer“ war die Polizei mit rund zwölf Beamten und Blaulicht unterwegs (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

Viele Feiernde haben nicht nur Alkohol intus, die Stimmung ist ausgelassen. Ein Mann, Mitte 20, schreit einer Frau ins Ohr: „Oh, weißt du, wie lange ich das nicht mehr hatte?“

Mein nächstes Ziel ist der „Festsaal Kreuzberg“. Hier ist es deutlich leerer. Die Gäste tanzen zu lauter Latino-Musik.

Auf einem Sofa ruhen sich Sarah (34) und Leonie (35) aus Neukölln gerade aus. Ich muss schreien, damit sie mich verstehen. Langsam werde ich heiser.

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Sarah Osterburg (34) und Leonie Malzacher (35) aus Neukölln: „Am Anfang war es total ungewohnt ohne Maske, aber jetzt fühlen wir uns, als hätte es Corona nie gegeben! Wir hoffen, dass durch solche Projekte bald alles wieder normal öffnen darf. Am Freitag gehen wir auf jeden Fall zur Nachtestung“ (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

Die Beiden sagen: „Am Anfang war es total ungewohnt ohne Maske, aber jetzt fühlen wir uns, als hätte es Corona nie gegeben! Wir hoffen, dass durch solche Projekte bald alles wieder normal öffnen darf.“

Auf der Tanzfläche treffe ich Maria (32) und Felix (41) aus Schöneberg. Sie bewegen sich wild im bunten Scheinwerferlicht. Maria kommt ursprünglich aus Chile, ist also eine richtige Latina. Sie hat den Rhythmus ganz dick im Blut.

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Felix (41) und Maria (32) aus Schöneberg feiern im „Festsaal Kreuzberg“: „Das ist nach Corona so schön! Wir waren auch ein paarmal mit Maske feiern, aber das ist einfach nicht dasselbe. Dadurch hat man immer so eine Distanz zueinander (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

„Das ist nach Corona so schön! Wir waren auch ein paarmal mit Maske feiern, aber das ist einfach nicht dasselbe“, sagt sie, „dadurch hat man immer so eine Distanz zueinander.“ Gleich wollen die Beiden weiterziehen – zur „Wilden Renate“.


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Ich laufe aber in die andere Richtung: eine halbe Stunde über die Spree und die Warschauer Brücke. Hier ist das „Crack Bellmer“. Ein DJ legt Elektrosounds auf, zwei junge Frauen wirbeln über die Tanzfläche. Ein paar Erschöpfte sitzen auf den dicken, braunen Ledersofas in der Ecke. Es ist jetzt auch schon fast 4 Uhr morgens.

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Entspannte Atmosphäre im „Crack Bellmer“: Einige Gäste stehen an der Bar, andere tanzen zu Elektrosounds, ein paar sitzen auf gemütlichen Ledersofas etwas abseits (Foto: Michael Hübner / nurfotos.de)

Das „Metropol“, direkt am Nollendorfplatz, etwas abseits von den anderen Clubs, ist eine Bahnfahrt entfernt. Hier ist gerade eine Schwulen-Party im Gange. Die Gäste sind – klar – überwiegend männlich. Ein Mann trägt nur eine knappe, dunkelblaue Unterhose, eine junge Frau mit schwarzen Strapsen und High Heels wird von einem Mann abgecheckt.

Vor dem Ausgang winkt eine Dragqueen ein Taxi heran: „Einmal nach Lichtenberg, bitte!“ Und auch ich mache mich auf den Heimweg. Ins „KitKat“ gehe ich heute nicht mehr.

Themen: Aktuell Berliner Clubs Coronavirus
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